#23 jetzt erst recht

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Der zweite Tag war genauso langweilig wie der erste. Die Stunden zogen sich unmenschlich. David musste mich mehrmals anstupsen damit ich nicht gleich einschlafe.
Das Gespräch von Gestern lag mir noch im Magen. Zum Glück habe ich gestern schon die Lehrer verbessert, und ihnen eingebläut das ich Gomez heiße.
In der Pause saß ich wieder mit den Zwillingen zusammen hinter den Bäumen und rauchte. Sie erzählten mir das ein oder andere Gerücht was über die Lehrer hier die runden machte. Gespannt hörte ich zu, denn wer weiß? Vielleicht kann man es noch gebrauchen.
Ich war so vertieft in das Gespräch das mir gar nicht auffiel, wie Emma, die Schultussi so hat sie Mia genannt, auf uns zu kam. Erst als sie vor mir halt machte, blickte ich ihr ins Gesicht, dass über und über mit Makeup voll geklatscht war. Einfach nur schrecklich. Bisschen ist okay, aber sich dann so zu entstellen? Muss nicht sein.
Sie unterbrach einfach unser Gespräch mit ihrer viel zu hohen Stimme, von der man Kopfschmerzen bekommt. „Ach da ist ja unsere Schlampe. Wusste gar nicht, dass du es so draufhast. Oh.", sie sah unschuldig David an. „Hat sie es dir auch schon besorgt? Oder bist du ihr nicht gut genug. Naja, ich habe gehört für Geld macht sie ihre Beine breit, also vielleicht hast ja auch du eine Chance bei ihr, David." Sprachlos von ihren Worten schaute ich sie an. Doch, bevor ich mich zurückhalten konnte, landete meine Faust in ihrem Gesicht. Ein überraschender Ton verließ ihr Mund. Ehe sie sich schützen konnte, kam schon der nächste Schlag auf die Nase. Sie stolperte einige Schritte zurück. Und hielt eine Hand auf ihre Nase. Durch die Finger tropfte das frische Blut auf den Boden. Meine Wut konnte ich nicht kontrollieren, also sprang ich auf sie zu und riss uns beide auf den Boden. Erst jetzt versuchte Emma sich zu wehren. Jeder ihrer Schläge wich ich geschickt aus und verpasste ihr noch welche. Inzwischen hat sich um uns herum ein Kreis voller schaulustiger Menschen gebildet. Doch keiner kam ihr zu Hilfe. Immer wieder landeten meine Fäuste abwechselnd in ihrem Bauch und Gesicht.
Ich war so darauf, sie krankenhausreif zu prügeln, dass ich nicht merkte wie mich zwei starke Arme mich umschlangen und mich von ihr runter zerrten. „Liv was ist nur in dich gefahren. Du kommst jetzt mit mir.", sprach mir eine nun bekannte Stimme ans Ohr. Widerwillig ließ ich mich von Herr Schröder in sein Büro führen. „Setzen.". Er schloss die Tür hinter uns, um sich danach hinter seinem Schreibtisch auf sein Stuhl zusetzen. Am liebsten würde ich ihn anschreien und Sachen werfen, doch ich wusste das ich jetzt schon tief in der Scheiße steckte. Ich riss mich zusammen und versuchte meine Atmung wieder unter Kontrolle bekommen. Um mich abzulenken, schaute ich mich im Büro um. Es war sehr klein, sodass gerade so ein Schreibtisch reingepasst haben muss. Die Wände waren in einem hellen orangeton gestrichen und mit verschiedenen Klassefotos bedeckt. Links neben der Tür hat ein schmaler hoher Schrank sein Platz gefunden, der mit Geschichtsbüchern gefüllt war. Was auch sonst.
„Also Liv, wolltest du Madison umbringen oder warum habt ihr eben eine Schlägerei auf dem Schulhof veranstaltet. Du weißt hoffentlich, dass ich das nicht unbestraft lassen kann. Ich werde jetzt deinen Vater anrufen, der kann dich dann hier in meinem Büro abholen. Da ich dir noch eine Strafe geben muss, wirst du bis Ende der Woche einen Aufsatz über unser Geschichtsthema schreiben. Tausendfünfhundert Wörter wirst du da bestimmt zusammen bekommen, da du nicht über den gesamten 2. Weltkrieg schreiben kannst, beschränkst du dich auf den Diktatoren."  Ich starrte ihn nur mit meinem Mörderblick an. Warum sollte ich diese Aufgabe machen, wenn Emma die war, die mich provozierte.
Ganz einfach, Gewalt ist nie die Lösung. Meldete sich meine innere Stimme zu Wort. Aber für ich war das was ganz anderes, denn den ganzen Schmerz, den ich all die Jahre gespürt habe, konnte ich da rauslassen.
Also ließ ich diese Strafe auf mich ein und versuchte nicht erst meine Unschuld zu beweisen. Während er meinen Vater anrief, verschränkte ich meine Hände in meinem Schoss und drehte Däumchen. Wie konnte ich mich so fallen lassen und jemanden mit mir spielen lassen? Emma wollte mich provozieren und mir Ärger einbringen und genau das hat sie geschafft. Im inneren übergab ich mir selbst eine Urkunde für meine Dummheit.

Pretending hope Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt