Kapitel 58

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•Jaxon•

Dort war er.
Richard Stout.
Weniger einschüchternd, viel weniger wohlhabend, ein auf ewig mieser Vater...

Und tot.

Ich betrachtete den offenen Sarg in dem er lag.

Sah hübsch aus. Teures Holz, Samt als Innenverkleidung.

Nur die Leiche darin war weniger ansehnlich.

Mein Vater war hergerichtet worden, trotz seiner aschfahlen Haut und den eingefallenen Wangen würde man denken er sei eines natürlichen Todes gestorben und nicht elendig am Krebs verendet.

Um ehrlich zu sein, ich erkannte keinen Unterschied zu der Nacht in der ich ihn tot in seinem Bett aufgefunden habe, kurz bevor Leute kamen um ihn mit einem Tuch umhüllt abzuholen.
Ich erinnere mich noch an das Weinen meiner Schwester, die tröstenden Berührungen von Kanon und das Gefühl der Leere in meinem Inneren.

Ich hatte geweint. So viele Tränen um diesen Mann vergossen, der mich niemals so behandelt hat, als sei ich mehr als eine Belastung für sein Leben.

Ich hatte gebrüllt vor Wut. Dinge kaputt geschlagen und meinen Schmerz in die Welt hinausgeschrien.

Ich hatte geschwiegen und so viel nachgedacht, über das was hätte gewesen sein können und das was war.

Doch am meisten hatte mich dieses Gefühl der Leere gefüllt; ironisch.

Auch jetzt, wo ich ihn betrachtete, diesen Mann...ich fühlte mich leer.

Die Hände in den Hosentaschen meines schwarzen Anzugs vergraben ging ich noch einen Schritt auf ihn zu.

Es hatte etwas abschließendes ihn hier zu sehen.

So viele Leute waren gekommen um um ihn zu trauern, es gab sie wirklich, die Leute die ihn liebten und schätzten, Leute die ihn hassten und am liebsten auf ihn spucken würden, und es gab mich.
Nein, es gab mich und Kanon. Wir waren ein Team.

Bei allem was ich gerade durchmachte war er an meiner Seite, schließlich waren wir nun beide Vollwaisen, und so wie ich ihn unterstützt hatte, an seinen dunkelsten und traugisten Tagen, so unterstützte er jetzt mich.

Ich konnte es nunmal nicht lassen, ich war wie immer dramatisch, ein Crybaby, mies gelaunt und verliebt.

Mir sollte im Moment vielleicht mehr durch den Kopf gehen, als nur meine eigenen Gefühle, aber nur mit ihm hier in einem Raum zu sein und nicht seine Vorwürfe und Beleidungen ertragen zu müssen fühlte sich gut an.

"Tja, Dad...jetzt kannst du den Teufel niedermachen. Sicher wartet der Thron schon auf dich." sagte ich ihm und schüttelte sofort den Kopf.
Ich war verrückt, ich sollte hier raus.

In dem Moment in dem ich den Gedanken hatte den Raum zu verlassen, öffnete sich die Tür jemand trat hinter mich.

Ich wusste es war Kanon, seine kleinen Schritte, seinen Duft, ich spürte einfach wenn er da war. An meiner Seite, wo er hingehörte.

"Bist du bereit?" fragte er und vermied es, meinen Vater anzusehen.

Er griff nach meiner Hand und strich darüber, mir bescherte das eine angenehme Gänsehaut und die Leere füllte sich mit Freude.

"Sie lügen. Tote sehen nicht aus als würden sie schlafen." entgegnete ich und umfasste seine kleine Hand mit meiner.

Er schien doch einen Blick zu wagen und verzog das Gesicht.
"Er sieht bloß tot aus..." murmelte er und sah zu mir hoch.

Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen.
"Ich weiß nicht wieso, aber ich habe das Gefühl als würde er jeden Moment aufstehen und mich für irgendwas zurechtweisen."

»Use Me« || BoyxBoy [Beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt