15. Der Ball

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Es war nicht so, dass ich es nicht schätzte auch mal luxuriös behandelt zu werden. Immer kaltes Wasser, schimmelige Wände, Bettlaken voller Sand und keine Seife waren nicht meine Traumvorstellungen einer Unterkunft. Aber die Maßstäbe dessen, was von einer Adligen erwartet wurde gingen mir dann doch zu weit.

Nachdem die Zofe meine Haare gewaschen hatte, reichte sie mir einen seidenen Bademantel, den ich überziehen sollte. Anschließend schob sie mich auf einen Sessel und begann meine Fingernägel zu säubern. Ich war so überrumpelt, dass ich mich nicht wehrte. Soweit so gut. Der schlimme Teil kam, als sie Lockenwickler in mein Haar klemmen wollten. An dieser Stelle wäre ich beinahe geflohen. Lockenwickler. Wo war ich hier?

Ohne auf meine Proteste und Drohungen zu achten, klemmten sie mir die Dinger trotzdem in die Haare und zerrten mich anschließend an den Schminktisch. Danach zogen sie von irgendwoher ein hellblaues Kleid hervor, welches sie mir auffordernd hinhielten.

Ich seufzte und tat, was sie wollten. Es war ein schulterfreies Kleid mit einigen Tüllschichten. Eine Mischung aus bauschig und dünn. Auf dem Stoff waren Blumen aufgenäht, die von weitem aussahen, wie winzige Schneeflocken. Die Ironie darin war wirklich erstaunlich.

Oben an der Taille und Brust wurden die Stickereien immer dichter und kunstvoller. An den Ärmeln hingen zwei dünne Tüllärmel herab, die bis hinab zum Boden reichten. Das Kleid verdeckte mein Tattoo nur halb, aber man beschloss meine Haare einfach offen zu lassen, um den Rest zu bedecken. Um das ganze aufzupeppen, flochten sie mir noch kleine Zöpfe in die Haare, die sie mir mit silbern weißen Spangen zurücksteckten.

Die Zofen achteten nicht auf meine lautstarken Einwände, sondern widmeten sich meinem Gesicht. Ich fühlte mich wie eine Puppe.

Die Aussicht auf den Ball wurde mit jeder Minute düsterer und ich missgelaunter.

Da ich wenigstens meine Hautfarbe behalten durfte, wurden meine Augen geschminkt und meine Lippen mit roter Farbe bemalt. Vor dem Spiegel verwandelte ich mich von der wilden Drachenjägerin in eine richtige Lady. Mein Haar glänzte in der untergehenden Sonne, während meine Haut rosig leuchtete. Ich dachte an Bo, der jetzt austicken würde, wenn er wüsste, dass ich auf einen königlichen Ball gehen durfte und er nicht dabei sein konnte. Was er wohl gerade trieb?

Vermutlich wurde er schon unruhig, weil ich noch nicht zurück war. Aber noch würde er sich keine Sorgen machen. Einen Drachen zu finden konnte manchmal Wochen dauern. Die Gedanken an Bo erweckten in mir noch mehr das Gefühl nicht hierhin zugehören. Ich gehörte in die Unterwelt einer Stadt, dort, wo die Männer sich über das Ohr hauten, beim Kartenspiel betrogen und sich um Manieren einen feuchten Dreck scherten. Das war pures Leben. Nicht...das hier.

Ich scheuchte dieses Gefühl weg und konzentrierte mich zur Ablenkung wieder auf die Mädchen, die gerade dabei waren meine letzten Narben wegzuretuschieren. Am liebsten hätte ich ihnen gesagt, dass das unnötig sei. Ich schämte mich nicht für meine Narben. Aber Adlige hatten nun mal keine Narben.

Als draußen bereits die Sonne unterging, legte die schwarzhaarig Zofe den letzten Stift beiseite, mit dem sie meine Augen geschminkt hatte.

»Wir sind fertig, My Lady.«, verkündete sie und lächelte das erste Mal seit sie das Zimmer betreten hatte. »Wollt Ihr euch im Spiegel ansehen?«

Wollte ich das? Für einen Augenblick haderte ich mit mir, doch dann nickte ich.

Die Schwarzhaarige nickte und reichte mir einen kleinen Spiegel mit dem ich mein Gesicht sehen konnte. Was ich sah, war definitiv nicht ich.

Meine dunkelbraunen Haare fielen in langen Wellen um über meine Schultern und ich konnte sehen, wie die kleinen silbernen Spangen meine Haare zierten und die eine Strähne einfassten, die komplett weiß schimmerte. Meine Augen waren schwarz umrandet, wodurch sie etwas Geheimnisvolles bekamen.

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