19. Richtung Walnard-Schlucht

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Schwarz. Elegant und klassisch. Ich drehte mich zufrieden vor dem Spiegel um, konnte aber mein Gesicht nicht sehen. Ich sonnte mich in meiner körperlichen Hülle, die wahrlich ein Meisterwerk der Natur war. Der Bursche, dem sie vorher gehört hatte, war ihrer nicht wert gewesen. Es klopfte.

Ich drehte mich schlecht gelaunt um, weil ich wusste, was ich nun zu hören bekommen würde. Ich hatte den Tod meiner Lakaien bereits vor Stunden registriert.

Ich schnappte mir ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Substanz. Whiskey, nannten die Menschen es und ich musste zugeben, dass es schmeckte.

»Herein.«, erklang meine raue Stimme. Die Tür ging auf und ein Mann trat ein. Es war einer der Soldaten des Königs, besessen von meinem treusten Diener.

Die große, einstmals stolze Gestalt in der Rüstung, bildete einen amüsanten Kontrast zu dem kauernden Etwas, das jetzt vor mir hockte. Es sah merkwürdig aus, wie der edle Ritter sich unter gequälten lauten dem Willen seines Besitzers beugte.

»Ich habe schlechte Neuigkeiten, ehrwürdige Majestät.«, begann sein Diener unterwürfig. Ich winkte ab und nahm ein Schluck von dem Whiskey.

»Langweile mich nicht mit Dingen, die ich schon weiß. Sag mir lieber, was ihr jetzt tun wollt, damit ich dir nicht den Kopf abreiße.«

»Natürlich, Eure Majestät.«, stammelte er schweißgebadet und sein Kopf sank noch tiefer. »Wir werden die Spur des Mädchens verfolgen, sobald sich die Schatten neue Wirte gesucht haben. Stärkere, als die Letzten.«, sagte er. Ich nickte geringschätzig. Weder begeistert, noch sauer genug, um jemanden kalt zu machen. Schade eigentlich.

»Dann tut das. Und zwar schnell.«, sagte ich und warf mein Glas nach ihm. Mein Diener zuckte zusammen, rührte sich jedoch nicht. Splitter, die den Ritter trafen, ließen ihn zusammenzucken. Etwas von seinem einstigen Besitzer, der noch irgendwo verzweifelt kämpfte, spürte den Schmerz mit Sicherheit. Schatten empfanden solche Dinge nicht.

»Sehr wohl, Eure Majestät.«, stammelte mein Diener und huschte aus dem Raum, wie eine kleine dreckige Ratte. Ich wandte mich um und schenkte mir ein neues Glas Whisky ein. Alkohol betäubte den Besitzer des Körpers und machte ihn stumm. Wenigstens eine nützliche Sache hatten die Menschen erfunden. Ein grimmiger Hass schwärzte mein Inneres und tränkte meine Seele in Grausamkeit.

»Wir kriegen dich noch, Tara.«, sagte ich leise in die stille Nacht hinein. »Wir kriegen dich.«

Ich wachte auf, geweckt durch einen schnaubenden Laut der Pferde. Alarmiert blickte ich mich um und versuchte die Situation zu erfassen. Aber da war nichts. Kein Schatten, keiner der Lakaien. Erleichtert ließ ich mich zurücksinken, und merkte, dass mein Nacken unfassbar verspannt war. Mein Rücken schmerzte von der rauen Rinde, tat aber lange nicht so weh. Durch die ungünstige Körperhaltung, hatte ich mir jeden einzelnen Muskel verspannt.

Ich stöhnte leise auf und massierte mich mit einer Hand an den schmerzenden Stellen, während ich mich umsah. Dichter Nebel aus dem Narbenwald waberte über die flache, graslose Ebene und machte das Sehen zu einer Herausforderung. Der Dunst strich sanft über meine Haut hinweg und es lag eine klamme Feuchtigkeit in der Luft.

Das Feuer war über die Nacht ausgebrannt und nur noch kleine Rauchkringel stiegen in den Himmel empor, wo sie ins Nichts verschwanden. Sonst war alles ruhig.

Kirian hatte sich im Laufe der Nacht, mit dem Kopf gegen einen umgefallenen Baumstamm gelegt und wirkte, als ob er schlafen würde. Aber ich wusste, dass er das nicht tat.

Leise rappelte ich mich auf und streckte mich, um mich zu dehnen. Ich fluchte leise über die unangenehmen Schmerzen und stapfte zu den Pferden hinüber. Diese hatten die Köpfe zum Gras hinuntergesenkt und gönnten sich ihr morgendliches Frühstück.

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