3. Wers glaubt!

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Nachdem der Mann mich mit dem Saphyr einfach zurückgelassen hatte, ging ich schnurstracks zurück zur Taverne, um Bo von dem Vorfall zu berichten. Selbst nach einigen verstrichenen Minuten konnte ich immer noch nicht glauben, dass man mir tatsächlich einen so wertvollen Stein überlassen hatte, aus Angst ich wäre verflucht worden. Naja, so wertvoll nun auch wieder nicht. Aber man nimmt, was man kriegen kann, dachte ich vergnügt. Sein Pech, wenn er so ein Trottel ohne Eier war. Ich würde mich mit Sicherheit nicht beschweren.

Zwischenzeitlich hatte es angefangen zu regnen und ich bemühte mich so schnell wie möglich wieder ins Trockene zu kommen. Die Tropfen verwandelten sich hier in Vadheim schneller in Eis, als man gucken konnte, was es verdammt gefährlich machte nachts zu rennen.

Als ich schließlich in der Taverne angekommen war, in der Bo bereits geduldig auf mich wartete erzählte ich ihm bei einem warmen Abendessen, was geschehen war. Als ich ihm zeigte, dass ich sowohl das Geld, als auch den Saphyr hatte, fielen ihm beinahe die Augen aus dem Kopf. Bei meiner Geschichte wurde er jedoch wieder ernst.

»Was meinst du mit abergläubisch?«, wollte er wissen, während er seinen Bierkrug zwischen den Fingern hin und her schob.

»Er hat diese eine verfärbte Strähne in meinem Haar gesehen und wollte den Stein plötzlich nicht mehr haben. Er dachte, ich sei von der Göttin Ria verflucht worden.«

Ich verdrehte übertrieben die Augen, um zu signalisieren, dass ich das Ganze für völligen Schwachsinn hielt.

»Er war so verängstigt, dass er keinen einzigen Gedanken mehr an sein Geld verschwendet hat. Pech für ihn, Glück für uns.«, meinte ich achselzuckend und biss ein großes Stück von dem Brot ab. Bo schwieg einige Sekunden, ehe er die Hand nach der Strähne ausstreckte. Sein nachdenklicher Gesichtsausdruck sagte mir alles, was ich wissen musste. Ich schluckte hastig meinen Bissen hinunter.

»Du glaubst doch nicht wirklich, dass da was dran ist, Bo?« Ich schüttelte den Kopf. Es ist nur eine Legende."

Ich ließ zu, dass Bo sich die Strähne griff und sie sich näher besah, wie ein Fährtenleser eine Spur betrachtete.

»Du musst zugeben, Tara, dass das schon ziemlich merkwürdig ist.«, sagte er gedehnt und gab mir die Strähne zurück. Ich legte den Kopf schief und hob eine Augenbraue. Unter meinem skeptischen Blick fühlte sich Bo sichtlich ertappt und er zuckte ratlos mit den Schultern.

»Ich meine ja nur. Du stiehlst einen Saphyr aus der Höhle einer Göttin, was du wohlgemerkt als eine der Wenigen auch überlebt hast, nur damit kurz darauf taucht eine weiße Strähne auf, die du mit ziemlicher Sicherheit vorher nicht hattest.«, ratterte er runter und besah mich argwöhnisch.

»Du musst schon sagen, dass hört sich verdächtig nach der Legende der Seelenträgerin an.«

Ich nickte sarkastisch. »Nur, dass ich real bin und die Seelenträgerin eine Legende ist, die Drachen rettet.« Ich betonte das letzte Wort besonders deutlich, als würde ich mit einem Begriffsstutzigen reden. »Wie du sicher weißt, rette ich Drachen nicht, sondern töte sie. Das ist ein gewaltiger Unterschied.«, schnaubte ich grimmig und hatte keine Lust weiter darüber zu diskutieren. Bo schien nicht überzeugt. Ich warf ihm einen genervten Blick zu.

»Sag bloß, du bist auch abergläubisch, Bo.«, zog ich ihn auf und wusste, dass ich damit sein Ego angegriffen hatte. Es war der sicherste Weg, um ihn von seiner Theorie abzulenken. Wie erwartet verzog sich sein Gesicht zu einer Grimasse und er richtete sich gerader in seinem Stuhl auf.

»Ich sage ja nicht, dass alles davon wahr sein muss.«, gestand er. »Aber in jeder Geschichte steckt ein wahrer Kern. Selbst in Legenden. Das müsstest du von uns am besten wissen, du bist schließlich damit aufgewachsen.« Er sah mich an. »Sieh dir die Drachen an. Die sollten eigentlich auch nicht existieren und trotzdem tun sie es.«

Heart of Ice Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt