Stumm, willenlos und trocken, lief ich verstohlen neben Thrase her. Mein ganzer Körper zitterte, wegen der bitteren Wahrheit die ich soeben gehört hatte und machte mich wütend, unheimlich wütend und überspielte meine unglaubliche Traurigkeit förmlich.
Verbissen rieb ich mir die Stirn, was ich immer tat um mich abzuregen und hätte Thrase am liebsten angespuckt, angeschrien oder anderes dergleichen.
Aber was hatte ich auch erwartet?
Das er in Wirklichkeit der Held war und mich befreite oder gezwungen wurde, dass zu machen was er gerade tat? Das er in Wirklichkeit eine total nette Person war, die in mir nicht bloß ein Opfer sieht? Anscheinend hatte ich zu viele Filme geguckt.
Solche Hoffnungen waren kindisch, das wusste ich, aber ich wollte es einfach nie wahr haben. Es konnte einfach nicht sein, dass die Lage in der ich mich befand aussichtslos war, wie als wäre man in einem tiefen, engen und Dunklen Gang ohne ein Licht am Ende, dass Hoffnung symbolisierte.
Noch konnte ich alles ändern. Aber ohne Hilfe...?
Lustlos setzte ich einen Schritt vor den anderen, bis wir die hügelige Landschaft endlich hinter uns hatten und Richtung Straße liefen.
Die einzige Hoffnung die mir jetzt noch blieb, war, dass mich jemand auf der Straße erkannte, schließlich wurde ich als Gesucht gemeldet, so gering war die Wahrscheinlichkeit also gar nicht! Ob es im Fernsehen sogar ein Bericht über mich gab und ein Foto von mir gezeigt wurde?
Ob sich wohl meine größten "Feinde" mittlerweile sorgen um mich machten und Ausschau nach mir hielten? Wahrscheinlich wurde ich zum Gesprächsthema meiner ganzen Stadt und dennoch half es mir hier in der üppigen Siedlung nichts.
Aber theoretisch gesehen, war die Wahrscheinlichkeit erkannt zu werden sogar unglaublich hoch!
Als hätte Leonard, der seine Zeit während meines Nachdenkens damit verbrachte das Wort das auf seinem T-Shirt beim Laufen zu entziffern, meine Gedanken gelesen, stubste er Finn leicht mit dem Ellebogen an und sagte, als dieser müde zu ihm blickte: "Hey, warte mal. Ist es nicht viel zu Riskant über die Straße zu laufen? Loreen wird gesucht und Thrase Gesicht müsste nun auch bekannt sein!"
Finn verdrehte auffällig seine blass- blauen, momentan schon glasigen Augen und beantwortete giftig seine Frage: "Siehst du das da hinten?", Finn deutete auf ein riesiges Gebäude in der Ferne mit riesigen Flächen, die aber vom Nebel umhüllt wurden und mir als ziemlich grau erschienen, "Das ist der Flughafen. Es dauert nur ungefähr... 15 bis 20 Minuten bis wir dort sind, das schaffen wir und einen anderen Weg dorthin gibt's nicht du Vollidiot.
Wir dürfen uns nur nicht auffällig verhalten. Es ist schon riskant genug, so wie Laura aussieht..."
"Ich heiße Lore...", wollte ich zornig erwidern, aber er unterbrach meine Unterbrechung mit einer einfachen und gelangweilten Handbewegung und meinte herablassend: "Interessiert mich nicht. Aber guckt mal: Voll gekotztes Oberteil, blasses Gesicht mit tiefen Augenringen, gerötete Augen und von den Haaren ganz zu schweigen.
Das fällt auf, aber uns bleibt nichts anderes übrig, also tu mir den gefallen Leonard und halt dein Maul, wenn du eh nur Sachen zu bemängeln hast die uns allen bewusst sind und an denen man eh nichts ändern kann."
Die letzten Worte sprach Finn überheblich und finster aus und legte seine unruhigen Hände in die weiten Hosentaschen, während er auf die Fußgängerzone zusteuerte, ohne Leonard, der die Stirn skeptisch und beleidigt hochhob, zu beachten.
"Okay, chill mal. Du bist immer mieser drauf."
"Woran das wohl liegt? Tu der Menschheit einen gefallen und sag nichts mehr.", befahl Finn noch bevor der erste Mensch in Sicht war.
Skeptisch kam ich zu dem Entschluss, dass Finn; so wie Leonard bereits erwidert hatte; wirklich immer aggressiver und seine Hemmschwelle immer niedriger wurde. Ob es wohl an seinem... psychischen Problem lag?
Automatisch dachte ich wieder an seinen kranken Blick, als er im Auto saß, während Thrase mir die Tabletten holte, die ich gut in meiner Hosentasche verstaut hatte und angefangen hatte undeutlich rum zu schreien. Wie er mich dabei von der Seite anstarrte, aber dabei unerklärlich leer... als hätte er mich gar nicht realisiert.
Krampfhaft versuchte ich nicht weiter darüber nachzudenken und witmete mich der neuen Umgebung der wir nun ausgesetzt waren.
Wir liefen über einen mit Pflastersteinen und Zigarettenüberhäuften Weg, dessen rosane Linie für die Fahrradfahrer beinhahe verblasst war. Es schien, als wäre es ein Wohngebiet, was ich an den vielen gleich aussehenden Häusern und dem Kindergeschrei ausmachte.
Aber wer wollte schon so nah an einem Flughafen wohnen? Es war unheimlich laut, dessen war ich mir bewusst, denn eine Kindheitsfreundin von mir lebte auch in der Nähe eines Flughafens.
Die Flugzeuge hatten immer so nah ausgesehen, als könne man nach ihnen greifen und durch die Triebwerke entsandt so ein Lärm, dass ich mir damals sicher war, mein Trommelfell sei geplatzt, weswegen ich Mama total Druck gemacht hatte, sie solle mich zum Ohrenarzt bringen.
Die Erinnerung machte mich furchtbar traurig. Was hätte ich bloß gegeben um wieder Zuhause zu sein?
Ich sah mich genauer um.Die Häuser, die meistens rissig und definitiv zu klein waren, weckten eine eher unheimliche Stimmung, weswegen das Kindergelächter das durch die leere Straßen hallte vollkommen fehl am Platz erschien, aber gut tat.
Die Sonne erhellte die dreckigen, quadratischen Fenster der Häuser und trat ebenfalls den Beitrag zur Verschönerung des Gebietes bei.
Ein Fahrradfahrer mittleren Alters fuhr an uns vorbei, entlang der lehren, brockligen und unebenen Straße, die bestimmt nicht mehr besonders sicher für die klapprigen Autos waren, die am Rand oder Parkplätzen standen.
Anscheinend waren wir in einem ärmeren Viertel und das machte mir zu schaffen. Wie benebelt nahm ich war, wie ein rot-weißer, dreckiger Ball zu uns gerollt kam und den Fuß von Finn stubste. Etwas überrascht sah Finn hinunter zum Ball und dann zum kleinen Jungen der schüchtern auf ihn zu getappst kam.
Ich schätzte ihn auf ca. 6 oder 7 Jahre ein, denn sein junges und glattes Gesicht, dass mit großen braunen Augen und dunklen, praktisch schwarzen kurzen Haaren geschmückt war, wirkte auf mich sehr niedlich.
Der kleine Junge, dessen geröteten Wangen, noch mehr Farbe zu bekommen schienen und dessen Ärmel seines dunkel grünen Pullis hochgekrempelt war, fragte nun kleinlaut: "Tschuldigung, das ist mein Ball. Das war keine Absicht. Kann ich ihn wieder haben?"
Während seine hohe Stimme zum Vorschein kam, erblickte ich eine große Zahnlücke, weswegen mir ganz warm ums Herz wurde.
Unschlüssig und unsicher stand somit also der süße Junge da und knetete nervös mit seinen kleinen Händen rum, wobei er erwartungsvoll zu Finn guckte, der eine neue Miene aufgesetzt hat.
Den Gesichtsausdruck hatte ich bei ihm noch nicht gesehen und konnte ich nicht wirklich fassen, denn der Blick sah auf seinem Gesicht so unangebracht aus. Als hätte er diesen noch nicht aufgesetzt.
Zögernd und wie in Zeitlupe bückte sich der blondhaarige und griff nach dem dreckigen Ball, dessen Luft schon fast ganz raus war und starrte dabei den Jungen eindringlich an, ohne ihn aus den Augen zu verlieren.
Er hob den Ball auf, wobei ein knirschendes Geräusch auszumachen war und streckte es dem Jungen hin.Erschrocken bemerkte ich, wie sich seine Pupillen erneut mal vergrößerten und mal unheimlich klein wurden.
Genauso wie es im Auto anfing.
→Heii Leute! :) Das Kapitel ist leider etwas kürzer als die anderen, das tut mir echt leid, dafür kann ich aber das nächste länger machen! :o :D Und danke danke danke für 19,5K Reads und die vielen Votes! *-*
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Abduction
Mystery / ThrillerEine Denkweise die nicht ganz richtig ist und ein Moment der Unvorsichtigkeit. Braune Haare, blaue schillernde Augen, unschuldige Ausstrahlung, das perfekte Opfer für eine Organisation, die nichts gutes im Sinn hat. "Es ist mein Auftrag, mein Job."...