Eleven

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Ich konnte die unbefahrene Straße schon sehen. Die Angst und der kribbelnde Adrenalin kam immer mehr zur Geltung und gab mir Kraft.

Eifrig stampfte ich durch den tiefen und gleichzeitig kalten Schlamm, der sich bei jedem Schritt hartnäckig an meinem Fuß festsog.

Ich holte tief Luft, was mir sehr schwer fiel, da meine Lunge brannte und überfordert war, um nach Hilfe zu schreien, falls jemand schon über die Straße fuhr und hatte schon meinen trockenen Mund geöffnet.

Ich wollte ansetzen. Doch plötzlich knackte etwas gefährlich an meinem Fußgelenk und ein stechender Schmerz breitete sich dort aus.

Aus Schreck und Panik verlor ich kurz meine Kontrolle und war nicht mehr in der Lage schnell weiter zu rennen, versuchte es aber trotzdem mit Mühe und Not, indem ich wild mit den gefesselten Armen fuchtelte, um mein Gleichgewicht zurück zu erobern.

Fataler Fehler. Ehe ich mich versah knickte ich erneut mit dem bereits angeschlagenem Gelenk um und fiel unter Schmerzen zu Boden.

Meine Gedanken waren komplett ausgeschaltet, mein Herz jedoch raste, als ich seitwärts der länge nach hinfiel und unsanft aufprallte, woraufhin ich laut aufstöhnte.

Verdutzt lag ich ohne jegliche Reaktion oder Tat auf dem kalten, matschigen Laub, während der Regen unermüdet und kräftig auf meinen durchgefrorenen Körper ein prasselte.

Nein. Das kann doch jetzt nicht wirklich passiert sein! Nach all der Hoffnung... ich hätte es fast geschafft!

Ich konnte nicht mehr. Und ich wollte auch nicht.

Zwar versuchte ich verzweifelt und ohne Aussicht auf Hoffnung mich noch aufzurichten, aber mir fehlte die Kraft und der entscheidene Ehrgeiz.

Alles zitterte in mir und war wie elektrisch aufgeladen, dennoch war ich schlapp und müde.

Obwohl ich mit meiner halben Gesichtsseite im ekelhaft riechenden Matsch lag und kurz davor war ohnmächtig zu werden, hörte ich das laute Lachen von Thrase und wie er sarkastisch mit den Händen klatschte.

Er hat gerade noch gefehlt. Ich spürte wie eine kleine Träne ihren Weg aus meinen brennenden Augen bahnte und mit schnellem Tempo zu meiner Nasenspitze kullerte und anschließend auf meine mittlerweile bläuliche Hand tropfte.

So grottig wie in diesem verlorenen Moment, habe ich mich noch nie gefühlt.

Das schallende Gelächter stellte sich allmählich ein, als er wohl bemerkte in welchem Zustand ich war.

Dennoch packte er kurz darauf unsanft meine Hand und brachte mich mit wackeligen Beinen zum stehen.

"Bleib so.", sagte er knapp und glücklich, als er die Handschellen erneut hervor nahm, mir damit diesmal aber die Fußgelänke "fesselte".

Ich machte erst gar keine große Anstalten mich zu wehren, da es nun eh keinen Sinn mehr hatte.

Ein freches Grinsen konnte ich mir trotz allem was passiert war nicht verkneifen, als ich Leonard wahrnahm, wie er mit blau-rötlicher Nase aus der Ferne auf uns zusteuerte.

Eigentlich tat ich nicht gerne jemandem weh, doch es tat so gut zu zeigen, dass ich nicht einfach ein hilfloses Mädchen, dass alles mit sich machen lässt, war.

Es entfachte in mir Mut und Stolz, weil ich eine Gegnerin war, nicht etwa das Opfer.

Als Leonard mein hinterlistiges Lächeln zur Kenntnis nahm, funkelte er mich böse an und zog eine Linie mit seinem Finger vor dem Hals nach dem Motto "Du bist tot ".

Nun bekam ich schon etwas Angst, ließ es mir jedoch nicht anmerken. Thrase würde sowieso nicht zulassen, dass er mir was antut... oder?

"Endlich ist der Horror zuende. Weißt du eigentlich wie viel Schaden du angerichtet hast!?", kam es nach längerer Zeit des Schweigens aus Thrase.

"Nein.",log ich, obwohl ich genau wusste was ich alles gemacht hatte, ich wollte es nur nochmal hören.

"Du hast Finn zur Weißglut getrieben, weswegen er sich mit mir geprügelt hat, wobei ich locker hätte drauf gehen können..."

"Was mich nicht enttäuscht hätte.", unterbrach ich ihn kurz, worauf er jedoch nicht einging, sondern unbeirrt weiter redete:

"Hast es geschafft zu fliehen, Leo die Nase blutig getreten oder geschlagen..."

"Geschlagen."

"... wie auch immer! Wärst fast geflohen und hast mir den Kopf verdreht!"

Bei der letzten Aufzählung blieb mit der Atem weg: "Wie bitte?"

Der schwitzende, dreckige Junge schien erst jetzt über seine Worte nachgedacht zu haben und antwortete leicht stotternd:

"Mich durcheinander gemacht eben. Das hat alles nichts mit unseren Anweisungen zu tun!"

Ein verführerischer Pfiff kam aus den angespitzten Lippen des angeschlagenen Leonards, der sich mit verschränkten Armen neben Thrase gestellt hat, als ich gerade fragen wollte was er mit Anweisungen gemeint hatte.

Wütend schlug Thrase ihm auf den Hinterkopf und sagte streng: "Hör auf mit der Kinderkacke. Ich hab mich halt falsch ausgedrückt, ok?!"

"Jajajajajaja... das sagen se alle und dann ist die Braut schwanger.", kam es frech aus dem amüsierten Jungen.

Ich lachte, Thrase jedoch ignorierte uns beide und griff fest entschlossen nach meinem Arm: "Wir müssen zurück zum Auto, bevor Finn noch wach wird. Und der Sturm wird immer stärker, ich hab keine Lust noch von nem Baum erschlagen zu werden."

Thrase hob mich mit diesen Worten hoch und trug mich durch den gefährlichen und eisernen Sturm, dessen Windböhen so heftig waren, dass man hier und da mal ein ungutes Knacken hörte.

Wie immer in den romantischen Action Filmen, nur das es bei uns ein bisschen anders war. Er war nicht der Held, ich war nicht die ohnmächtige Frau und wir waren kein Paar, wie es in den meisten Filmen dann immer ist.

Seine Körperwärme tat mir gut und ich schmieg mich heimlich enger an ihn, denn die Kälte war enorm.

Aber... tat ich das wirklich nur deswegen?

Insgeheim war ich schon etwas glücklich darüber, dass ich es doch nicht geschafft hatte, denn nun konnte ich wieder bei ihm sein.

Seine Nähe tat mir einfach unheimlich gut.

→Nachwort!
Hii! :) Hier wieder ein neues Kapitel, hoffentlich gefällts euch! Und, seit ihr schon aufgeregt wegen der Zeugnisse? :D

AbductionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt