Five

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"Lass mich in Ruhe.", zischte ich mit dem Blick von ihm abgewandt.

Ich merkte, obwohl ich ihm nicht ins Gesicht schaute, dass er dreckig lächelte. Vorsichtig nahm er ein paar dünne Strähnen die nervig in mein Gesicht fielen in die Hand und legte sie sachte neben mein Gesicht.

Ich ließ ihn das machen, damit er nicht auf andere Ideen kam, blickte aber finster an ihm vorbei.

So ging es eine ganze Weile weiter, bis keine Strähne mir mehr die Sicht beraubte und er sich schließlich das müde Gesicht rieb und unbemerkt seinen Arm um mich legte.

Mit wütend aufgerissenen Augen zuckte ich zurück und wollte mich wehren, indem ich mit meinen Kopf gegen seinen Kiefer bochsen wollte, doch er wich aus und sagte lässig:

"Hey gaaanz ruhig. Ich will nur mit dir reden."

"Über was denn du Arschloch?", antwortete ich im gehässigen Flüsterton und sah ihn angewidert glasigen Auges an.

Seine großen braunen Augen mit dem komplizierten Muster fixierten mich beleidigt und er antwortete vorwurfsvoll:

"So heiß ich nicht, Loreen."

Ich schnaubte verächtlich mit dem Mund: "Aha. Du bist aber eins. Ein hinterlistiges, hässliches, unverschämtes, grausames und schreckliches Arschloch! LASS MICH GEHEN!", schrie ich ihn wütend und verzweifelt an.

Soetwas hatte ich noch nie zu einem Menschen gesagt, stellte ich geschockt fest, als ich den Satz beendet hatte und mich gerade hinsetzte, damit ich mir nicht mehr so klein vorkam, aber er hatte es verdient. Zu sowelchen Leuten musste man nicht nett sein.

All meine Worte schienen aber an ihm vorbei zu gehen, denn er lächelte mich warm an: "Thrase. Mein Name ist Thrase."

"DAS INTERESSIERT MICH NI...!!", weiter kam ich nicht, denn er hielt feste meinen Mund zu. Sein Gesicht war von Wut bedeckt, seine Augen funkelten böse.

"Hör auf zu schreien, ich warne dich! Nur weil ich dich noch nicht beleidigt oder dir eine Waffe neben dein zerbrechliches Gesicht gehalten hab, heißt das noch lange nicht, dass ich dich mit allem durchgehen lasse! Also: Rede vernünftig mit mir!"

Daraufhin nahm er seine Hand wieder von mir weg, auch die die sanft auf meiner Schulter ruhte.

Widerwillig nickte ich stumm und betrachtete überlegend meine gefesselten Hände. Die Knoten waren so fest, dass meine Handgelenke scheuerten und es mir das Blut abschnürte.

Eine rötliche Stelle hatte sich auf meiner weichen Haut gebildet, die mit dem mitgenommenen Seil zugeschnürt wurde.

"Mir tun die Hand- und Fußgelänke weh. Bitte mach die ab.", flüsterte ich heiser.

Thrase drehte sich wieder zu mir um und sah mich stirnrunzelnd an.

"Das kann ich nicht. Sorry."

Ich blickte zu ihm auf. Während meiner Überlegung hatte ich mir nur eine simple Frage gestellt:

Hasse ich ihn?

In gewisser Weise ja, schließlich war er gerade dabei mein Leben zu zerstören und hatte mich entführt, verletzt und angeschrien.

Anderseits mochte ich aber auch seine kontrollierte Art und genoss es ein wenig, dass die anderen weg waren und somit wir allein.

Ich hatte nämlich dieses leichte Kribbeln im Bauch, wenn ich ihn ansah. Er war hübsch... die leichten Bartstoppeln passten zu seinen ruhigem geheimnisvollem Gesicht.

Ich war aufgeregt in seiner Nähe und schämte mich dafür, dass ich ihn beleidigt hatte.

War das normal? Bei Dantorian war es allerdings ein ganz anderes Gefühl. Bei ihm fühlte es sich an, als würden tausenden tanzende Schmetterlinge durch meinen Bauch schwirren und mich gefühlvoll kitzeln.

Also bedeutete Thrase nichts für mich.

Oder?

Meine Gefühle waren so durcheinander, dass mir wieder Schwindelig wurde.

Die Regentropfen die majestätisch vom schwarzen Himmel hinabfielen, prasselten auf die Scheiben des Autos und die Tropfen die zurückblieben, wurden von dem prächtigen gelblichen Vollmond beleuchtet. Es beruhigte mich. Es sah wunderschön aus.

"Wann kommen die anderen zurück?", fragte ich mit dem Gesicht zur Scheibe gewandt.

"Spätestens morgen Abend. Der Weg ist nicht so weit.", antwortete die tiefe Stimme.

"Wo bringt ihr mich hin? Warum habt ihr mich mitgenommen?"

"Wirst du früh genug erfahren. Darf ich dich auch was fragen? Die Frage ist aber nur aus eigener Interesse."

Verwirrt guckte ich ihn an. Meine Antwort kam zwar verzögert, aber ehrlich: "Ja."

Er kratzte sich gedankenverloren am Hinterkopf, und blickte leicht an mir vorbei als er behutsam fragte:

"Dieser Freund  von dem du erzählt hast... Ist das dein Kumpel oder ist da was zwischen euch?"

Empört distanzierte ich mich von ihm, wobei ich die lauten Worte förmlich ausspuckte: "Warum interessiert dich das!?"

Seine Mundwinkel erhoben sich leicht, seine Hand glitt sanft über meine Wange, bis er sie schließlich wieder in seine Hosentasche steckte: "Ist egal."

"Sollte das eine Anmache sein?!"

Ich war vollkommen aus der Fassung, konnte ihn nicht verstehen. Unruhig rückte ich immer mehr von ihm weg, bis mein schmerzender Rücken von der Tür abgedämpft wurde.

Er lachte laut auf. Das Lachen war so laut und vergnügt, dass ich skeptisch wurde und nur noch hier weg wollte. Doch als er sich wieder ein kriegte, seine Tränen wegwischte und tief auspustete antwortete er kichernd:

"Ganz bestimmt nicht. Keine Angst. Du bist eh nicht mein Typ."

Darauf erwiderte ich nichts, wandte mich einfach unsicher von ihm ab und schenkte den Tropfen erneut meine Aufmerksamkeit.

Der Wald war nass und glitzerte schön wegen der Sterne und des Mondes. Meine Beine waren schon eingeschlafen, auch ich war müde und schlapp.

Ich verstand Thrase einfach nicht.

"Können wir morgen früh nicht mal eine Runde laufen gehen? Ich bekomme noch Platzangst...", fragte ich abwesend und traurig.

"Ok.", erwiderte die sachte Stimme hinter mir nach einiger Zeit, die mir soweit entfernt vorkam.

Der Regen erinnerte mich an Mama. Sie hatte Regen gehasst, war deswegen stets schlecht gelaunt wenn sie aus dem Fenster schaute und Regen sah.

Mama... sie würde ich auch nie wieder sehen. Mit brennenden Augen, verließ ich langsam die Realität. Der Adrenalin verließ mich, meine Gedanken schalteten sich aus.

Das letzte Bild vor meinen Augen war das meiner Mutter, bis ich meine Augen erschöpft schloss und in den beruhigenden Schlaf fiel.

→Nachwort. Hiii!! :) Hoffentlich gefällt euch das Kapitel! :D x Ich hab mir dafür nämlich echt Mühe gegeben! x)
Weihnachten ist vorbei! :( Aber hey, bald ist Silvester, freut ihr euch auch schon? ^^♥

AbductionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt