Twenty Eight

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Nachdem der wirklich kuriose und sonderbare Junge auf der anderen Seite der Wand eingeschlafen war, war bloß noch der Wind der dadurch das er durch die noch vorhanden Lücken blaste, hohe und zugleich Schauder erregende Töne machte, zu hören, sonst kam Schweigen auf.

Doch es war kein unangenehmes Schweigen. Es beruhigte mich und verschaffte mir das erste Mal seit der Entführung die Möglichkeit, über alles nachzudenken. Während ich versuchte, eine gemütliche Sitz Position trotz der Einschränkungen zu finden, dachte ich an meine Eltern und meine Freunde.

Ich dachte über die Außenwelt nach und empfand es als total komisch und... unrealistisch das meine Mutter, mein Vater, all meine Freunde trotzdem den normalen Tagesablauf durch gingen. Wahrscheinlich war mein Gesicht bereits in den Nachrichten gezeigt worden und wurde somit auch als vermisst gemeldet.

Das fühlte sich komplett komisch an und verunsicherte mich, schließlich hatte ich mir als Kind, als ich mir nichts sehnlicher gewünscht hatte mal im Fernsehen zu sein und meinen Namen zu kennen, es mit ganz bestimmt nicht so vorgestellt.

Doch was, wenn ich irgendwann von all den Menschen in Vergessenheit gerate, weil ich nicht mehr zurückkommen werde? Was wenn meine Eltern schon über mein Verschwinden hinweg gekommen sind, während ich mein restliches Leben unter fremden Menschen die Versuchungen an mir machen verbleibe?

Es jagte mir einen Schauer über den Rücken, als die kalte Wahrheit, dass es so wahrscheinlich auch kommen wird, mich förmlich zerreißte. Was wird aus meinem Leben? Was wird aus all meinen Plänen für die Zukunft?

Dantorian.
Er sollte ursprünglich eine wichtige Rolle für meine Zukunft spielen, ich wollte mit ihm zusammen Leben, zusammen glücklich sein, nachdem ich mein Uni geschafft habe! Doch daraus wurde wohl nichts mehr und selbst wenn ich konnte... würde ich es überhaupt noch machen wollen?

In dem Moment sah ich hoch zu Thrase, der zu meinem kurzen Schreck mich ebenfalls ansah, weswegen seine stechend grünen Augen genau auf meine trafen. Ich sah mir sein blaues Auge an, das noch immer nicht wirklich gut aussah und seine Schrammen an der Wange, die durch die Prügelei im Wald mit Finn entstanden.

Als ich ihn so ansah, in sein wunderschönes Gesicht, mit den starken Wangenknochen und den unglaublich warmen, beruhigenden Augen, fiel mir auf, dass er sich während der ganzen Entführung geändert hatte. Vorher war er selbstsicherer, hatte sich sogar an mich ran gemacht im Auto, als Leonard und Finn den Kühlschlauch holen mussten.

Mittlerweile wirkte er viel nachdenklicher, sanfter und ich war mir sicher auch schuldbewusster, denn er war von Anfang an nett zu mir, bis es sogar schon soweit kam, dass er mir Gefallen getan hatte! Vielleicht wollte es nur meine Psyche so haben, vielleicht bildete ich es mir bloß ein, aber er war nett zu mir.

Was natürlich nicht die Tatsache auflöst, dass er noch mein Leben zerstören wird.

Nach einer Zeit lächelte er mir kurz zu, woraufhin ich plötzlich schneller anfing zu atmen und mein Herz plötzlich fester schlug. Was ging in mir vor? Er war ein Krimineller!

"Was meintest du eigentlich damit?", durchbrach Thrase nun die Stille und sah mich festen Blickes an, woraufhin ich bloß verwundert meine Stirn in Falten legte.

"Was meinst du?"

"Du hast gemeint, dass du mich hassen willst. Aber du tust es nicht. Wieso?"

Die Frage kam so plötzlich, dass ich kurz überlegen musste und mich mehr zu ihm drehte, damit ich besser in sein wissbegieriges Gesicht sehen konnte und meinen Kopf überfordert zur Seite neigte.

"Ganz ehrlich...", flüsterte ich dann förmlich,"Ich weiß es selbst nicht. Eigentlich hast du es verdient gehasst zu werden! Und wie du es verdient hast! Betreibst Menschenhandel für ein bisschen Geld, wobei du vollkommen vernachlässigst was mit dem Menschen wird, den du da mit dir schleppst.

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