Kapitel Zehn: Kommst du mit mir?

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Abrupt sprang Sylvie von der Couch. Jegliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Ihre zitternden Finger versteckte sie hinter dem Rücken. Sie musste sich verhört haben.

,,Wiederhol das bitte noch einmal."

,,Würdest du mich nach Asgard begleiten?"

Das Wort Asgard war das Einzige, welches wie in Dauerschleife durch ihren Kopf spuckte. Der Gedanke an Heimat versetzte ihr einen Stich. Und wieder einmal war es die Furcht, die über ihr Herz siegte. Nach Asgard zu gehen gehörte eindeutig nicht zu ihren Plänen. Er hatte sie belogen, um ihre Rache betrogen. All die Jahre, die sie diesen Plan geschmiedet hatte, zunichte gemacht. Die Frustration und der Zorn gewannen die Oberhand über ihre Instinkte. Sie machte einen Satz auf Loki zu, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Der Laut hallte im stillen Loft wieder. Den Bruchteil einer Sekunde sah sie ihm noch in die Augen, bevor sie in Richtung Schlafzimmer stürmte. Die Tür fiel laut ins Schloss.

Wie betäubt saß Loki auf der Couch und starrte auf die geschlossene Tür. Unwillkürlich wanderte seine Hand zu seiner brennenden Wange. Würde es immer so sein? Würde sie immer flüchten, wenn er einen Schritt in die falsche Richtung tat?

,,Ist wohl nicht so gut gelaufen", murmelte Thor, der neben der Couch erschien.

,,Ich habs verbockt. Sie war gerade dabei sich mir ein wenig zu öffnen und jetzt...", er seufzte... ,,Ist alles ruiniert."

,,Vielleicht beruhigt sie sich", versuchte Thor Loki aufzumuntern.

Ein wütender Schrei aus dem Schlafzimmer ließ die beiden zusammenzucken und vom Gegenteil überzeugen.

,,Unwahrscheinlich", murmelte Loki mit hängenden Schultern. ,,Du solltest verschwinden, bevor es unschön wird."

Kaum war er fort, rauschte Sylvie auch schon aus dem Schlafzimmer wie eine gewaltige Naturgewalt. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt. Ihre Nasenflügel bebten, als sie vor ihm zum Stehen kam. Regungslos blieb Loki auf der Couch sitzen, um auf ihren Wutausbruch zu warten.

,,Gib mir endlich das verdammte TemPad!"

,,Nein", erwiderte er entschieden.

Zuerst weiteten sich ihre Augen, bevor sie sie zu schmalen Schlitzen verzog. ,,Was!"

Nun erhob sich Loki, um vor ihr aufzuragen. Sylvie legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm aufzusehen. Ihre Blicke verschmolzen. Tatsächlich war es Sylvie, die sich zuerst abwandte.

,,Hör auf mich so anzusehen!"

Sie fuhr sich verunsichert durch ihr Haar, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte. Ihr Verstand wollte Rache, doch ihr Herz wollte...

Ihn.

,,Sylvie, sag mir einfach, warum du nicht mitkommen möchtest. Kannst du es dir nicht einmal vorstellen?"

Natürlich konnte sie das. Sogar sehr deutlich. Es war als würden die Bilder aus dem Buch lebendig. Nur mit einem Unterschied Loki war bei ihr. Diese Vorstellung war schön, doch entsprach einfach nicht der Realität.

,,Es ist nicht mein Leben, es ist nicht meine Zeitlinie. Es ist deine."

Ihre Worte waren wie ein Schlag in die Magengrube. Pure Verzweiflung vernichtete jeglichen Funken Hoffnung und ließ ihn hilflos zurück.

,,Bitte", versucht er es erneut.

Wann immer er dieses bestimmte Wort in den Mund nahm, schmolz ihre Gegenwehr wie Eis in der Sonne. Und diesmal setzte er noch einen darauf.

,,Ich liebe dich."

Plötzlich erstarrte alles in ihr. Sie hatte es geahnt, aber er hatte es noch nie ausgesprochen. Er liebte sie. Er tat es aufrichtig und wahrhaftig. Die Worte hingen zwischen ihnen wie ein Dolch. Und einer von beiden würde verletzt werden. Der schiere Schmerz in ihrer Brust explodierte, als sie sich zu ihm umwandte. Der Blick, der in seinen Augen lag, so verloren. Sie schluckte heftig gegen den Kloß in ihrer Kehle an.

Lady LokiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt