Kapitel Neun: Der Vorschlag

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Loki bekam kein Auge zu, während Sylvie tief und fest in seinen Armen schlief. Die Geschehnisse hielten ihn davon ab Ruhe zu finden, obwohl er sie dringend benötigte. Das ungekannte Gefühl von Schwäche lag wie eine Bürde auf ihm. Und all die unbeantworteten Fragen, zu denen er keine Antworten fand, was seinen Schädel zum Bersten zu bringen schien. Er presste sich eine Handfläche gegen die Schläfe. Abermals sah er sie an, als er darüber nachdachte das Gespräch mit seinem Bruder nicht weiter aufzuschieben. Sylvies Brustkorb senkte und hob sich in ruhigen Atemzügen. Es schien wirklich so, als würde sie tief und fest schlummern, was ihn ein wenig Zeit verschaffen sollte. Vorsichtig bewegte er sich zum Rand des Bettes, darauf bedacht sie nicht zu wecken. Auf leisen Sohlen lief er zur angelehnten Tür. Einen letzten sehnsüchtigen Blick warf er zurück. Wie gern er nur bei ihr geblieben wäre, aber es gab Dinge zu erledigen. Leise lehnte er die Tür wieder an, bevor er sich in die Mitte des Lofts begab.

,,Thor", brummte er leise. ,,Ich weiß, dass du mich hören kannst. Wir sollten reden."

Wie auf Kommando erschien Thor vor Loki.

,,Bruder."

Unwillig ohne einen Tropfen Wein mit seinem Bruder zu sprechen marschierte Loki zur Küche, um sich die Flasche und ein Glas zu schnappen. Sein pochender Schädel brachte ihn um.

,,So schlimm", zog Thor ihn auf.

,,Hör damit auf!", sagte Loki, wobei er an seinem Glas nippte.

In seinem Kopf herrschte Unruhe, sodass er seufzend zum Fenster schritt, um es zu öffnen. Die leichte Brise gepaart mit der frischen Luft taten ihm gut. Es war so als würde man schwere Ketten von seinen Schultern lößen. Lautlos war Thor neben ihn getreten. Eine Weile betrachteten sie das Treiben unten auf den Straßen.

,,Du machst dir wirklich Sorgen, um sie, nicht wahr?"

Es war seltsam mit Thor über so etwas zu sprechen.

,,Du hast sie zu Tode geängstigt."

,,Es war nur so ein Gefühl, dass Heimdall und ich teilen und es hat ganz bestimmt mit ihr zu tun." Nun wandte sich Thor Loki zu, um ihn an den Schultern zu berühren. In einer Weile hatte Thor das schon nicht mehr getan. ,,Loki, ich glaube, du bist in Gefahr."

Das ernste Gesicht von Thor sprach bände. Er hatte also auch die dunkle Aura gespürt, die New York wie ein Schutzschild umgab. Geistesabwesend schwenkte Loki die Flüssigkeit im Glas.

,,Ich weiß", antwortete Loki schließlich schlicht.

Sein Griff um Lokis Schultern wurde ein wenig fester. ,,Warum hältst du dich dann nicht von ihr fern?"

,,Das kann ich nicht", entgegnete er mit fester Stimme.

,,Warum?"

Abrupt wandte Loki sich wieder dem Treiben New Yorks zu. 

,,Sag mir Bruder, warum willst du die Erde unbedingt beschützen?"

Nun sah auch Thor erneut durch das Fenster. New York löste in ihm dieses wunderschöne Gefühl aus, dass es DIE Stadt war, die ihm nach Asgard persönlich am nächsten war. Die Vielfalt, Dynamik aber auch die vielen kleinen Spots, die sich trotz der großen Konkurrenz jahrzehntelang hielten, waren ihm ans Herz gewachsen. Das Schlimme war: das wurde mit jeder Reise nach New York eher mehr, als weniger. Dieser Mix aus „wieder nach Hause kommen" und alte Ecken wieder erkennen und dem ständigen Wandel, war traumhaft!

,,Weil ich die Erde liebe."

Das Gesagte ließ er sich noch einmal durch den Kopf gehen, als Loki nichts erwiderte, sondern nur weiter das Treiben fixierte. In dieser Sekunde begann es Thor zu dämmern. Konnte es wirklich sein?

Lady LokiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt