Unter Freunden

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Seit fast zwei Wochen war Chris nun da unten. Ich durfte nichts zu ihm und es machte mich wahnsinnig, dass ich nichts erfuhr.

Ich war bei Hanji im Büro und half ihr, den Papierkram zu erledigen.
"Hanji?"

"Hm?"

"Du weißt doch was über Chris! Sag mir zumindest, ob es ihm gut geht!"

"[Y/N]..."
Ich hatte allen meinen wahren Namen genannt und niemand nannte mich mehr Frieda.
"..du weißt, ich darf dir nichts sagen."

Ich schmiss die Papiere auf den Tisch und strich mir wütend durchs Haar. Ich spürte, wie Hanji mich beobachtete, doch ich sah stur zur Seite.
Schließlich seufzte Hanji ergeben.

"Erwin sieht keine Bedrohung in ihm und glaubt, dass er den Aufklärungstrupp bereichern könnte."
Ich sah zu ihr und ich spürte, wie die Hoffnung in mir aufkam.

"Wieso ist er dann immer noch da unten?", fragte ich irgendwann skeptisch und ich sah, wie Hanji mit sich rang, ob sie es mir wirklich sagen sollte oder nicht.

"Weil..", begann sie nach einer ganzen Weile, die sich für mich anfühlte, wie eine Ewigkeit.
"... Levi noch nicht überzeugt ist."

"Ist das ein Scherz?", fragte ich aufgebracht.
"Der soll sich nicht aufführen, als hätte er hier das Sagen!"

Seit der Situation im Kerker, vermied ich es mit ihm zu reden und selbst das Einzeltraining fand nicht mehr statt.
Wenn wir uns sahen, sprachen wir nur das nötigste und selbst dabei herrschte eisige Kälte zwischen uns.

"Beruhig dich wieder.", sagte Hanji irgendewann streng und mir war erst jetzt klar, dass ich vom Stuhl aufgesprungen war. Ich ließ mich wieder nieder und versuchte meinen Puls wieder runter zu bringen.
"Es ist klar, dass Levi ihn nicht für immer da unten einsperren kann. Ich weiß auch gar nicht, was mit ihm los ist. Er benimmt sich diesem Chris gegenüber so kalt, dabei hat er, bis auf die Begegnung draußen hinter der Mauer, immer vorbildich benommen und keinen Ärger gemacht."

"Hanji?", fragte ich nach einer Weile.
"Können wir zum Essen gehen?"

"Du wirst Levi nichts sagen, dass ich es dir verraten habe, klar?"

"Ja."

Hanji seufzte ergeben und zusammen gingen wir in den Speisesaal. Auch wenn ich keinen Hunger hatte, legte ich etwas auf mein Tablet und setzte mich damit zu meinem Stammplatz neben Armin.
Ich lächelte ihnen knapp zu, doch mein Blick wanderte immer wieder nervös zur Tür. Seit ich von Hanji gehört hatte, dass alleine Levi daran Schuld trug, dass Chris immer noch da unten ist, hatte ich nur noch den Gedanken, dass ich ihm eine reinhauen würde, wenn ich ihn sehen würde.


"Du musst etwas essen, [Y/N]."
Mein Blick wanderte von der Tür kurz zu Armin, der mich angesprochen hatte. Doch sofort sah ich wieder zurück.

"Keinen Hunger.", nuschelte ich.

"Du wirst Chris nicht da raus holen können, wenn du in dem du in den Hungerstreik gehst."
Ich fühlte mich ein wenig ertappt, denn seit ich wusste, dass Chris da unten war, bekam ich keinen Bissen runter.
Ich hatte meinen Freunden natürlich von Chris erzählt und sie waren der festen Überzeugung, dass wenn er so ein netter Kerl war, wie ich ihn beschrieb, er auch bald wieder hoch kommen musste.

Doch Levi unterband es. Das wussten sie nicht, da ich Hanji nicht verraten wollte.
"Sasha, wenn du willst kannst du meine Portion haben.", sagte ich einfach nur und sah immer noch zur Tür.

"Ganz ehrlich...", hörte ich die Braunhaarige sagen.
"Auch wenn ich es gerne annehemen würde, aber Armin hat Recht. Du musst endlich was essen."

Ich schenkte ihr einen bösen Blick, doch als die Tür aufging, sah ich sofort wieder zurück und tatsächlich sah ich, wie Levi eintrat.
Ohne drüber nachzudenken stand ich auf und lief auf ihn zu. Ich sah im Augenwinkel, wie Hanji ebenfalls aufstand und panisch auf mich zu gelaufen kam, doch ich ignorierte sie.

Ich blieb vor Levi stehen, der mich mit seinem gewohnten Monotonen Blick anstarrte und ich bohrte ihm meinen Finger in die Brust.
Ich funkelte ihn Böse an, ehe ich leise sprach:
"Sie können ihn da nicht ewig festhalten. Lassen Sie ihn endlich frei!"

Ich spürte, wie mein Handgelenk umfasst wurde und von Levi weggezogen wurde. Hanji hielt mich fest, doch ich wollte mich gerade losreißen, als die Tür ein weiteres Mal aufging. Erwin kam herein und bevor mein Hirn realisierte, wer da hinter ihm lief, sammelten sich bereits Tränen in meinen Augen.

Nur am Rande hörte ich ein genervtes "Tch.", doch ich ignorierte es. Hanji ließ mich los und ohne drüber nachzudenken, lief ich los und schmiss mich in Chris' Arme.

Ich hörte ihn lachen, doch ich vergrub mein Gesicht in seiner Brust und ich spürte, wie er seine Arme um mich legte. Sein Gesicht drückte er in mein Haar und ich hörte auch ihn schwer durchatmen.

"Endlich.", hauchte ich leise und ich hob meine Hände, um meine Tränen heimlich abzuwischen.

Wieder lachte Chris und er drückte mich sanft ein kleines Stück von sich.
"Du musst mich ja ganz schön vermisst haben."

"Halt die Klappe, du Idiot.", nuschelte ich, doch ich strahlte ihn an.
"Außerdem stinkst du!", mobbte ich ihn und er schenkte mir ein gespielt bösen Blick.

"Häng du mal zwei Wochen an Ketten, da würdest du auch stinken."

"Du hingst nur eine Woche an Ketten.", hörte ich Erwin, der immer noch zu uns sah, doch Chris winkte nur ab.

"Seien Sie nicht so kleinlich.", scherzte er und Erwin lächelte leicht.

"Chris wird bei Eren und Armin in einem Zimmer schlafen. Vielleicht kannst du sie ja schon mal miteinander vertraut machen.", sagte Erwin zu mir und ich nickte.

"Danke, Kommander!", sagte ich ehrlich, doch er nickte lediglich und ging dann zu dem Tisch, an dem er immer saß.

"Komm mit.", sagte ich zu Chris und ich führte ihn zu meinem Stammtisch. Ich stellte sie kurz einander vor und erklärte Eren und Armin, dass Chris ihr neuer Zimmergenosse war.

Ich beobachtete, wie Chris gleich mit Eren ein Gespräch begann. Er war schon immer sehr kontaktfreudig und es gab eigentlich keinen, der ihn nicht mochte.
Ich lächelte leicht und zog dann mein Tablet von eben vor mich. Ich nahm mir ein Stück Brot und biss hinein.
Das erste Mal seit Tagen hatte ich hunger. Chris sah zu mir und sofort schenkte ich ihm ein Lächeln.
"Willst du?", fragte ich ihn und schob mein Tablet zu ihm rüber. Er bedankte sich und nahm sich ebenfalls etwas.

"Das hast du mir gegeben!", beschwerte sich Sasha sofort.

"Du wolltest es nicht!"

"Jetzt will ich es!"

"Du hattest dein Essen schon!"

"Ja und?"
Ich versuchte sie davon abzuhalten mein Tablet zu klauen, als ich Armin neben mir sprechen hörte:
"Der Hauptgefreite scheint noch schlechter gelaunt als sonst."

Sofort glitt mein Blick an den Tisch der Kommandanten und tatsächlich saß Levi da und starrte zu uns rüber. Sein Blick war eisig kalt und ich sah sofort wieder weg.

Es verletzte mich tatsächlich ein wenig, dass er so war. Ein kleinwenig wünschte ich, dass es wieder so wurde, wie es vor Chris Auftauchen war, doch ich wusste nicht, ob das jemals wieder möglich sein würde...

Levi x Reader ~Another Life~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt