DIEZ

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DIEZ:

Kennt ihr den Moment, wenn ihr in der Dusche steht, gerade das Wasser anmachen wollt und plötzlich an der Badezimmerdecke schräg über euch eine Spinne entdeckt?
Allerdings nicht so eine kleine dünne, sondern eine von der dicken und behaarten Sorte?
Und genau in diesem Moment ist kein Retter in greifbarer Nähe, sodass ihr wohl oder übel mit eurem neuen „Freund" duschen müsst?

Da es allerdings nichts Schlimmeres gibt, als eine plötzlich verschwundene und sich nicht mehr im Blickfeld befindende Spinne, beobachtet ihr während des Duschvorgangs die ganze Zeit die Spinne mit diesem argwöhnischen und angeekelten Blick?

Genau wie sich die Spinne in diesem Moment fühlen muss, fühlte ich mich ab dem Zeitpunkt, an dem ich auf den Rest der Urlaubsclique in unserer Lobby traf.

Schon ab der ersten Sekunde wurde ich von dem - nebenbei bemerkt in kompletter Golfausstattung eingekleideten - Patrick betrachtet. Argwöhnisch und ganz bestimmt auch ein bisschen angeekelt.

Gekonnt ignorierte ich seinen Blick und die dazu hochgezogene Augenbraue und auch bei dem wissenden Blickwechsel zwischen ihm und Julian tat ich so, als hätte ich überhaupt nichts mitbekommen.

Stattdessen versuchte ich möglichst unauffällig an dem Shirt, welches ich trug, zu schnuppern und den Duft einzuatmen, welchen ich nach den letzten Nächten unter Tausenden wiedererkennen würde.

Gerade als ich dachte, Patrick hätte sich glücklicherweise dazu entscheiden, mein Auftreten nicht zu kommentieren, sondern sich lieber den Golfschlägern widmete, welche er vor sich über den Rasen schob, räusperte er sich kurz, ehe er zu mir meinte: „Interessantes Outfit hast du da fürs Golfen gewählt. Von dem Dresscode auf einem Golfplatz hast du noch nichts gehört oder?"

Ich brauchte nicht zu erwähnen, dass dabei der Blick immer noch der Selbe war, den er mir schon den gesamten Hinweg über zugeworfen hatte und den er nun mit einer hochnäsigen Stimmlage kombiniert hatte.

Noch bevor ich darauf antworten könnte, kam mir allerdings in den Sinn, dass meine Urlaubsbekanntschaft nicht Recht hatte. Ich war nicht erst heute Abend bereit für ein paar Drinks, ich hatte diese bereits jetzt nötig.
Selbst wenn ich dafür mit einem Tischtennisball in irgendwelche Becher treffen musste, hätte ich in diesem Moment alles dafür getan, ein Schluck von einem Bier zu nehmen. Oder eben ein Tequila-Shot, da war ich in diesem Moment nicht besonders wählerisch.

„Also in den Golfclub zu Hause bräuchtest du gar nicht erst so aufkreuzen", ergänzte Julian zustimmend nickend, während er dabei Patrick verschwörerisch anblinzelte.

Mit Mühe und Not schaffte ich es, nicht meine Augen zu verdrehen. Allerdings konnte ich mich nicht zurückhalten, daraufhin leicht pampig zu erklären: „Tut mir leid, dass ich für eine Abifahrt und nicht für einen spießigen Elite-Urlaub gepackt habe."

Doch Patrick hörte mir gar nicht zu, da er zu sehr mit seinem ersten Schlag beschäftigt war. Und vielleicht auch etwas damit, von Kiki dabei angehimmelt zu werden.

Doch Julian wollte die kleine Meinungsverschiedenheit anscheinend nicht enden lassen, da er in meine Richtung antwortete: „Ja, aber man packt doch immer etwas für jede Situation ein. Und Golf spielen zu gehen ist jetzt ja nicht wirklich eine total abwegige Beschäftigung."

Ich kniff angriffslustig meine Augen zusammen und war gerade dabei, dem Freund meiner besten Freundin zu erklären, dass allein meine Anwesenheit auf einem Golfplatz eine komplett abwegige Situation für mich darstellt und ihn im Gegenzug zu fragen, warum es für ihn so abwegig war, dass man die Zeit während der Abifahrt eher in einem Club, als auf dem riesigen Rasenplatz verbrachte, als sich Lorena einmischte.

Lorena mochte Auseinandersetzungen und Stress mindestens genauso gerne, wie ich die Anwesenheit von Spinnen in meiner Dusche: absolut gar nicht.
Deswegen war mir schon die letzte halbe Stunde klar gewesen, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis sie versuchen würde, Harmonie in die erhitzten Gemüter zu bringen.

„Aber es ist doch schon mal toll, dass Lili ein Poloshirt trägt...", erklärte sie mein Outfit - beziehungsweise den oberen Teil davon - als akzeptabel.
Dem konnte natürlich ihr Freund schlecht widersprechen, weshalb er nur ergeben nickte und sich Patrick und dem nächsten Schlag widmete.

Ich hingegen warf Lorena einen dankenden Blick zu. Auch ich war kein Fan von Drama, allerdings schafften die Jungs es wirklich jedes Mal, mich mit einem abfälligen Satz direkt auf 180 zu bringen.

„Apropos T-Shirt", zwinkerte meine Freundin mir verschwörerisch zu, nachdem sie noch einmal mein Outfit betrachtet hatte „Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht dir gehört. Ich bin mir sogar so sicher, dass ich darauf meinen Studienplatz verwetten würde..."

Ich grinste sie nur an und meinte: „Das ist jetzt auch nicht wirklich eine Kunst zu erkennen, dass das eigentlich nicht Teil meines Kleiderschrankes ist."

Lorena kicherte daraufhin während ich nur den Kopf schütteln konnte. Nicht nur, dass Polo-Shirts wirklich das letzte Kleidungsstück waren, welche den Weg in meine Garderobe finden würden, auch die Tatsache, dass es dunkelrot und nicht wie üblich in schwarz gehalten war, würde sogar meinem fast erblindeten Opa direkt auffallen.

„Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Von wem ist das Shirt?", bohrte Lorena nach während sie gar nicht erst versuchte ihre Neugierde zu verstecken.

„Von einer ... Bekanntschaft, ok?", raunte ich ihr zu, da ja nicht der gesamte Golfplatz über meine nächtlichen, nicht gerade jugendfreien Aktionen Bescheid wissen musste. Zudem wollte ich auch vermeiden, dass ich daraufhin von den Herren der Schöpfung, welche gerade fachmännisch über die Flugbahn des Golfballes beratschlagten, als würde der Weltfrieden davon abhängen, die nächste abfällige Bemerkung gedrückt bekam.

Dass diese Erklärung für meine überaus neugierige Freundin nur ein Sandkorn in der Wüste darstellte, merkte ich daran, dass sie mir ihre gesamte Aufmerksamkeit zuwandte und weiterfragte: „Wie habt ihr euch kennen gelernt? Wie sieht er aus? Und wie heißt er?"

„Willst du nicht wissen. Ziemlich gut. Und das ist doch jetzt wirklich unwichtig", beantwortete ich ihre Fragen, mit denen sie mich wie aus der Pistole geschossen bombardierte.

„Ach Lili, jetzt tu mal nicht zu geheimnistuerisch. Wenigstens den Namen kannst du mir doch verraten", bettelte sie um weitere Informationen, was mich einen ziemlich verzweifelten Gesichtsausdruck aufsetzen ließ.

Nicht, weil ich diese Information unbedingt vor ihr geheim halten wollte, sondern weil ich immer noch nicht seinen Namen wusste. Tatsächlich war mir diese Tatsache bereits gestern Abend aufgefallen, als mich das gegnerische Team nach unserem Team-Namen gefragt hatte, allerdings war ich dann wohl doch zu sehr von seinem Anblick und seinen Berührungen abgelenkt gewesen, sodass ich diese Frage komplett vergessen hatte.

Gerade als ich mir gedanklich im Kopf eine Notiz darüber machte, dass ich das vielleicht einmal ansprechen sollte, wenn ich schon den ganzen Tag in seinem T-Shirt durch die Weltgeschichtge rannte, als Lorena weiter fragte: „Erzählst du mir seinen Namen und wie ihr euch kennengelernt habt, wenn was zwischen euch läuft?"

Und nachdem ich sie mit hochgezogener Augenbraue angesehen hatte, ergänzte sie: „Also wenn es etwas erster geworden ist?"

Daraufhin konnte ich beruhigt nicken.
Aus dem Grund, da wir ja ganz genau abgeklärt hatten, dass es niemals ernst werden würde. Dass sich niemand Hoffnungen machen und dass niemand enttäuscht darüber sein würde.

Auch wenn ich es mittlerweile fast ein bisschen bereute, ihm dieses Versprechen gegeben zu haben.

to do list (Louis Tomlinson fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt