DOS

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DOS:

~ Lilians point of view ~

Euphorisch pfiff ich „Vamos a la playa" vor mich hin, während ich meinen Rollkoffer hinter mir her zog und schnellen Schrittes durch die große Halle des Flughafens eilte.

Zudem konnte ich mir das übermütige Grinsen einfach nicht verkneifen.

Doch es lag nicht an meinem überirdischen Strahlen, welches ich im Gesicht hatte, dass die anderen Reisenden, welche mir entgegenkamen oder mich hektisch überholten, mich neugierig musterten.
Viel mehr lag es an der langen Kette aus Plastikblumen, welche ich mir um meinen Hals geschwungen hatte. Dazu kam noch die knallrote Sonnenbrille in Herzform, die in meinen Haaren steckte und meine nichtvorhandene Frisur, bestehend aus einem Dutt, welcher starke Ähnlichkeit mit einem Vogelnest hatte, komplettierte.

Auch in Kombination mit meinem T-Shirt, auf welchem in Neonfarben das diesjährige Abimotto aufgedruckt war und einer nicht ganz so alltagstauglichen, aber dafür höchstbequemen Jogginghose, konnte man mir wohl aus 10 Metern Entfernung schon ansehen, dass es für mich nicht auf Studienfahrt oder Geschäftsreise ging.

„Ah da ist sie ja", hörte ich schon eine weibliche Stimme quietschte, je näher ich an den Schalter kam, der meinem Ziel entsprach.
Sobald dieser in Sichtweite kam, sah ich nicht nur die dazugehörigen Personen, sondern vor allem hysterisch winkende Hände.

„Lili, wir sind hier", quietschte meine Freundin Lorena und musste dabei von Kiki, der Dritten im Bunde beschwichtigt werden, damit sie nicht noch auf der der Stelle auf und ab hüpfte.

Grinsend ging ich auf meine Mädels zu, allerdings nicht ohne zwei weitere Blumenketten aus meinem Rucksack zu ziehen.

„Hey hey...", lachte ich ihnen entgegen, bevor ich die Beiden in eine Gruppenumarmung zog und sie einmal durchknuddelte.
Anschließend ließ ich es mir natürlich nicht nehmen, ihnen möglichst feierlich die Blumenketten zu überreichen.

Noch bevor ich allerdings dazu kam, auch noch die Sonnenbrillen in Herzform in den Tiefen meines Rucksacks zu suchen, sah ich zwei Jungs, welche sich zu unserer kleinen Gruppe gesellten.

„Süß, dass ihr eure Freundinnen zum Flughafen bringt. Aber keine Sorge, wir sind ja nur eine Woche weg und ich verspreche euch, gut auf sie aufzupassen", lachte ich die beiden Neuankömmlinge an.
Allerdings bereute ich meine Aussage schnell wieder, da das ausdrücklich als Abifahrt gedacht war und ich aus diesem Grund lieber keine leeren Versprechungen machen sollte.

„Naja", druckste Lorena ein bisschen herum, während die Blumenkette, welche sie sich - sehr zu meiner Entrüstung - noch nicht angezogen hatte, von ihrem Freund Julian mit skeptischem Blick beobachtet wurde.

Um Julian zu beschreiben, reicht es eigentlich aus, sein Studienfach zu erwähnen. Er studierte seit einem Jahr BWL und auch wenn ich das vorher nicht gewusst hätte, hätte ich es auf Anhieb richtig erraten.
Er sah genauso aus, wie man sich einen schmierigen Typ vorstellte. Von Kopf bis Fuß in Lacoste eingekleidet. Nicht zu vergessen war natürlich der Kaschmir Pullover, welcher er sich um die Schultern drapiert hatte und vor seiner Brust durch die beiden Ärmel mit einem lockeren Knoten befestigt. Kurzum: er sah aus, als hätte man ihn von einem geschäftlichen Mittagessen mit Kunden im Golfclub gekidnappt und hier am Flughafen wieder frei gelassen.

„Ach, sie weiß es noch gar nicht?", hakte nun auch Patrick nach, welcher Kiki besitzergreifend den Arm um die Schultern gelegt hatte. Das allerdings erst nachdem er ihr die Kette abgenommen und sorgfältig in seinem Rucksack verstaut hatte.

Patrick studierte Jura und wenn ich sage, Justus wäre die bessere Namenswahl für ihn gewesen, dann meine ich das auch so.
Er kommt aus gutem Hause und lässt es sich normalerweise nicht nehmen, einem diese Tatsache unterschwellig unter die Nase zu reiben. Das war auch schon der Grund, weshalb ich mich bisher von den Freunden meiner besten Freundinnen weitestgehend fern gehalten und möglichen Kontakt vermieden hatte.

Ein weiterer Grund könnte natürlich auch darstellen, dass ich als Dauersingle nicht als das fünfte Rad am Wagen durchgehend den Turteltäubchen dabei zu sehen wollte, wie sie sich gegenseitig abknutschten.
Aber hauptsächlich war der Grund, dass ich mit den beiden Schnöseln einfach nicht auf der selben Welle war. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass wir uns nicht einmal im selben Gewässer befanden.

„Was weiß ich noch nicht?", fragte ich nach und war direkt gespannt darauf, was sich meine Freundinnen als Einstimmung für unsere Abifahrt ausgedacht hatten.

Lorena tauschte daraufhin einen hilfesuchenden Blick mit Kiki aus, welche sodann auch das Zepter in die Hand nahm und mich aufklärte: „Die Jungs fliegen mit uns gemeinsam in Urlaub..."

Nachdem sie diese Worte ausgesprochen hatte, sah sie mich zweifelnd an, so als wüsste sie nicht, ob ich gleich grinsen oder doch eher ausrasten würde. Tatsächlich wusste ich im ersten Moment selbst nicht, wie meine Reaktion ausfallen würde. Nach der ersten Sekunde, welche ich in Schockstarre verbracht hatte, wollte ich allerdings wirklich nur noch ausrasten.

Einzig die gute Erziehung, welche ich genossen hatte, hielt mich zurück hier mitten im Terminal des Flughafens den Aufstand des Jahrhunderts zu veranstalten.

„Aber das ist UNSERE Abifahrt...", zischte ich und musterte dann erst Kiki, bevor mein Blick zu Lorena huschte, welche dem Blick gar nicht erst standhalten konnte.

Kiki druckste stattdessen erklärend herum: „Ja aber die Jungs haben noch einen Flug bekommen und in dem Hotel war auch noch was frei...und es ist doch schön, wenn wir mehr Leute sind. Je mehr, desto besser ... oder?"

Ihr unbeholfenes Lachen wurde durch meinen wütenden Blick unterbrochen.

„Das ist unsere Abifahrt. Die Beiden haben nicht einmal dieses Jahr Abi gemacht", murrte ich, wobei selbst ich wusste, dass das nicht das eigentliche Problem war.

Das eigentliche Problem war, dass ich mir die letzten zwei Jahre einen abgekellnert hatte, um diese Reise finanzieren zu können. Jeden Cent Trinkgeld hatte ich auf die Seite gelegt. Ich hatte auf kostspielige neue Klamotten verzichtet, da ich immer im Hinterkopf hatte, dass ich das Ganze für die aufregendste Woche meines Lebens gemeinsam mit meinen besten Freundinnen tat.

Und wofür hatte ich das Geld jetzt ausgegeben? Um als fünftes Rad am Wagen einen Urlaub mit zwei zusätzlichen Spießern zu verbringen.

Ich seufzte, da mir bewusst wurde, dass ich meine Träume von Strandpartys und Kneipentouren mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit vergessen konnte.

Mittlerweile hatte Lorena ihre Worte wieder gefunden. Schüchtern lächelte sie mich an, als sie sagte: „Der Urlaub wird bestimmt toll. Du musst auch keine Angst haben, dass du das fünfte Rad am Wagen bist, darauf passe ich schon auf."

Nachdem auch Kiki mir einen entschuldigenden Blick zugeworfen hatte, war ich wenigstens so weit besänftigt, dass ich nicht mehr das Gefühl hatte, den ganzen Flughafen zusammen schreien zu müssen.

Resigniert seufzte ich auf. Ändern konnte ich die Situation jetzt sowieso nicht mehr. Der Urlaub war bereits bezahlt und ich stand mit gepackten Koffern am Flughafen.
Ich konnte ja versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.

Doch als Patrick auf seine Uhr zeigte, welche mit Sicherheit die Hälfte meines Urlaubsbudgets schlucken würde, und uns streng zum Aufbruch anmahnte, war ich mir sicher, dass das Beste der Situation immer noch Schlechter als katastrophal sein würde.

to do list (Louis Tomlinson fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt