CINCO

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CINCO:

„Wo sind wir hier überhaupt?", fragte ich meine neue Bekanntschaft, nachdem er mich über die Strandpromenade geführt und nach einem kurzen Kontrollblick auf sein Handy mich in einen der Clubs gelotst hat.

Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich mir auf dem Weg nicht mindestens ein Mal darüber Gedanken gemacht hatte, dass es wirklich nicht besonders klug war, in einem fremden Ausland mit einer mir fremdem Person einfach mitzulaufen.
Aber irgendwie hatte das Ganze einen Geschmack von Abenteuer und genau das sollte eine Abifahrt auch sein.
Dies war der Grund, dass ich jegliche Bedenken in die letzte Ecke meiner Gedanken schob und einfach wie selbstverständlich mitlief.

Mittlerweile hatten wir es sogar geschafft, uns zwischen den vielen Menschen, die eng aneinander gedrängt auf der Tanzfläche zu finden waren, hindurchzuquetschen und waren letztendlich sogar an der Bar angekommen.

Dort wurden dann von meinem Anhang ohne jegliche Absprache einige Gläser Tequila geordert, welche nun aufgereiht vor uns standen und nur darauf warteten, von uns in den Rachen gekippt zu werden.

„Keine Ahnung", erwiderte er mit lauter Stimme und versuchte somit den Beat der Musik zu übertönen, was ihm sogar recht gut gelang.

„Dafür, dass du keine Ahnung hast, bist du aber sehr zielstrebig in diesen Club hineingelaufen", hakte ich nach, da ich mir mittlerweile ernsthafte Gedanken darüber machte, ob ich in weniger als einer Stunde ein Kidnapping-Opfer darstellte.
Warum ich der mir immer noch fremden Person blind vertraute, wusste ich selbst nicht.

Er verdrehte die Augen, während er antwortete: „Meine Schwester hat mit für den Fall, dass ich fast vor Langeweile sterben würde, ihre Lieblingsspots geschickt. Sie macht hier in der Gegend mittlerweile jedes Jahr Urlaub und hat quasi die Insider-Tipps."

Während er das sagte, beugte er sich näher zu mir heran, damit ich in trotz der lauten Musik, welche aus den Boxen dröhnte, besser verstehen konnte. Ich konnte nicht anders, als seinen Duft einzuatmen und war fast schon wieder etwas enttäuscht, als er wieder etwas Abstand zwischen uns brachte.

„Na dann, auf deine Schwester", ich hielt eines der vielen durchsichtigen Shot-Gläser hoch und prostete dem Unbekannten zu.

Dieser tat es mir gleich und grinste: „Auf Lottie."

Dann kippte er seinen Kopf in den Nacken und somit den Shot in den Rachen.
Sobald auch ich das Glas gelehrt und wieder einmal gemerkt hatte, dass Tequila absolut nicht zu meinen Favoriten gehört, schob er mir auch schon die Hälfte der übrig gebliebenen Shots zu und grinste nur.

„Dir ist bewusst, dass Punkt 1 auf der Liste tanzen und nicht sich betrinken war", protestierte ich, als sich die kleine Stimme in meinem Hinterkopf wieder meldete und meinte, dass ein Kidnapping-Opfer nur noch von einem betrunkenen Kidnapping-Opfer übertroffen wurde.

Gleichzeitig schüttelte ich innerlich fassungslos den Kopf darüber, dass das mit der Liste wirklich von mir ernst genommen wurde und ich sie nicht sofort in den Müll geschmissen hatte, wie ursprünglich geplant.

„Dir ist bewusst, dass hier das tanzen mehr Spaß macht, wenn man etwas getrunken hat", wurde mir zugezwinkert und somit mein Protest im Keim erstickt.

Mit einem Blick über die schweifende Menge wurde mir klar, dass sämtliche Menschen um mich herum bereits das ein oder andere Getränkt intus hatten und sich deswegen lachend und hemmungslos bewegten.
Nachdem auch ich mich noch einmal daran erinnert hatte, dass dies meine Abifahrt war und ich die restliche Woche mit ziemlicher Sicherheit nichts außer die Poollandschaft unseres Hotels erleben werde, griff ich entschlossen nach dem nächsten Glas und kippte auch dieses herunter.

Schneller als gedacht waren alle Gläser vor uns leer und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich würde den Alkohol nicht langsam etwas merken.

Doch noch ehe ich anmerken konnte, dass wir uns vielleicht um eine essenstechnische Grundlage kümmern sollten, wurde ich schon an der Hand gepackt und auf die Mitte der Tanzfläche gezogen.

Sein Duft stieg mir sofort in die Nase, als er sich wieder zu mir beugte und sagte: „Und jetzt schauen wir mal, dass wir den ersten Punkt abhakten können."

Dann begann er zu tanzen und auch ich ließ es mir nicht nehmen, meine tänzerischen Fähigkeiten auszupacken.

Dabei merkte ich, dass der Fremde Recht hatte: Ohne die große Anzahl von Shots in der kurzen Zeit würde ich nichts einfach so bedenkenlos loslassen und hier beschwingt auf der Tanzfläche tanzen.

Auch musste ich seiner mir noch unbekannteren Schwester Recht geben: Der Club war ein echter Insider-Tipp. Die Musik war super, die Location angenehm und die anwesenden Menschen hatten alle einfach nur Lust auf Party.

Gerade als ich mir eine kurze Verschnaufpause gönnen und meine mir mittlerweile im Necken klebenden Haare richten wollte, erklangen die Töne des nächsten Liedes.
Schon an den ersten Tönen erkannte ich, dass es sich dabei um „Mr. Brightside" handelte, meinem absoluten Lieblingslied.
Schnell verwarf ich den Gedanken an eine Pause und stimmte mit in das Lied ein, da ich selbstverständlich den Text selbst um Schlaf rückwärts singen könnte.

Ein Blick zu meiner Bekanntschaft zeigte mir, dass auch er mir in der Textsicherheit bezüglich diesen Songs in nichts nachstand und dies auch sofort unter Beweis stellte.

Grinsend sangen wir uns gegenseitig an, während wir wie zwei Verrückte auf der Tanzfläche herumhüpften.
Da allerdings auch alle anderen nicht wirklich abgeneigt von der Musikwahl des DJ's waren, vielen wir kaum auf.

Selbst als das Lied zu Ende war, konnte ich nicht aufhören überirdisch von einem Ohr bis zum anderen zu grinsen.
Mein Gegenüber fuhr sich - ebenfalls grinsend - mit einer Hand durch die dunkelbraunen Haare, die danach nur noch mehr in alle Richtungen standen.

„Ich liebe diesen Song", meinte er zu mir und hatte sich wieder zu mir gebeugt, damit ich überhaupt den Hauch einer Chance hatte, ihn zu verstehen.

Zustimmend nickte ich, vor allem aus dem Grund, da ich von der Mischung aus Tequila, seinen blauen Augen, seinem Duft und den Glückshormonen, welche in diesem Moment durch meinen Körper strömten einfach nur benommen war.

Doch diesmal stellte er nicht direkt wieder einen Abstand zwischen uns her, sondern blieb so nah vor mir stehen, dass ich mir unter nüchternen Umständen tatsächlich überlegen würde, ob jetzt der Zeitpunkt der Entführung gekommen war.

Allerdings war ich nicht nüchtern, sodass ich nicht einmal mehr die vielen, um uns tanzenden Menschen wahr nahm, sondern nur noch diese blauen Augen, die sich mit meinen verhakt hatten.

Ich konnte auch nicht sagen, ob es die Person hinter mir war, die mich ausversehen beim Tanzen schubste oder ob es seine natürliche Anziehungskraft war, dass letztendlich meine Lippen auf seinen lagen.

Sofort zog er mich an meiner Taille näher an ihn heran und intensivierte den Kuss.
Er schmeckte nach Tequila, Zigaretten, aber am Meisten nach etwas, das ich absolut nicht zuordnen konnte.

Was ich aber zuordnen konnte, war die Tatsache, dass ich auf keinen Fall damit aufhören wollte.
Als wir uns kurz voneinander lösten, schaute er mir weiterhin in die Augen und ich hoffte inständig, dass die laute Musik das Schlagen meines Herzens  übertönte und er es somit nicht mitbekam.

Gleichzeitig sehnten sich meine Lippen danach, genau da weiter zu machen, wo wir vor wenigen Sekunden aufgehört hatten.

„Das ist eine einmalige Sache, ok?", raunte er mir ins Ohr und ich bekam eine Gänsehaut, als seine Lippen dabei sanft mein Ohr streiften.

Von der ganzen Situation ziemlich benebelt, konnte ich nur nicken.

Und noch ehe ich mir weiter Gedanken darüber machen konnte, wie viele Punkte ich auf der To-do-Liste eigentlich schon abhaken konnte, lagen seine Lippen endlich wieder auf meinen.

to do list (Louis Tomlinson fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt