TREINTA

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TREINTA

"Lili?", erst beim dritten Mal drehte ich mich um. Auch wenn ich mich die vorherigen zwei Male, in denen mein Name gerufen wurde, ebenfalls angesprochen gefühlt hatte, hatte ich mich nicht umgedreht. 

Zum Einen lag das an dem hektischen Treiben um mich herum, was mich denken ließ, ich hätte mich einfach nur verhört oder irgendein Kind wäre von seinen vollbepackten und gestressten Eltern zu sich gerufen worden. 

Zum Anderen hatte allein schon die Stimme solche Emotionen in mir ausgelöst, dass ich gar nicht mehr hätte sagen können, ob sie real oder nur eingebildet war. 

"Hey Lili ...", wurde ich von Louis schief angegrinst, nachdem ich mich in Richtung der Stimme umgedreht hatte.

Unbeholfen hatte er seine Hände in der Hosentasche vergraben, während seine Haare noch verwuschelter lagen, als sonst. 

Insgesamt machte er einen etwas gestressten Eindruck, sodass ich fragte: "Ist alles ok?"

"Klar", lächelte er mich erleichtert an und wuschelte sich noch einmal durch seine nicht vorhandene Frisur. 

Ohne dass ich es wollte, übertrug sich seine Nervosität automatisch auf mich. 

"Wurde dein Flug vorverlegt?", hakte ich stirnrunzelnd nach, um einen weiteren Hinweis darauf zu bekommen, warum er in diesem Moment am Flughafen anwesend war und gerade inmitten von gestressten Familien stand, die allesamt versuchten, ihre Kinder im Zaum zu halten. 

"Nein...", Louis schüttelte den Kopf, während er anfing unruhig mit seinem Fuß auf den grauen Granitboden den Flughafens zu tippen. 

Ich beobachtete ihn einfach dabei mit fragendem Blick und hochgezogener Augenbraue. 

Nach gefühlten Minuten, bei denen es sich eigentlich nur um Sekunden gehandelt hatte, realisierte offenbar auch mein Gegenüber, dass er nun das Wort ergreifen sollte. 

Ich sah, wie er schluckte, bevor er sagte: "Also ich bin eigentlich nur hergekommen..."

Doch noch bevor er weitersprechen konnte, verschwand er aus meinem Blickfeld, da eine komplette Reisegruppe voll mit Mitt-50er sich zwischen uns durchquetschte. 

Dabei schnatterten die Damen so laut, dass es mir unmöglich war, noch etwas von dem zu verstehen, was Louis zu mir sagte. 

Genervt verdrehte ich die Augen. Was hatte ich dem Schicksal eigentlich getan, dass es mit sämtlichen Mitteln versuchte, mir mein Leben zu erschweren? 

"Entschuldigung, wissen Sie zufällig, wo hier der Ausgang ist?", quatschte mich eine der wild kichernden Damen an, sodass ich gezwungen war den Blickkontakt zu Louis zu unterbrechen und ihr meine volle Aufmerksamkeit zu schenken.

"Mensch Petra, woher willst du denn überhaupt wissen, ob die junge Dame deutsch versteht?", klinkte sich eine ihrer Freundinnen ein, woraufhin die beiden erst einmal damit beschäftigt waren, zu diskutieren, ob ich denn deutsch sprechen könnte oder nicht. 

Nachdem ich ein weiteres mal meine Augen verdreht hatte, unterbrach ich die Diskussion indem ich mit genervter Stimme sagte: "Ja ich kann deutsch..."

"Siehst du Brigitte, ich habe es doch gleich gesagt...", bestätigend nickte die Dame, woraufhin beide wieder in schrilles Gelächter ausbrachen. 

Ich hingegen dachte einfach nur darüber nach, wo ich in diesem Moment lieber wäre. Zum Beispiel in Louis' Armen...

"Also junges Fräulein, wo ist denn jetzt der Ausgang?", wurde ich aus meine Gedanken gerissen, die zufällig etwas mit Louis, mir und seinen Armen zu tun hatten. 

"Petra, woher soll das Mädchen das denn wissen?", wurde direkt eine neue Diskussion gestartet. Durch die Menschenmenge hindurch konnte ich Louis einen höchst verzweifelten Blick zuwerfen. Er hingegen schien den Spaß seines Lebens zu haben, denn er grinste über meine Situation ungeniert und streckte mir zu allem Überfluss noch beide Daumen in die Höhe. 

Vermutlich würden meine Augäpfel hängen bleiben, wenn ich noch ein weiteres Mal meine Augen verdrehen würde. Dennoch nahm ich dieses Risiko in Kauf. Dann zeigte ich mit dem Finger in eine Richtung die möglichst weit weg von mir war und sagte genervt: "Der Ausgang ist dort hinten..."

Dann ließ ich die beiden dort stehen, quetschte mich durch die Reisegruppe, zu der sie gehörten hindurch, um endlich wieder in die ozeanblauen Augen blicken zu können. 

Louis lachte immer noch über meine Situation, was ihm direkt einen leichten Schlag meinerseits einbrachte. 

"Hast du alles mit deinen neuen Freundinnen klären können?", gluckste er vor sich hin und ergänzte dann zu allem Überfluss das gerade Gesagte mit der Frage "Habt ihr Nummern ausgetauscht, damit ihr euch wiedersehen könnt?"

"Die will ich garantiert nicht wiedersehen...", murmelte ich trotzig vor mich hin, schluckte dabei allerdings den Teil des Satzes unausgesprochen hinunter, in welchem ich andeuten wollte, dass ihn das allerdings nicht betraf.

Nachdem sich Louis von seinem Lachflash erholt hatte, fuhr er sich abermals durch die Haare, nur um dann das nervöse Tippen auf den Fußboden fortzusetzten. 

"Was machst du denn jetzt eigentlich hier?", stellte ich die Frage von vorhin erneut und verschränkte abwartend die Arme vor meiner Brust. 

Dass ich ursprünglich auf dem Weg zur Toilette war, hatte ich schon komplett vergessen. 

"Ich... also ich wollte...", während Louis noch versuchte die passenden Worte zu finden, wurde er von dem lauten Kreischen eines Kindes unterbrochen. 

Wobei "laut" die Untertreibung des Jahrhunderts war. Vielmehr schrie das Kind so, als würde man es gleich abstechen. 

Es reichte also nicht aus, dass ich schon auf den rechten Ohr einen Tinnitus aufgrund dem wilden Gegacker von Petra und Brigitte hatte, das linke Ohr war nun auch zerstört. Danke für nichts. 

Frustriert schnaufte ich aus, während auch Louis einige tödliche Blicke in Richtung des Geschreis abschoss. 

Doch noch bevor ich mich komplett über die gesamte Situation aufregen konnte, hatte mich Louis auch schon an der Hand genommen und verließ mir mir händchenhaltend das Gebäude am nächstmöglichen Ausgang. 

Dass wir uns gerade in dem Raucherbereich befanden, realisierte ich gar nicht. Ich nahm nur das Gefühl war, was Louis' plötzliche Nähe in mir auslöst. 

Diese Nähe, von der ich gerade noch gedacht hatte, sie nie wieder spüren zu können. 

Nachdem Louis ruckartig stehen geblieben und ich fast schon gegen ihn gestolpert war, standen wir uns jetzt so nahe, dass ich eine vernünftige Funktion meines Gehirns nicht mehr erwarten konnte. 

"Hast du dich also doch dazu entschlossen, mich zu entführen?", fragte ich, obwohl all meine Sinne wie vernebelt waren. 

Louis' darauffolgendes heißeres Lachen verursachte bei mir Gänsehaut am ganzen Körper. 

"Nein", antwortete er immer noch schmunzelnd "Ich wollte mich nur noch einmal richtig von dir verabschieden."


to do list (Louis Tomlinson fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt