ZWEIUNDDREIßIG:
"Und, ist es nicht schön, wieder deutschen Boden unter den Füßen zu spüren?", schwärmte Kiki, kaum dass wir das Flugzeug verlassen hatten.
Meiner persönlichen Meinung nach, konnte ich in der jetzigen Situation nicht einmal den geringsten Hauch von etwas Positivem sehen. Aus "organisatorischen Gründen" konnten wir nicht wie üblich durch einen schmalen Gang vom Flugzeug direkt in den Flughafen laufen.
Stattdessen hatten wir nun das Vergnügen, über das komplette Rollfeld zu laufen.
"Ganz toll", murrte ich sarkastisch zurück, während ich im laufen damit beschäftigt war, mich in meinem eigenen Chaos zwischen Rucksack, Jacke und Kopfhörern zurecht zu finden.
Zu allem Übel hatte es genau in dem Moment, in welchem wir das Flugzeug über eine klapprige Metalltreppe verlassen hatten, angefangen zu regnen, weshalb mir zudem noch dicke Regentropfen ins Gesicht peitschten.
Gott, am Liebsten würde ich gerade auf dem Absatz kehrt machen, wieder in den Flieger steigen und postwendend zurückfliegen.
"Dafür, dass du den ganzen Flug über geschlafen hast, hast du aber noch ganz schön schlechte Laune", stellte Lorena fest, die mich in die Seite stupste, bevor wir beide von Patrick dazu ermahnt wurden, einen Gang zuzulegen. Nicht, dass sein Lacoste-Poloshirt einen Regentropfen abbekommen würde.
Am Liebsten würde ich antworten, dass ich keine Sekunde geschlafen hatte. Dass ich einfach nur wie ermattet in dem unbequemen Flugzeugsitz gehangen hatte und auf die Gespräche über Zukunftsplanung und Aktien einfach keine Lust hatte.
Als mir jedoch mit einem weiteren Windstoß eiskalte Tropfen ins Gesicht prasselten, entschied ich mich dagegen und zog stattdessen Lorena neben mir mit durch die Eingangstür des Flughafens.
Es dauerte gefühlte Stunden bis wir endlich an der Gepäckausgabe angekommen waren. Zudem hatte ich das Gefühl einen halben Marathon durch den Flughafen gelaufen zu sein. Wenn ich morgen Muskelkater oder mindestens ein Ziehen in den Beinen spüren würde, würde mich das definitiv nicht wundern.
"Und, was habt ihr so die nächsten Tage noch vor?", warf ich in die Runde, damit man mir nicht vorhalten konnte, dass ich nicht an einer Unterhaltung interessiert wäre.
Während Kiki nach ihrem Koffer Ausschau hielt, welcher mit großer Wahrscheinlichkeit auch in den nächsten zehn Minuten nicht an uns vorbeifahren würde, antwortete sie: "Das, was jetzt vermutlich jeder macht..."
"Aha?", skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch. Was taten denn jetzt alle? Ganz viel Alkohol trinken, um zu vergessen, dass die beiden Anhängsel wirklich den ganzen Urlaub über anwesend waren? Oder noch mehr Alkohol trinken, um zu ignorieren, dass man diese eine gewisse Person, welche man erst wenige Stunden zuvor gesehen hatte, schon vermisste?
"Sich auf das Studium vorbereiten?", irritiert schaute mich Kiki an, während sie mit einer Stimme auf mich einredete, als würde sie einem Kindergartenkind erklären, dass man nicht auf die Tapete malen durfte.
Als ihr treuer Fan und Partner, nickte Patrick dazu synchron mit dem Kopf mit und zeigte so seine Zustimmung.
Ich nickte verstehend. Das war es also, um was ich mich jetzt zu kümmern hatte. Ich müsste mich für einen Studiengang entscheiden, welcher vielleicht sogar über den weiteren beruflichen Werdegang meines gesamten Lebens bestimmte.
Dabei war ich gerade erst mit der Schule fertig. Wie sollte ich jetzt schon wissen, was ich machen sollte.
Gerade, als ich erwähnen wollte, dass das ja nicht der einzig richtige Weg im Leben war, wandte sich Patrick zu mir: "Lili, auch du wirst dir langsam Gedanken über deine Zukunft machen müssen. Du kannst auch nicht ewig warten, bis du anfängst zu studieren. Außerdem musst du ja immer noch mit einplanen, dass die elitären Studiengänge oftmals länger dauern, als die normalen."
Nachdem diese Worte auch mein Gehirn erreicht hatten, explodierte ich - allerdings nur innerlich. Äußerlich hatte ich absolut keine Lust, mich mit Patrick und seinen weltfremden Ansichten herumzuschlagen.
"Ist das nicht dein Koffer, Kiki?", zeigte ich auf die andere Seite des Bandes, wo die ersten Koffer drauffielen.
Natürlich war der von Kiki weit und breit noch nicht zu sehen. Allerdings wendete ich so geschickt ihre Aufmerksamkeit einem ganz anderen Thema zu und erstickte somit ihre Zustimmung für das gerade eben von ihrem Freund gesagte im Keim.
Während Kiki also verzweifelt nach ihrem noch nicht zu sehenden Koffer schaute, klopfte ich mir innerlich anerkennend für diesen wirklich cleveren Move auf die Schulter.
Meine Freundin suchte immer noch nach ihrem Koffer, welcher vermutlich noch meilenweit von dem Gepäckband entfernt war, als ich mein Handy auf meinem Rucksack fischte und den Flugmodus herausnahm.
Daraufhin gingen am laufenden Band Nachrichten ein: Nachrichten meiner Eltern, dass sie uns einen guten Flug wünschten und ich mich doch bitte melden sollte, sobald wir gelandet waren und unser Gepäck hätten.
Unlustige Bilder, die irgendein Spaßvogel in unsere Klassengruppe geschickt hatte und bei denen sich jeder fragte, warum zur Hölle sie verschickt worden waren.
Und andere Freunde und Bekannte, die nach einem Treffen fragten.
Allerdings blieb ein Chat leer. Ausgerechnet der Chat, bei dem ich mir am allermeisten gewünscht hätte, dass eine Nachricht aufgeploppt wäre.
Mein Herz war wenig überrascht über die Tatsache. Immerhin war sowohl Louis, als auch mir klar gewesen, dass es sinnlos war nach der ganzen Urlaubs-Sache noch in Kontakt zu bleiben. Dass der Kontakt immer weniger werden würde, bis jeder sein Leben weiterleben und sich nicht mehr melden würde, wollte wir beide nicht.
Zu schmerzhaft wäre es für mich gewesen, doch noch einen Funken Hoffnung zu haben, welcher dann irgendwann erlöschen würde.
Ja, mein Kopf hatte mit nichts anderem gerechnet. Allerdings machte mir mein blödes Herz mal wieder einen Strich durch die Rechnung.
Schon allein beim Anblick seines Profilbildes wummerte es heftig in meiner Brust, nur um sich kurz darauf schmerzhaft zusammenzuziehen, als es realisiert hatte, dass da keine neue Nachricht war.
"Da hinten ist er! Das ist meiner!", ich zuckte zusammen, als Kiki plötzlich anfing hysterisch mit den Armen zu wedeln und auf einen heranfahrenden Koffer zu zeigen.
Noch ein letztes Mal noch starrte ich auf den leeren Chat, in welchem sich innerhalb der letzten zehn Sekunden rein gar nichts verändert hatte.
Dann versuchte ich das Ziehen in meiner Brust zu ignorieren, warf mein Handy zurück in den Rucksack und widmete mich meinem Koffer, welcher nur darauf wartete, von mir von dem Band heruntergezogen zu werden.
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to do list (Louis Tomlinson fanfiction)
FanfictionLili möchte einfach nur mit ihren beiden Freundinnen auf Abifahrt gehen und die Zeit genießen. Blöd nur, dass die Beiden viel lieber die Seele baumeln lassen und sich dem Sightseeing widmen möchten, anstatt das Nachtleben zu genießen. Doch was ist...