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29.01.2020
Han Jisung
Entgegen allen Erwartungen konnte es auch mal vorkommen, dass es auf der Gefängnisinsel, auf welcher sich das District 9 befand, nicht stürmte. Jisung hatte bereits erfahren, dass dies sehr selten passierte. Selbst für Januar war der heutige Tag recht mild. Die Sonne schien und der Himmel war wundervoll blau, zumindest hatte Minho dies behauptet, als er Jisung an diesem Vormittag aus dem Bett gezogen hatte. Der Jüngere hatte ihn ungläubig angesehen. Er konnte es nicht wirklich wahrhaben. Jisung hatte versucht, sich daran zurückzuerinnern, wann er das letzte Mal die Sonne gesehen hatte. Leider glaubte er, dass sein Leben schon seit einer gefühlten Ewigkeit grau und dunkel war.
Umso überraschter und auch überrumpelter war er, dass Minho ihn hastig aus der Zelle gezogen hatte, als sie sich soweit für den Tag fertig gemacht hatten. Jisung kam immer noch nicht mit der Tatsache klar, wie sehr sich Minho um ihn bemühte. Selbst der geringe Körperkontakt, den sie hin und wieder teilten, machte dem Jüngeren nicht mehr so viel aus. Es war wirklich angenehm, wie Minho ihn an der Hand durch einen für ihn unbekannten Gang zog.
„Wo gehen wir hin?", fragte Jisung immer noch ein wenig müde und gähnte leise, während er die Rückseite des Älteren musterte. Minho war unglaublich. Jisung hätte nie gedacht, dass er so über seinen Zellengenossen denken würde. Es war für ihn immer noch unvorstellbar, dass dieser junge und gutaussehende Mann ein Auftragskiller war oder gewesen war.
„Wir werden rausgehen und endlich mal frische Luft schnappen.", antwortete Minho und führte sie zu einer großen Tür. Neben dieser befand sich eine Art Kabinett mit einem Fenster. Minho ließ Jisung's Hand anschließend los, was den Jüngeren etwas frösteln ließ. Es war schade. Er hätte gerne weiter diese sanfte Hand festgehalten.
Kurz klopfte Minho an der Tür, welche nach wenigen Sekunden geöffnet wurde. Genervt blickte ihnen ein junger Wachmann an.
„Wir wollen raus.", meinte Minho direkt und erhielt eine eher giftige Antwort.
„Ja, ja. Das wollen sie heute doch alle... Blablabla..."
Minho verdrehte seine Augen, während Jisung den Wachmann mit den hellbraunen Haaren musterte, dieser schien sich kurz darauf etwas auf einem Klemmbrett zu notieren und warf Minho zwei dicke graue Anoraks zu. Dann wurde die Tür wieder lautstark zu geschlagen.
„Ist unser Donghyuck nicht herzallerliebst?", gab Minho sarkastisch zurück, warf sich einen der Wintermäntel über und hielt Jisung den anderen offen bereit. Ein bisschen erröteten die Wangen des Jüngeren und steckte seine Arme in die Ärmel. Minho half ihm die Jacke anzuziehen und stellte sich dann vor den Jüngeren, um ihm den Reißverschluss bis zum Kinn hochzuziehen.
„Dann gehen wir mal auf den Innenhof.", motivierte Minho ihn und öffnete anschließend die Tür nach draußen. Leicht nickte er Jisung zu, damit dieser vorgehen sollte. Mit vorsichtigen Schritten verließ er das Gebäude. Zu Beginn befand er sich im Schatten, bis er endlich in der prallen Sonne stehen blieb. Schützend streckte er seine linke Hand vor die Sonne, da er stark geblendet wurde. Er spürte die wundervolle Wärme auf seiner Handfläche, welche sich von dort über seinen gesamten Körper ausbreitete. Es war ein schönes Gefühl, welches er schon wirklich lange nicht mehr gehabt hatte. Der frische Wind wehte angenehm und zerzauste seine Haare leicht. Im Hintergrund hörte er Stimmen, sowie das Geräusch eines Basketballs, welcher immer wieder auf dem Boden aufkam. Es fühlte sich irgendwie alles so richtig und für einen kurzen Moment ganz normal an. Ohne das Jisung es merkte, erschien ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen, welche sich kurz öffneten, um ein leises Lachen erklingen zu lassen. Es klang wahrscheinlich für die Außenstehenden, wie ein unbeschwertes Lachen, welches man von Kleinkindern kannte. Es war glockenhell.
