Akt X

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11.01.2020

Kim Seungmin

„Brenn, Baby, brenn.", hauchte Seungmin und warf weitere Dokumente in das flackernde Feuer seines Kamins. Ein Zettel nach dem anderen fand seinen Weg in die Flammen. Fasziniert beobachtete der Psychologe das Schauspiel des Feuers, wie sich das Papier langsam schwarz färbte und immer weniger wurde.

„Das ist unser kleines dreckiges Geheimnis...", kicherte er und warf seine Hochzeitsurkunde in die Flammen. Es war schon längst überfällig gewesen. Endlich vernichtete er die letzten Dokumente, die ihm geblieben waren. Niemand sollte jemals davon erfahren. Es würde ihm nicht nur seinen Job kosten, sondern auch seine Liebe.

„Ich liebe ihn.", hauchte Seungmin und warf ein Dokument in das Feuer.

„Ich liebe ihn nicht."

Ein weiteres Dokument ging in Flammen auf.

„Ich liebe ihn."

Der letzte Beweis, der in Papierform existierte, ging in Flammen auf. Seungmin drehte nachdenklich seinen Ehering an seinem Ringfinger. Sollte er auch diesen vernichten? Nein, es würde ihn nur traurig machen. Er würde es nicht übers Herz bringen.

Sein Blick ging zum Fenster. Dunkelheit. Der Wind peitschte den Regen gegen die Scheibe. Ein kalter Schauer kroch über Seungmin's Rücken und ließ sich nach hinten auf den flauschigen Teppich fallen. Seine Augen starrten an die Decke. Nur das Kaminfeuer erhellte flackernd den Raum. Seungmin dachte an den kommenden Morgen. Er würde mal wieder eine Sitzung mit Hyunjin haben. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Federleicht strich er sich über seinen malträtierten Hals. Es war alles so aufregend. So aufregend, dass Seungmin gar nicht bemerkte, wie seine Hand in seiner Hose verschwand. Stöhnend schloss er seine Augen.

„Hyunjin~"

∞Матрёшка∞

„Alles gut bei dir? Du siehst so müde aus.", erkundigte sich Woojin fragend. Seungmin merkte sofort, dass der Wachmann bloß diesen Zustand anmerken wollte und nicht wirklich Sorge gegenüber dem Psychologen empfand. Seungmin hatte auch nichts anderes erwartet. Menschen interessierten sich selten für ihn und er interessierte sich nicht für sie. Es war schon beinahe lächerlich, dass gerade jemand wie er Psychologe geworden war.

Mit einem leisen Seufzen setzte sich Seungmin an den Tisch im Sozialraum und sah zu seinem Gegenüber. Woojin hob erwartungsvoll eine Augenbraue, während der Psychologe einen Schluck von seinem Kaffee erstmal nahm.

„Dir auch einen schönen guten Morgen.", gab Seungmin sarkastisch wieder. Er wurde nicht einmal begrüßt.

„Und?", hakte Woojin nach, „Guten Morgen."

„Ich bin spät ins Bett gekommen, weil ich noch etwas gelesen habe.", antwortete der Psychologe und lehnte sich gegen die Stuhllehne.

„Schon wieder irgendeine Fachzeitschrift?"

„Nein, ein Thriller.", begann Seungmin zu berichten, „Es handelt von einem Pärchen. Sie lieben sich sehr. Es ist schon beinahe kitschig, aber dann wäre beinahe einer der beiden Personen etwas schlimmes passiert, weshalb die andere Person einen Mord begeht."

„Das klingt tragisch. Was ist mit der Person passiert, die den Mord begangen hat?", erkundigte Woojin sich neugierig.

„Das weiß ich nicht, soweit habe ich noch nicht gelesen."

Woojin zuckte mit den Schultern und verzog leicht sein Gesicht. Seungmin richtete seinen Blick aus dem Fenster. Eisregen fiel hinab. Der Psychologe sah an sich hinab. Er trug bereits den weißen Kittel. Schneeweiß und rein. So rein wie diese Farbe würde Seungmin nie sein können, dafür war er bereits viel zu dreckig geworden. 

∞Матрёшка∞

Desinteressiert lag Seungmin's Blick auf seinem Patienten. Ein Kleinübeltäter. Diebstähle hier und da. Köperverletzung hin und wieder. Nichts Ausgefallenes. Kein Psycho. Kein Mörder. Langweilig und doch musste sich Seungmin die bemitleidenswerten Worte des anderen anhören. Leicht tippte der Psychologe mit seinem Kugelschreiber auf der Akte herum. Er sah auf die Blätter hinab.

„Hast du schon mal darüber nachgedacht, es vielleicht zu beenden?", nuschelte er leise und sah in die erschrockenen Augen hinauf.

„W-Was h-haben Sie gesagt, Dr. Kim?", stotterte der Häftling ängstlich. Armselig, dachte Seungmin und musste sich ein gemeines Grinsen verkneifen.

„Ich habe gefragt, ob du schon mal darüber nachgedacht hättest, es mit Antidepressiva auszuprobieren.", tarnte der Psychologe seine vorherigen Worte. Er sah wie sein Gegenüber an seinem eigenen Verstand begann zu zweifeln. Am liebsten hätte Seungmin laut losgelacht, aber er hatte den anderen definitiv auf eine Idee gebracht. Vielleicht würden sie demnächst weniger Arbeit haben.

„N-Nein...", entfloh es dem Häftling, während Seungmin etwas in die Akte schrieb.

„Wir werden es beim nächsten Mal besprechen, ja?", hakte der Psychologe nach, „Unsere Zeit ist für heute vorbei."

Leicht nickte der andere und erhob sich vom Stuhl, um den Raum anschließend stumm zu verlassen. Leise seufzte Seungmin und rieb sich seinen Nasenrücken. Gott, war das langweilig, dachte er und schob die Akte beiseite und nahm sich zwei andere zur Hand. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Das könnte interessant werden.

Ein leises Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken.

„Herein.", antwortete laut. Die Tür wurde geöffnet und der blonde Australier betrat den Raum.

„Schön, dass du heute schon kommen konntest, Yongbok."

Amüsiert beobachtete Seungmin, wie Felix angesäuert sein Gesicht verzog. Er konnte es wirklich überhaupt nicht ausstehen so genannt zu werden. Knapp begrüßte der Australier den Psychologen mit seiner typisch tiefen Stimme. Seungmin begriff einfach nicht, wie jemand so eine Stimme haben konnte.

„Setz dich doch.", bat der Psychologe und blickte Felix unablässig an, „Was hältst du davon, wenn Changbin heute ebenfalls an der Sitzung teilnimmt?"

Felix' Gesicht hellte sich kurz auf und Hoffnung wurde in den Augen sichtbar. Ein Nicken folgte. Zufrieden rieb sich Seungmin seine Hände unter dem Tisch, als auch schon die Tür erneut geöffnet wurde und ein Changbin vom Wachpersonal in den Raum verfrachtet wurde.

Das würde ein Spaß werden, dachte sich Seungmin und lächelte selig. Sein Blick fiel kurz auf die Kameras, an welchen die roten Lämpchen nicht mehr leuchteten.

Vielen Dank, Woojin.

Law Of Total MadnessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt