Akt II

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03.01.2020

Kim Woojin

Das Leben kann oft sehr unfair sein. Menschen müssen die Hölle auf Erden durchleben und fragen sich, was sie so Schreckliches in ihrem vorherigen Leben getan haben, dass sie so sehr bestraft werden. Schmerzen sind genau das, was Menschen wie Kartenhäuser zusammenfallen lassen. Schmerzen im Körper. Schmerzen im Kopf.

Woojin verschränkte seine Arme vor seiner Brust und blickte von der Galerie hinab in den Eingangsbereich des Gefängnisses. Ein neuer Häftling wurde hineingebracht. Neugierig musterte der leitende Wachmann seinen neuen Insassen. Block 2 würde Zuwachs bekommen. Der junge Mann, dessen Gesicht leicht an ein Eichhörnchen erinnerte, sah schwach aus. Er würde es im Block nicht lange aushalten, dachte sich Woojin.

Leises Klappern ertönte als sich Seungmin neben Woojin begab und sich vorbeugte, um sich mit den Unterarmen auf das Geländer zu stützen. Der Blick des Psychologen ging zu dem Neuankömmling.

„Ist das der Neue?", hakte er mit geringer Neugierde nach. Woojin musterte kurz Seungmin, der mit einem Rollkragen seinen lädierten Hals bedeckte. Woojin konnte sich denken, was wieder zwischen Seungmin und Hyunjin vorgefallen war.

„Ja, ist er. Er kommt in Block 2.", bestätigte der Wachmann und sah wieder auf den neuen Insassen. Seungmin schnaubte leise.

„Er sieht jämmerlich aus. Schwacher Wille, das sehe ich sofort, da muss ich nicht mal mit ihm gesprochen haben.", begann der Psychologe herablassend, „Was weiß du über ihn?"

„Sein Name ist Han Jisung und wurde wegen Mord verurteilt. Ich habe gehört, es soll ein ziemliches Drama im Gerichtssaal gewesen sein. Er wurde regelmäßig von seinem Stiefvater vergewaltigt und das eine Mal wollte er sich wehren. Er hatte ihn von sich geschupst. Der Mistkerl war gestolpert und mit dem Kopf gegen die Kante der Kücheninsel gestoßen. Sofort tot."

„Was für ein Scheiß? Das war Notwehr. Wieso wurde er dann verurteilt?", hakte Seungmin weiternach. Langsam schien ihn dieser Fall doch zu interessieren. Woojin dachte kurz nach, als ihm einfiel wie das Urteil gefallen war.

„Seine eigene Mutter war die Klägerin. Sie hatte wohl mehr für diesen Typen übriggehabt als für ihren eigenen Sohn. Sie hatte den Richter und alle verantwortlichen Instanzen mit ausreichend Geld geschmiert. Sie wollte ihren Sohn loswerden. Er ist unschuldig und von vorne herein das Opfer."

„Jetzt ist er hier, in der Hölle auf Erden. Der arme Junge... Hier wird ihn niemand schützen.", murmelte Seungmin. Sein Mitleid kam nur minimal zur Geltung. Han Jisung war nicht der erste und auch nicht der letzte, der unschuldig in diesem Gefängnis versauern wird.

Woojin seufzte nur leise, während Seungmin sich vom Geländer abstützte und stumm ging. Einen letzten Blick warf der Wachmann auf den Neuankömmling, der nun zur Leibesvisitation geschleppt wurde. Man sah ihm deutlich an, dass er Angst vor der kommenden Prozedur hatte. Er sollte schnell Gefühle wie Scham ablegen, denn diese Leibesvisitation war herablassend. Sie würden ihn zwingen sich komplett auszuziehen und ihn anschließend mit einem Wasserstrahler abgießen. Es würde entgegen aller Erwartungen heiß statt kalt werden. Anschließend würde er seine Gefängniskleidung erhalten, die nur aus dunkelgrauer Hose und T-Shirt bestand.

Es würde für ihn hart werden und das war erst der Anfang.

∞Матрёшка∞

Musternd betrachtete Woojin Jisung, welcher vor ihm stand. Seine Haltung war gebeugt. Er zitterte an seinem ganzen Körper. Seine Augen waren rot angelaufen. Er musste geweint haben. Zurückhaltend und verängstigt hatte er seine Hände vor sich zusammengefaltet. Seine linke Wange sah etwas angeschwollen aus. Wahrscheinlich hatte Jisung nicht sofort auf die Anweisungen des Wachpersonals gehört und hatte mit dem Schlagstock etwas abbekommen. Er sah aus wie ein Häufchen Elend.

Woojin drückte ihm stumm einige Ersatzklamotten und eine Zahnbürste in die Hände. Mit einem Handwinken deutete er Jisung an ihm zu folgen. Der Wachmann drehte sich um und ging voraus. Er wusste, dass von dem Jüngeren keinerlei Gefahr ausging, weshalb er ihm auch seinen Rücken zuwenden konnte. Leise hörte er die Schritte hinter sich, die ihm bestätigten, dass Jisung ihm folgte.

„Willkommen in dem größten und Ausbruch sichersten Gefängnis Südkoreas District 9. Da das hier eine Gefängnisinsel ist, steigt manchen Insassen die Meeresbrise etwas zu Kopf. Pass also gut auf dich selbst auf. Hilfe kannst du hier kaum erwarten. Du bist in Zellblock 2 untergebracht. Dein Zellengenosse ist Lee Minho. Ich würde dir empfehlen, ab sofort mit offenen Augen zu schlafen. Zu deiner Sicherheit...", erklärte Woojin in einem Plauderton und führte den Häftling durch viele Sicherheitsschleusen bis sie vor einer Tür stehen blieben.

„Das ist dein Zimmer. Lass dir von irgendjemanden die Waschräume zeigen oder such alleine danach. Es ist eigentlich nicht schwer, hier alles zu finden. In diesem Block sind nicht so viele Häftlinge, aber dafür hat jeder seinen eigenen Schaden. Du wirst regelmäßig bei unserem Gefängniseigenen Psychologen Dr. Kim erscheinen. Die Zeiten wird man dir noch mitteilen.", meinte Woojin trocken, schloss die Tür mit einer Art Chip auf und hielt die Tür leicht offen, „Es ist bereits spät. Sperrstunde."

Jisung nickte mit gesenktem Kopf und schien zu verstehen. Er sollte nun schlafen gehen. Stumm betrat er den Raum, in dem gedimmtes Licht schien. Woojin wollte bereits die Tür zu ziehen, als sich ein Fuß zwischen den Türspalt drängte. Leicht wurde die Tür wieder aufgedrückt und dunkle Augen blickten Woojin entgegen. Die schwarzen Haare des anderen Häftlings standen leicht ab. Ein finsteres Grinsen zierte seine Lippen.

„Du bringst mir neues Frischfleisch?", erkundigte sich der Insasse mit einer leichten Vorfreude in seiner Stimme. Woojin blickte ernst zu dem anderen.

„Sei bitte ausnahmsweise kein Arsch, Minho. Ich hätte ihn auch nicht gerne gerade bei dir einquartiert, aber es ist allemal besser als bei Hyunjin und Changbin."

„Ja... Hast du ihm gesagt, was ich getan habe?"

„Nein. Er weiß nur deinen Namen.", beschwichtigte Woojin und musterte Minho noch kurz, als dieser kommentarlos die Tür zuknallen ließ.

Woojin tat es zwar nicht selten und er bemühte sich seine Sorgen zu verlieren, aber Jisung als jemand Unschuldigen in einen Raum mit einem Profikiller zu stecken, war vielleicht nicht sonderlich klug gewesen. 

Law Of Total MadnessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt