Gesperrt (3)

95 25 63
                                    

Mittlerweile fand Marianne ihre Idee, das Gerät von der Erde mitzunehmen, nicht mehr so toll.
Das Telefon schien überhaupt nichts zu können, wenn man nicht eine gewisse Zahlenkombinationen eingab.
Man hatte nur drei Versuche und zwei davon hatten Edres und Marianne schon verplempert. Früher, als Marianne noch am Leben gewesen war, waren Telefone noch nicht geschützt gewesen. Wieso man das geändert hatte, wollte das Geistermädchen einfach nicht verstehen.

"Eeedres! Das ist langweilig! So können wir nur dieses Bild mit dem Mädchen, dem Hund und der Katze anstarren. Man kann mit Telefonen viel coolere Sachen machen, ich weiß das! Was sollen wir machen, Edres?", jammerte Marianne neben ihrer Freundin.
Edres zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, war deine Idee. Bevor du fragst, nein! Wir fragen Luri immer noch nicht. Ich meine, vielleicht könnten wir Copper dazu bringen, dass er das entsperrt, aber der will bestimmt was dafür...", entgegnete Edres.

Marianne wäre vor Schreck fast aus der Luft gefallen.
"Copper?! Der unheimlichen Typ aus der Parallelklasse? Das letzte mal als ich ihn um einen Gefallen gebeten habe wollte er eine Haarsträhne zum 'Experimentieren' als Gegenleistung! Vergiss es! Am Ende will er noch... keine Ahnung, aber bestimmt will er was, das nur ein Creep wollen würde.", kreischte der Geist.
"Ich weiß, deshalb frage ich ja. Ich bezweifle, dass er bei mir zu sehr aufmuckt.", meinte Edres und ließ ihre Muskeln spielen. "Klar! Du schüchterst einen Metalldämon ein! Du bist vielleicht stark, aber voll der Angsthase! Der muss nur anfangen seine Klauen rotieren zu lassen und du pinkelst dich ein!"

"Erstens: das stimmt gar nicht, zweitens: selbst wenn es so wäre, wüsste Copper das gar nicht."
"Klaaar! Edres du hast Angst vor allem und das zu bemerken ist keine hohe Kunst."
"Stimmt nicht!"
"Stimmt wohl!"
"Stimmt nicht!"
"...BUH!"
"AHHHH!"
"Ha! Ich hatte recht!", rief Marianne und flog einen Looping.

"Das beweist noch gar nichts! Ich hab nur nicht damit gerechnet.", motzte Edres.
"Siiiicher."
"Ja, sicher!"
"Dann frag ihn doch."
"Mach ich auch!"
"Und wenn du Schiss bekommst, hatte ich recht."
"Okay!"
"Okay."
"Dann los!"
"Wie los?"
"Ja, los. Frag ihn!"
"Was, jetzt?"
"Ja, jetzt, oder hast du doch Angst?"
"Nein hab ich nicht!", rief die Erddämonin, packte das Handy und maschierte los. "Ich hab doch keine Angst vor Copper! Bestimmt nicht!", murmelte sie und stapfte wütend zur nächsten Station des öffentlichen Portalsystemes. Marianne flog kichernd hinter ihr her.

Das Portal nach Aurum, einer Kleinstadt in Nickel, dem Kontinent der Metalldämonen war nicht leicht aufzutreiben, ("Weil da niemand hin will. Warum auch.", kommentierte Marianne), aber letzten Endes schaffte Edres es doch den Portalbeamten dazu zu überreden eines zu öffnen.
("Mit schamlosen Flirten hättest du ihn schneller rumgekriegt.", meckerte  Marianne.)

Aurum war genau wie die beiden es sich vorgestellt hatten: eine hochtechnisierte Kleinstadt, überfüllt mit roboterartigen Metalldämonen. In der Stadtmitte stand ein gigantischer Turm, in dem die Stadtverwaltung und ein Hotel angesiedelt waren.

"Was die mit dem riesigen Teil wohl kompensieren wollen?", fragte Marianne kichernd.
"Wirklich? Peniswitze?"
"Ja, Peniswitze."
"Metalldämonen können sich auch anders fortpflanzen... die brauchen keinen... du weißt schon... das haben wir im Unterricht gelernt.", zischte Edres ihre Freundin an.

"Na und? Schämst du dich denn für Peniswitze?"
"Nein, aber der macht keinen Sinn..."
"Dann sag es."
"Sag was?"
"Penis"
"Sicher nicht."
"Feigling."
"Gar nicht!"
"Dann sag es."
"penis."
"Dein Ernst? Das hab selbst ich kaum gehört. Sag es lauter. Penis!"
"Penis."
"Lauter! PENIS!"
"PENIS!", brüllte Edres und bereute es im selben Moment wieder.

"Was für eine Überraschung. Marianne und Edres schreien Geschlechtsorgane durch meine Heimatstadt.", sagte Coppers mechanische Stimme hinter ihnen. "Gut, dich haben wir gesucht.", sagte Marianne, als hätte sie nicht gerade Penis durch die Stadt geschrien, "Edres hat eine Frage an dich."
Edres warf Marianne einen bösen Blick zu und nickte. "Wir brauchen Hilfe mit etwas, das Marianne geklaut hat."
Copper wirkte aufgeregt. "Gut. Lass uns zu mir gehen, ich kümmere mich darum... für einen Gefallen.", antwortete der Metalldämon, drehte sich um und marschierte los. Edres und Marianne beeilten sich mitzuhalten.

Copper wohnte in einem relativ normalen Haus. Es passte nicht zu einem Creep, dachte zumindest Edres. Die Tür schwang auf sobald Copper sie anstarrte und die drei jungen Dämonen liefen ins innere. Copper führte Edres und Marianne in einen Raum, der offensichtlich sein Zimmer war. Poster von Dämoninen hingen an den Wänden, wissenschaftliche Apparaturen standen auf jeder verfügbaren Fläche, Einmachgläser, in denen Haarsträhnen und ähnliche kranke Tauschware von anderen Schülern schwammen, standen in einem Regal über einem Bett, das wie eine gigantische Actionfigurverpackung aussah, und ein Flauschiger, rostroter Teppich war auf dem Boden ausgebreitet.

Das Zimmer sah schon viel mehr nach Creep aus.
"Also... wobei braucht ihr genau Hilfe?" Fragte Copper und lies sich auf den Bettrand plumsen. "Zuerst will ich wissen, was du dafür willst.", meinte Edres zögerlich. Sie war kein Feigling und sie würde es beweisen!
"Die Spitze von deinem linken Horn, wächst doch eh wieder nach.", antwortete Copper sofort und scheinbar ohne überlegen zu müssen.
"Was?", schrie Edres, "Kannst du vergessen! Das ist total privat! Niemand darf meine Hörner auch nur anfassen!"

"Dann könnt ihr meine Hilfe vergessen."
"Nein. Sag was anderes."
"Nein. Das oder ich petz es... Luri. Ich petz es Luri."
Edres kochte innerlich. Elender Creep! Sie machte einen Schritt nach vorne, hob Copper am Hals hoch und holte aus.
"Sag was anderes oder ich dell dir deine Visage ein du Creep!", brüllte sie, Tränen zurückhaltend. Das war nicht Fair! Er konnte sie nicht einfach erpressen!
Coppers mechanische Augen huschten zwischen Edres wütendem Gesicht und ihrer geballten Faust hin und her. "Okaaaaaay... ich nehme dein Armband...", winselte der Metalldämonen.

Marianne fiel die Kinlade herumter. "Wow."

Edres lies Copper zurück aufs Bett fallen. Das war verrückt gewesen! Wieso hatte sie das gemacht? Langsam streifte sie ihr Armband ab und reichte es Copper, der es mit zitternden Klauen entgegen nahm. "Dabei brauchen wir Hilfe. Es muss entsperrt werden.", meinte sie leise und warf das Handy neben Copper. Der Metalldämonen betrachtete es lange. "Ihr habt nen Menschen beklaut? Krass. Das ist ein Smartphone. Gebt mir einen Tag, dann habe ich es entsperrt.", versicherte er.

Edres nickte, packte Marianne am Handgelenk und zerrte sie aus dem Haus. "Was ein unheimliches Geschöpf..."
"Ja, das hat der sich auch gedacht. Du bist echt kein Feigling, weißt du."

Dämonen im Chat Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt