Kyle: Putzer der Klos, Esser von Donuts, Meister der Zeit (19)

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Man hatte Marianne eine Tüte Gummibärchen gegeben. Klebrige Menschensüßigkriten waren das, mit denen man sie nur hatte ablenken wollen, während man ihr eine garstige Spritze in den Oberarm rammte.
Eine Frechheit!
Zwar begann der Nebel in ihrem Verstand sich nun zu lichten und sie verstand wieder wo und was sie war, aber das Geistermädchen würde einen Teufel tun, das zuzugeben.
Arschige Dämonenjäger mit ihren arschigen Spritzen!
Die konnten ihr gestohlen bleiben!

Auf dem Vordersitz des Autos saß einer von eben jenen Dämonenjägern und regte sich darüber auf, was sie sich wohl dabei gedacht hätten auf der Erde Unfug zu treiben.
Neben Marianne saß Copper und regte sich darüber auf, dass er kein McDonalds bekommen hatte.
Zwischen ihnen stand eine Babyschale in der eine kleine, ramponierte Porzellanpuppe saß, die glücklicherweise die Fresse hielt.
Marianne stopfte sich ein weiteres Gummibärchen in den Mund.
Seit sie gestorben war, hatte die Qualität von Menschensüßigkeiten drastisch abgenommen. Entweder das, oder diese Goldbären fuhren schon seit Jahren in der Tasche der hinterhältigen Dämonenjägerin herum, die Marianne damit abgelenkt hatte.
Woran auch immer es lag, die Teile schmeckten auf höchst wiederwertige Weise nach einer Mischung aus billigem Parfüm und Lockenstab.

Und Marianne wusste aus Erfahrung, wie beides schmeckte.
Ha, nimm das Ronja! Von wegen 'Marianne, du traust dich doch eh nicht das zu essen. Ich wette meine Idhaz-Nuggets, dass dus nicht machst!'
An diesem Tag hatte sie sich an köstlichen Nuggets gütlich getan und das andere Geistermädchen hatte Hunger gehabt.
So ein Pech aber auch.
Wo war sie nochmal mit ihren Gedanken gewesen?
Der junge Dämonenjäger auf dem Vordersitz, neben dem der fuhr, nieste.
Richtig.
Garstige Dämonenjäger!

"Dürfen wir jetzt gehen?", zeterte Marianne und zog vorsichtig an dem Türgriff. Autos hatten sich auch verändert und offensichtlich waren auch sie schlechter geworden, denn die Türe ließ sich nicht öffnen.
Was ein nutzloses Drecksteil!
"Ganz bestimmt nicht.", antwortete der junge Dämonenjäger. Er sah wirklich noch jung aus, höchstens 18, auf keinen Fall schon 21.
"Was hast du denn bitte zu melden, du bist garantiert noch nicht volljährig.", zickte Marianne und zerrte am Türgriff.
"Ich bin 20!", gab der Vordersitzler entrüstet zurück.
"Sag ich doch: nicht volljährig. Sei leise Jungspund und lass den Erwachsenen reden. Dürfen wir jetzt gehen?"
Mittlerweile zerrte sie mit ihrem ganzen Gewicht an dem Griff.

"Die Volljährigkeit wurde auf 18 herabgesetzt. Außerdem hat Timo recht, ihr müsst hierbleiben, bis ihr mit dem Beamten Penbel gesprochen habt.", antwortete der ältere Dämonenjäger säuerlich.
"Ein BEAMTER ist hier?", kreischte Copper panisch.
"Penbel?", haakte Marianne neugierig nach, "Ist das nicht dieser grässliche Langweiler, der in den Nachrichten behauptet hat, dass man nicht bei dem Todesort-Trend mitmachen darf? Der, der dem König so tief in den Arsch gekrochen ist, das er das Licht aus seinem Mund schon wieder sieht?"
Der ältere Dämonenjäger kicherte. "Ja, vielleicht ist er das. Ein Elf. Blaue Haut, grüne Haare. Hat so einen nervigen Ton in der Stimme."

Ein Stöhnen entwich Marianne, die auf dem Sitz zusammensank, als habe man die Luft aus ihr heraus gelassen. "Müssen wir wirklich mit dem reden.", jammerte sie.
"Glauben Sie mir, junge Lady Marianne, mir wäre die Abgeordnete Monetta von Est auch lieber.", antwortete eine Stimme aus der Babyschale zwischen Copper und Marianne.
Bis gerade eben hatte das Geistermädchen das, was darin saß, noch für eine äußerst rissige Porzellanpuppe gehalten.

"Ihr habt ein Wesen?", rief sie nun erschrocken, "Welchem Beschwörerdämon habt ihr das denn abgezogen?"
Der junge Dämonenjäger lachte auf. "Blitz ist Teil der Familie. Pretio von Est gab es bereits meiner Großmutter."
"Pretio? Des war doch so ein reicher Sack, oder?", versuchte Marianne sich zu erinnern.
Sie kannte sich nicht wirklich mit Promis aus. Es grenzte schon an ein Wunder, dass sie den Namen des Königs wusste.
Copper gab ein genervtes Quietschen von sich. "Pretio von Est natürlich, der Beschwörerdämon, der reichste Dämon der ganzen Welt hinter der Welt. Der mit dem Transport- und Handelsimperium.
Pretium est. Das musst du kennen! Keine Chance, das du da noch nie was bestellt hast!", plapperte der Metalldämon los.

Genervt verdrehte Marianne die Augen. "Ach der.", antwortete sie kleinlaut.
Der junge Dämonenjäger, wie hatte der Alte ihn noch gleich genannt, Timo, prustete los. "Als ob du vergessen hast, wer das ist, das ist als würde ich vergessen wer Jeff Bezos ist, oder Elon Musk!"
"Und ich will gar nicht wissen, wer die sind.", schlug Marianne zurück, "Warum kann ich nicht mehr durch Wände gehen? Ich konnte das mal. Ich weiß, dass ich das mal konnte!"
"Da war etwas in der Spritze. Das dämmt deine Fähigkeiten für ein paar Stunden.", erklärte der alte Dämonenjäger und sie konnte sein Grinsen im Rückspiegel sehen. Wieso gab es diesen Spiegel überhaupt. Zu Mariannes Zeit hatte es so einen Schmarrn noch nicht gegeben. Wofür war das überhaupt da? Sicherheit? Lachhaft! Zu Mariannes Zeit war man einfach gestorben, wie echte Mariannes! Die Treppe runter und dann hatte sich das! Jawohl!

"Ihr könnt uns unsere Fähigkeiten wegnehmen?", kreischte Copper stattdessen und schlug sich die Hände mit einem metallischen Klong ins Gesicht. Jammerlappen!
"Nur für ein paar Stunden, keine Sorge.", beschwichtigte der junge Dämonenjäger ihn.
"Wow, und ich dachte, dass könnte nur Kyle.", sprang Marianne dem Gespräch bei. Wieso hatte man sie nur daraus ausgeschlossen?
"Kyle kann das gar nicht.", schnappte Copper mit einem beleidigten Ausdruck auf dem Gesicht.
"Doooooch, kann er!", entgegnete Marianne flink, "Kyle kann alles. Der kann die Zeit kontrollieren, Liebe und Hass erwecken und die Toten zurück holen! Kyle ist unbesiegbar, unantastbar, unverführbar!"
Wütend funkelte Copper sie an.

Jetzt schien auch das Interesse des alten Dämonenjägers geweckt zu sein.
"Wer ist dieser Kyle denn?"
"Er ist...", setzte der Metalldämon an, nur um rüde von Marianne unterbrochen zu werden: "Kyle ist alles und nichts. Der Anfang und das Ende. Der Putzer der Klos, Esser von Donuts, Meister der Zeit und fänger der Herzen! Er ist voll Macht, doch auch Desinteresse. So stark wie 50 Sonnen und so mysteriös wie die tote, kalte Leere des Weltalls!"
"Seit wann bist du denn so poetisch?"
"Copper ich... das hat Edres an die Wand im Klo geschrieben. Hast du das noch nicht gesehen?", gab Marianne zu.

"Wer. Ist. Dieser. Kyle?", fragte jetzt auch Timi oder Timo, oder wie er hieß, besorgt nach.
"Er klingt nach einer selztsam Version des Urdämons Malus.", merkte das Wesen auf die typische emotionslose Art der Wesen an.
"Kyle ist der Hausmeister an unserer Schule. Er ist ein Geist und praktisch die Hälfte aller Schüler vergöttern ihn. Ich weiß nicht wieso, so hübsch ist der gar nicht. Das hält die Wahnsinnigen aber nicht von ihrer Verehrung ab. Ich habe schon zwei Mal geheime Kyle-Schreine gefunden. Und dabei ist da nichts besonderes an dem Typen!", wütete Copper.
"Die Wahnsinnigen? Kyle ist das perfekte Wesen, du bist nur neidisch uuuuund du, DU kannst gar nichts über Wahnsinn sagen. Du versuchst deine Mitschülerinen zu klonen. Für krankes Zeug!", fauchte Marianne beleidigt.

Kurz herrschte Ruhe im Auto. "Der Hausmeister.", murmelte der ältere Dämonenjäger erleichtert, "Es ist der Hausmeister. Und der hat keine besonderen Fähigkeiten?"
"Nein.", antwortete Copper.
"Doch!", kreischte Marianne.
"Er ist ein ganz normaler Geist. Er hat nicht mehr Fähigkeiten als du."
"Er ist ein höheres Wesen! Voll Schönheit und Macht! Voll Süße und Leben, selbst im Tode! Er isr das, was jeder will, doch nie zu haben ist!"
"Stand das auch im Klo?", fragte der Metalldämon zickig.
"Und wenn schoooon!"
"Hat je jemand gesehen, wie er seine übermächtigen Fähigkeiten angewandt hat?", änderte der alte Dämonenjäger seine Frage.
"Nein.", kam es von beiden Dämonen gleichzeitig.
"Aber er hat sie doch.", murmelte Marianne, als das Auto vor dem Krankenhaus vorfuhr.

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