Vergiss es einfach (22)

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"Nun gut, da das jetzt geregelt ist muss ich dir wohl dein Gerät zurück geben", klagte Penbel und hielt Alice ihr Smartphone mit zitternden Fingern entgegen.
Diese verschwendete keine Sekunde und grapschte ihr lang verschollenes Gerät (ein paar Tage gelten bei so einer Situation durchaus aks lang) mit gierigen Fingern. Erbärmlich wimmernd zog Penbel seine Hand zurück, als fürchte er, das Mädchen könne sie ihm abbeißen.

Alice drückte sich ihr Handy mit dem breitesten, rotzlöffeligsten Grinsen, das die Menschheit je gesehen hatte, ins Gesicht.
"Ich hab es wieder! Jahahaha, ich hab es wieder! Mein Schaaaatz! Ich geb es nie wieder her! Nie wieder! Oh nein! Es wird für immer bei mir bleiben! Schönes Handy, liebes Handy! Mein Handy! MEINES!", gackerte sie mit wahnsinnig funkelnden Augen, wie so eine Art tollwütiger Handygremlin.
Penbel stolperte einige, panische Schritte zurück.
"Ist... ist das normal?", fragte er, offensichtlich besorgt um seine gebissenen Ohren.

"Für die meisten Menschen? Nein. Für Alice... oh ja", haute Tamara ihre beste Freundin ohne zu zögern in die Pfanne, völlig ungeachtet der Tatsache, dass sie selbst keineswegs besser war.
Der verratene Teil des Duos war nun damit beschäftigt, das Handy knuddelnd, gegen ihren Vater zu sinken.
"Papa, ich habe es wiiieder.", seufzte sie und drückte Herr Grün das mobile Endgerät ins Gesich.
"Das ist ziemlich offensichtlich, Mausi.", antwortete Herr Grün und schob die Hand seiner Tochter vorsichtig weg. Er wusste ja nicht wo das Handy die letzten Tage so gewesen war. Das wollte er jetzt sicher nicht in seinem Gesicht haben.

Währenddessen hatte Penbel damit begonnen eine wilde Diskussion über Richtlinien, Gesetze, Regelungen, Jahrhunderte alte Verträge, Paragraphen und, aus irgendeinem unerfindlichen Grund, die korrekte Weise Schnürsenkel zu binden mit den Dämonenjägern begonnen, der Tamara begeistert folgte.
Eichenfäller machte dabei ein Gesicht, als wäre er wirklich versucht dem blauen Dämon eine Ladung aus dem Gewehr, das auf seinem Rücken hing, zwischen die Augen zu pusten.

Wilhelm nutzte all die Ablenkung um sich ganz leise in Richtung des eingangs des Krankenhauses zu verkrümeln.
Es gelang ihm nicht.
Irgendwie schaffte Alice es an ihrem Handy vorbei zu linsen und seinen, alles andere als wohlüberlegten, Fluchtversuch zu bemerken.

"Hey, Wilhelm, warte! Du musst hier bleiben!"
Wilhelm begann zu rennen, als sei eine wütende Edres persönlich hinter ihm her.
"Nicht schon wieder", zischte Alice, steckt ihr Handy tief in ihre Hosentasche und nahm die Verfolgung auf.
"Komm, Tami schnell! Er haut ab!", rief sie und packte ihre Beste Freundin, die immer noch neugierig an Penbels und Eichenfällers Lippen hing, an der Hand.

"Woha!", machte die professionelle Meerschweinchen-Verschwörungstheoretikerin geschockt, als sie einfach mitgerissen wurde. Tamaras dichte, schwarze Locken dopsten um ihr Gesicht, während sie Alice nachrannte.
"Was wird das, Alice?"
"Wir fangen deinen Crush!"
"Was? Warum?"
"Na, er entkommt, ohne dass ihr ein Date habt!"
Tamaras Augen wurden so groß wie Tennisbälle.
Mindestens.
"Was? Nein! Vergiss es einfach!"
"Vergiss es einfach?!", schnappte Alice schockiert und blieb mit schlitternden Nike-Schuhen stehen.
"Ja vergiss es einfach!", antwortete Tamara gereizt.
Alice war nun komplett verwirrt.
"Aber... aber Tami, wieso? Du magst ihn doch", wollte sie af der Stelle wissen.

Tamara wand sich und trat nervös von einem Fuß auf den Anderen. "Ich kann es ihm doch nicht einfach sagen. Ich will es ihm noch nicht sagen. Er kennt mich doch gar nicht. Lass mir Zeit", flehte sie.
"Aber wieso? Wenn du ihn nie fragst wird da auch nie was draus!", fragte Alice und wuschelte sich perplex mit den Händen durch die blonden Haare.
"Na weil wir zwölf sind, Alice, zwölf! Hast du schon einmal von einer Beziehung zwischen zwei zwölfjährigen gehört, die gehalten hat? Ich nicht. Und außerdem will ich einfach noch nicht. Du hast doch gehört, was er gesagt hat. Er weiß nicht einmal wer ich bin. Lass ihn einfach", murmelte sie traurig.

Langsam nickte Alice. "Na gut, aber dann versuche doch auch ihn kennen zu lernen. Sonst hat er eine andere. Ich meine... du weißt ja wie Sonja ihn immer anglupscht", schlug sie mit einem verschwörerischen Blick vor.
Tamara zog eine Schnute.
"Na gut. Und wenn Sonja was versucht wird sie eben mit der Umkleideunterhose angegriffen", stimmte sie eher widerwillig zu.
Die Umkleideunterhose lag, laut Schulmythen, schon seit weit über zehn Jahren in einem Spind in der Mädchenumkleide, hatte einen gewaltigen Streifschuss und setzte langsam aber sicher eine art Pilz an. Alle fürchten sie.
Sollte Sonja sie tatsächlich abbekommen, so wäre das ein schweres Schicksal... für sie.

"Wollen wir zurück gehen?", fragte Alice und haakte sich bei ihrer besten Freundin unter.
"Ne, ich glaube ich hatte genug Penbel für heute. Lass uns beim Auto auf deinen Dad warten", schlug Tamara mit einem entschuldigenden Lächeln vor.
Alice nickte entscheiden.
"Ja, ich könnte auch mal ein paar Tage ohne Mysterys, Dämonen und Dämonenjäger verkraften.
Ich schreibe Papa eine WhatsApp", antwortete das blonde Mädchen breit grinsend.
Im Hintergrund fuhren die überhaupt nicht auffälligen, schwarzen Autos der Dämonenjäger-Gilde davon.

"Glaubst du Marianne und Edres sind wirklich in meinen Chats amok gelaufen?", fragte Alice nachdenklich, während sie sich an die pinke Motorhaube des Wagens lehnte.
Tamara schnaubte.
"Aber mit Garantie. Ich meine, wenn sie sogar eine Petition gestartet haben ist das doch bestimmt auch mit drin. Du kannst froh sein, wenn du jetzt keinen Vierus drauf hast, oder einen Hacker", sie sah sich nervös um, "oder ein Meerschweinchen!"

Alice konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, während sie das Handy entsperrte.
"Ich feage mich, was die so geschrieben haben. Viel Ahnung von unserer Welt hatten sie ja offensichtlich nicht", überlegte Tamara und lugte in Alice Handy.
"Na, das lässt sich leicht herausfinden...", setzte Alice gerade an, als ihr Vater das Auto aufschloss.

"Los Kinder, alle einsteigen!", rief er vergnügt, "Und bevor ihr mir noch auf die Idee kommt, ihr könntet jetzt einfach vor euch hin daddeln füllt ihr mir noch diese Unterlagen aus. Das Krankenhaus will ganz genau wissen, wieso ihr aus der Notaufnahme entwischt seid. Oh, und denkt an das, was Herr Eichenfäller und diese blaue Nervensäge gesagt haben: Ihr dürft die Dämonen nicht einmal erwähnen. Das waren Cosplayer, klar? Und ihr kennt sie nicht."
Genervt seufzend griffen sich Alice und Tamara die Bögen und begannen sie auszufüllen.

"Hey, glaubst du ich muss meine Clowni Erfahrung mit diesen kleinen Bestien angeben?", fragte Tamara leise, als das Auto den Parkplatz verließ.
"Klar!", antwortete Alice, die gerade ein sehr detailreiches Bild von sich und Wilhelm, die von einer Horde wütender Rentner gejagt wurden, auf den bogen malte, "Die müssen das wissen und außerdem kannst du das sonst nicht irgendwann, wenn du dich für einen Job bewirbst, auf deinen Lebenslauf packen."

"Man kann das echt auf seinen Lebenslauf schreiben? Ich meine, das Trauma wird mich für immer verfolgen, aber es waren eben eben doch nur ein paar pupsige Minuten", haakte Tamara mit großen Augen nach.
Alice nickte.
"Klar. Ist ja auch Arbeit, solche Kinder zu bespaßen"
"Nein ist es nicht. Und nein, das darf nicht auf deinen Lebenslauf, Tamara", mischte sich Herr Grün sofort ein.
Den Rest der Fahrt schmollten Tamara und Alice.

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