Kapitel 40

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Lena

Ich war sofort nach Berlin gekommen, als Julian mich anrief und erzählte, was passiert war. Seitdem saß ich jeden Tag mehrere Stunden am Krankenhausbett meiner besten Freundin. Julian war die meiste Zeit dabei. Nur von Felix fehlte jede Spur. Wie konnte er sie in diesem Zustand alleine lassen?
Ich streichelte Emilias Hand. „Emmy, hörst du mich? Ich bin hier. Bitte, wach auf." überall hingen Kabel und Schläuche an ihr und sie sah viel zu friedlich aus. Als wäre sie tot.
„Ist sie immer noch nicht aufgewacht?" fragte Julian, der das Zimmer betrat. „Nein." seufzte ich. „Hast du Felix erreicht?" Ich sah ihn fragend an. Er schüttelte den Kopf. „Er verschanzt sich in seiner Wohnung, macht die Tür nicht auf." er setzte sich neben mich und strich über meinen Rücken.
Ein Arzt betrat das Zimmer. „Wie geht es ihr?" fragte ich ihn. „Körperlich ist alles in Ordnung, das ist nicht der Grund, weshalb sie nicht aufwacht." antwortete dieser, während er auf sein Klemmbrett schaute. „Was ist dann der Grund?" fragte ich nach und mir schossen Tränen in die Augen. „Manchmal wachen Komapatienten nicht auf, wenn sie etwas traumatisches erlebt haben. Ihre Freundin hat ihr Kind verloren. Das kann schon reichen, um nicht aufwachen zu wollen. Sie schläft zwar, kriegt aber trotzdem einiges mit." informierte er uns. „Also weiß sie, dass ich hier bin?"
„Ja." der Arzt nickte. „Und sie weiß auch, dass Felix es nicht ist." sprach ich leise zu mir selber.
„Du musst ihn her holen!" befahl ich Julian. „Wie soll ich das denn machen? Ich hab's doch schon hundert mal versucht." entgegnete mir dieser enttäuscht. „Dein Bruder ist ein egoistisches Arschloch!" schrie ich ihn an und fing an zu weinen.
Julian nahm mich in den Arm. In dem Monat in dem ich jetzt hier war, kamen wir uns näher. Wir verbrachten 24/7 zusammen, die meiste Zeit davon hier im Krankenhaus und ich war froh, dass er da war. Trotzdem musste ich jetzt grade meine Wut über seinen Bruder an ihm auslassen. „Es muss doch eine Möglichkeit geben, ihn hier her zu holen. Immerhin ist es seine Schuld, dass sie hier liegt." ärgerte ich mich.
„Sag das nicht. Er wollte ihr nicht wehtun, es war ein Unfall." nahm er seinen Bruder in Schutz. „Wenn er seine Aggressionen im Griff hätte wäre es gar nicht erst soweit gekommen." sprach ich.
„Wenn Emilia von Anfang an mit offenen Karten gespielt hätte auch nicht. Du weißt selber, dass es nicht cool von ihr war, ihm die Schwangerschaft zu verheimlichen." ich nickte verständnisvoll. „Ja, ich weiß. Ich habe ihr ständig gesagt, sie soll es ihm endlich sagen." erklärte ich ihm.
„Was machen wir denn jetzt?" fragte ich Julian verzweifelt.
„Ich wollte das eigentlich nicht tun, solange es sich verhindern ließ, aber ich weiß langsam auch nicht mehr weiter." sagte er, holte sein Handy aus der Hosentasche und hielt es sich an's Ohr.
„Wen rufst du an?" fragte ich.
„Den einzigen Menschen, der Felix den Kopf waschen kann." antwortete er.
„Hi Papa." sprach er in den Hörer.

Zu Dir (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt