Kater

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"Fuck", stöhnte ich und hielt mir meinen pochenden Schädel, während ich mich aufsetzte. Die weise Couch war unter meinen Beinen und überall auf dem braunen Laminat wurde Alkohol verschüttete. Es roch nicht sehr angenehm. Doch ich ignorierte alles und warf die dünne, grüne Decke zur Seite. "Mhm", murmelte Can neben mir. Wir mussten wohl auf der Couch eingeschlafen sein- schlussfolgerte ich. Panisch fuhren meine Hände wie automatisch zu meinen Brüsten, um zu checken ob der Bh noch da saß wo er sollte.

Auch dies konnte ich beruhigt feststellen. Also machte ich weiter in meinem vorhaben und ging auf die Toilette. Ich musste immer kurz nach dem aufstehen, da kam ich nicht rum. Auch wenn es mir neben dem Lockenkopf viel mehr gefallen hat. Ihn anpinkeln wollte ich dann doch nicht. Unbewusst bildeten sich in meinem Kopf gedanken. Vielleicht stand er ja drauf, angepinkelt zu werden? Vielleicht war es ein Fetisch? Und was wenn er auch noch einen Fußfetisch hatte? Angeekelt von meinen eigenen Gedanken ging ich aus der Wohnung und zündete mir meine Zigarette an. Ich inhalierte den Rauch in meine Lunge und hustete notbedingt auf. Enger zog ich meinen Pulli um mich und klapperte mit den Zähnen. In der Früh war es dennoch ziemlich frisch.

"Was machst du hier?", fragte mich Can, welcher aus der Türe trat und sich durch seine zersausten Locken fuhr. "Rauchen", erwiederte ich nur und hielt die Zigarette etwas hoch, damit er sie betrachten konnte. "Ich will kuscheln", murmelte er und setzte sich hinter mich. Seine Arme legte er um meine Hüfte und zog mich gegen seinen Bauch. Zufrieden seufzte er, als ich mich widerstandslos an ihn kuschelte.

"Wie gehts dir", fragte mich der Türke und küsste meine Schläfe. "Ich hab einen fetten Kater wegen gestern", lachte ich leicht und Can brummte kurz. "Ich auch, aber du machst alles besser". Leicht schmunzelte ich und streichelte seinen Arm. "Du Charmeur", lachte ich und küsste seine Hand, auf welcher man seine Adern sehen konnte. "Bei dir muss ich einfach schleimen. Ich kann dir nicht wiederstehen", gab er zu. "Und ich will es auch nicht", hauchte er in mein Ohr, ehe er mir einen sanften Kuss unterhalb diesem gab. Zufrieden seufzte nun auch ich.

Den restlichen Tag verbrachten Christina, Sihan, Can und ich in seiner Wohnung, bis wir Mädels von meiner Mutter abgeholt wurden und nach Hause gefahren wurden. "Wie wars?", begann sie das Gespräch. Ich saß neben ihr auf dem Beifahrersitz und Christina hinter uns. "Ganz gut. Ich hab nur einen Kater", lächelte ich sie an. Trotz all dem Schmerz, liebte ich sie über alles. "Ich fands witzig", kommentierte die Blondine hinter uns. "Das freut mich. Dann könnt ihr gleich euren Kater ausschlafen", lachte meine schwarzhaarige Mutter und guckte durch den Rückspiegel Christina an. Diese nickte zustimmend. Keine paar Minuten später hatten wir auch die Blondine vor ihrem Haus raus geworfen und sind zu unserem eigenem gefahren, welches ich so verabscheute.

Nicht das Haus, eher die Personen, welche in diesem lebten. Kaum hatte ich die Autotüre des BMW's zugeschlagen und die Haustüre geöffnet, verkroch ich mich in meinem Zimmer. Ich hatte eh besseres vor, als mich wieder mit einen von ihnen zu streiten. Ich schmiss mich auf das schwarze Boxspringbett und öffnete den Laptop. Es war schon längst fällig, mir endlich eine Ausbildung zu suchen. Doch was wollte ich überhaupt werden. Einerseits wollte ich im Zoo arbeiten, andererseits mit Menschen und wiederrum einfach nur im Büro. Also welche Richtung sollte ich einschlagen?

Nicht einmal den Rat meiner Mutter wollte ich mir einholen, da ich auf jedes Gespräch hier verzichten konnte. Es würde doch eh nur in einem Streit enden. Ich klickte auf mehrere Ausbildungsstellen und schrieb einfach mal meine Bewerbungen. Am ende waren es um die 6, die ich verschickt hatte. Schon bald würde mein leben endlich gut laufen. Schon bald. Das hatte ich mir fest versprochen. Hatte ich erst einmal Geld würde ich mir, wie Can, eine kleine Wohnung suchen mit einer schwarzen Katze und dann könnte endlich alles glatt laufen.

Meine Fantasien verschwanden, als ich von unten lautes Geschrei hörte. Schon wieder stritt meine Familie mit einander und wieder einmal versuchte ich es mit lauter Musik zu übertönen. Es gab nichts was ich mehr hasste. War ich es nicht mit dem Jaco streiten konnte, dann war es Nour, mein kleiner Bruder. Leicht nickte ich mit dem Kopf in dem Tackt des Liedes und murmelte leise mit.

Meine dunkelen Haare fielen mir immer wieder hinter dem Ohr hervor, welche ich versuchte dort zu bändigen. "Mach die drecks Mukke leiser", stürmisch knallte Jaco meine Türe auf und funkelte mich mit böshaftigen Augen an. Erschrocken zuckte ich leicht auf, doch versuchte dieses zu ignorieren. "Mach doch deine Türe zu, dann hörst du nichts", wies ich ihn genervt auf und seufzte. War doch klar, dass wieder irgendwas dazwischen kommen musste. "Wieso packst du nicht einfach deine Sachen und verziehst dich, du Nichtsnutz?", fragte er mich und wackelte dabei lächerlich mit dem Kopf.

In meinen Augen war er ein so hässlicher Mensch, dass es mir weh tat ihn anzusehen. "Weil ich 18 bin und noch keine Ahnung vom Leben hab", erklärte ich und zuckte mit den Schultern. Er war nicht mein Vater, also konnte er mir eh nichts. "Du bist nur hässlich und dumm. Geh doch einfach. Nicht mal deiner Mutter kannst du helfen", zickte er weiter, doch mich ließ das alles nur kalt. Ich war es irgendwie schon gewöhnt. "Es ist mein Leben, also kannst du bitte aufhören dich einzumischen? Es geht dich nichts an."

"Es geht deine Mutter was an, also geht es auch mich was an", standhaft blieb er auf seiner Meinung sitzen. "Nein tut es nicht. Du bist nicht ihr Mann sondern nur ihr Freund. Und jetzt verlass bitte mein Zimmer", bat ich und machte die Musik wieder lauter, damit ich die grässliche Stimme von Jaco nicht mehr hören musste. Alles an ihm ekelte mich an. Zwar gab es mal eine Zeit in der wir uns gut verstanden hatten, aber mittlerweile lag das schon lange in der Vergangenheit. Er knallte meine Türe laut zu, doch ich ignorierte es und kümmerte mich um mein eigenes Leben. Auch wenn es nicht so sein sollte, fanden Tränen ihren Weg über meine Wangen.

Selbst von seinem schlimmsten Feind waren diese Worte wie Messer in der Brust. So viel Schmerz konnte ich nicht ertragen. Für manche mag es nur etwas kleines sein, doch mich verletzte es. Seit Jahren musste ich soetwas über mich ergehen lassen.

Let me love you in the dark Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt