Ein vertrauter Duft fuhr mir in die Nase. Wieder einmal verfluchte ich meine gute Nase, die selbst irgendwelche Karotten in Jackentaschen vernahm. Ob es auch irgendwelche Nachteile gab, die durch das Pferd-sein existierten? Wohl eher nicht. Jedenfalls drehte ich mich nicht um. Ich war nicht wirklich in der Stimmung, den Magier zu sehen. Vor allem nach dem, was Eliza mir am vergangenen Abend erzählt hatte. "Wohnst du eigentlich schon hier, oder warum bist du andauernd da?", fragte ich missmutig. Konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?
"Ich wollte dich sehen. Und dich etwas fragen...", erwiderte Sylvain mit seiner angenehm tiefen Stimme. "Autogramme gibt's keine.", knurrte ich. "Na, na. Sei doch nicht so kratzbürstig, Kleine."
"Du hättest mir ruhig die Wahrheit erzählen können. So ein Mitglied vom schwarzen Zirkel zu sein, scheint wohl nicht wichtig genug, oder?", erklärte ich trocken. Sofort verschwand der Druck an meiner Taille und ich hörte, wie der Magier einige Meter von mir weg sprang. "Wer hat dir das erzählt?"
Ich zuckte zusammen. Die Stimme, die plötzlich zu mir sprach, schien nicht mehr Sylvain zu gehören, sondern etwas Größerem, Mächtigeren. Langsam drehte ich mich um, um ihn ansehen zu können. Gefasst auf Alles blickte ich einem wütenden, angriffslustigen, dunklen Magier ins Gesicht und erstarrte sofort. Dieser Mann war tödlich, ohne Frage.
Seine schwarzen Augen glühten blau. Und das taten sie so intensiv, dass ich nicht einmal den Kreis noch ausmachen konnte. Energie pulsierte aus seinen Fingerspitzen und bündelte die Lebensströme um ihn herum. Ich hatte auf einmal solche Angst vor ihm, dass ich wie aus Eis dasaß und kein Wort über die Lippen brachte. Auf einmal glaubte ich Eliza, obwohl ich gestern Abend noch gedacht hatte, sie übertreibt. Aber das, was ich da vor mir sah, war alles andere als freundlich.
"Jetzt sprich endlich, Mädchen!", fuhr der Böse mich an. Ich brauchte meine gesamte Konzentration, um Tränen zurück zu halten. Der Schock lähmte mich und der Kloß in meinem Hals wuchs von Augenblick zu Augenblick mehr. "Das... hat... eine Freundin... erzählt.", stotterte ich. "Wie lautet ihr Name?", fuhr mich Sylvain wieder an. Immer noch blieb seine Haltung unverändert. "E...Eliza. James hat es ihr gesagt. Er ist... auch ein Magier.", erklärte ich in der Hoffnung, diese gesamte Drohung meines Gegenüber würde endlich ein Ende nehmen. Der dunkle Magier stampfte wütend mit dem Fuß auf und ließ so gleichzeitig die gesamte, angestaute Energie wieder zurück in den Boden fahren. Dadurch entstand eine Art Druckwelle, die mich beinahe von meinem Sitzplatz warf.
Sylvain spuckte angeekelt aus. "James!", sprach er den Namen wie ein Schimpfwort aus. "Hat er sich jetzt endgültig von uns abgewandt? Oder warum verrät er uns einfach? Ein Miststück. So ein verdammtes Miststück!", fluchte er weiter. "Hey, alles ist gut. Was hat er denn schlimmes angestellt?", wollte ich wissen und versuchte ihn ein wenig zu beruhigen. Da er keine geballte Ladung Energie mehr in den Händen hielt, war auch meine Angst vor ihm etwas geschwunden.
"Der hat noch viel schlimmere Beziehungen als ich. Sein Vater ist das Oberhaupt des dunklen Zirkels. Und eine der obersten Regeln besagt, dass man niemanden, aber auch wirklich niemanden von dem Zirkel erzählt. Wir sind eine Geheimorganisation, ziehen die Fäden im Hintergrund! Wenn jeder von uns weiß, bringt unsere Arbeit auch nichts mehr. Dann können wir gleich zur Presse rennen und erzählen, dass es Harry Potter wirklich gibt.", erklärte Sylvain.
„Und?", fragte ich neugierig, „Gibt es ihn wirklich?"
Mein Gegenüber musste nun breit grinsen. „Als ob. Habe ich jemals einen Zauberstab in der Hand gehabt? Das ist alles Unfug. Genauso wenig wie die Tatsache, dass jemand nur durch die Kraft der Liebe überlebt. Deine Freundin Eliza hatte schon irgendwie Recht. Wir sind, wenn wir es wirklich wollen, unglaublich tödlich. Und das sage ich jetzt nicht, weil ich mit dieser Macht angeben will, sondern weil ich jetzt wahrscheinlich eh nichts mehr vor dir verbergen kann. Ja, ich bin ein Magier, ja ich bin grausam, ja ich könnte dich mit einem Fingerschnipsen umbringen. Aber mal ehrlich, hätte ich das nicht schon längst getan, wenn ich darauf aus wäre? Wir sind keine Kopfgeldjäger oder Assassinen, die jeden auf ihrem Weg umbringen."
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Moondancer - Maître des Chevaux
Hayran KurguDer zweite Teil der Moondancer Trilogie. Ihr erster Sommer ging vorbei, doch nun steht Hanna eine weiter Aufgabe bevor. Mario, der Meister höchstpersönlich, hat sie zu sich eingeladen, um sie weiter auszubilden und sich ihr Pferdetraining anzusehen...