01

519 23 0
                                    

Der Alltag im Gefängnis endete immer mit der Essensausgabe um 18:30 Uhr. Theo und ich standen Schlange, wobei wir uns nicht einmal auf das Essen freuten und es nur aßen, um hier nicht tot umzukippen. Im Hintergrund nahm ich die lauten Stimmen meiner Insassen war. Leider bildeten sich schon Auseinandersetzungen in einigen Ecken des Raumes. Es war als bildete sich ein Sturm im Urlaub.

Um es kurz und knapp zu sagen: Das Leben im Knast war ein Albtraum.

Theo teilte sich die Zelle mit mir. Ich weiß nicht für was er sitzt, aber er war sehr nett und sympathisch - fast wie ein Bruder, den ich nie hatte. Durch ihn schien ich in kein tieferes Loch zu fallen und dafür war ich dankbar. Theo ist einige Tage nach mir hergekommen und seitdem verstanden wir uns sehr gut. Es ist schon etwas länger her, dass ich mich mit jemandem so sehr über das Leben als Werwolf unterhalten konnte...

Während sich die Schlange weiter nach vorne bewegte, drehte sich Theo zu mir um und sah so aus, als hätte man das ganze Leben aus ihm rausgesaugt. Fast genauso muss ich an dem Tag ausgesehen haben, als ich mein Urteil bekommen hatte. "Was ist?", fragte ich ihn. Tief in mir drin wusste ich zwar die Antwort. Es war ja nicht so als gäbe es viele Überraschungen im Gefängnis." Es gibt Eintopf...", er ließ seinen Kopf sinken wusste aber, dass wir beide gezwungen waren etwas zu essen, da uns die Beamten hier bis um 19 Uhr nicht rausließen - geschweige denn uns mochten. In diesem ganzen Monat hatte ich schon so viel Ärger angestellt; es wundert mich, dass ich noch nicht in Isolationshaft saß. Angeblich sollte es dort so schlimm sein, dass man es mit der Todesstrafe vergleichen konnte. Wobei mir nicht sonderlich klar war, wie die Isolation schlimmer sein konnte, als der Tod selbst.

Auch wenn dieser Eintopf schlechter schmeckte als ein verfaultes Ei, nahmen wir ein Teil davon zu uns, warteten ab, bis wir gehen konnten und machten uns dann auf den Weg zu unserer Zelle. Jetzt waren es nur noch 3 Stunden bis zur Bettruhe und es stand uns frei alle zu machen was wir wollten... sogar mit unseren Verwandten zu telefonieren sofern wir darüber benachrichtigt wurden. Ein unangenehmer Schmerz bereitete sich in meiner Brust aus und ich wusste was mich erwartete. Theos Frau rief ihn jede Woche mindestens einmal an und obwohl es mich traurig machte, dass mich meine Eltern nicht einmal angerufen hatten fühlte es sich befreiender an, als für fünf Minuten ihre enttäuschte Stimme zu ertragen. Wenigstens hatte mich mein bester Freund einige Male angerufen. Jack. Dank ihm war die Zeit nicht die größte Hölle.

Zwei Jahre später

In Isolationshaft zu sitzen war definitiv schlimmer als ich es mir vorgestellt hatte. Die meiste Zeit verbrachte ich nachdenkend und versäumte kostbare Ruhezeiten, indem ich es vermied Schlafen zu gehen. Albträume waren nie ein großes Problem für mich gewesen. Seitdem ich aber in einem Käfig aus meinen Gedanken gefangen war, waren die Nächte zur Hölle geworden. Viele Insassen hatten schon Aufstände angefangen oder wurden zu einem Psychologen gebracht. Mit jedem weiterem Tag wuchs meine Angst, verrückt zu werden, aber nichtsdestotrotz fand ich die Ruhe und das allein sein, die diese Strafe mit sich brachte, sehr angenehm und beruhigend. Trotzdem stand für mich fest, dass ich es vermeiden würde mich in eine weitere Auseinandersetzung einzumischen - selbst wenn es darin um mich ginge. 

Erst gestern wurde der Flur wieder geflutet und erst heute morgen haben sie einen Insassen rausgetragen, der sich umgebracht hatte. Leider ist das so wenn man nicht mit den Schuldgefühlen umgehen kann, die das Gefängnis mit sich bringt; Viele Menschen denken, dass die Wegnahme der Freiheit die eigentliche Strafe ist, dabei dient der Knast zur Reflektion der eigenen Fehler... Zumindest bei manchen-

" 013! Es ist jemand im Besucherraum für dich! "Die Stahltür wurde aufgemacht und eine weibliche Beamtin stand vor mir. Ihr strenger Blick musterte mich von oben bis unten, ehe sie mir die Handschellen anlegte und mich durch die langen, grauen Gänge des Gefängnisses führte. Eine leichte Wärme breitete sich in meinem Brustkorb aus, so als hätte man in mir eine Kerze angezündet, denn egal wer im Besucherraum auf mich warten würde...es war das erste Mal in zwei Jahren, dass mich jemand besuchen kam. Selbst wenn es nur mein Anwalt wäre...

Die Kerze wurde ausgeblasen und der kalte Rauch verblasste langsam .

Ich hatte mich geirrt. Dass meine Eltern meine Stimmung so kippen konnten, war überraschend. Ich spürte die Schuld, die sich in mir aufbaute. Ich hätte glücklich sein sollen... Ich hätte mich freuen sollen...! Aber als mein Blick auf den meines Vaters traf konnte ich nur seine Wut und Enttäuschung sehen; wie er mich von oben bis unten ansah - wie er seinen eigenen Sohn mit ekel verabscheute und ihn am liebsten hätte umbringen wollen.

"Mom... Dad... Hey~", begrüßte ich sie leise. Ihr kommt mich also nach zwei Jahren besuchen..."Es schmerzte so sehr, mich gegenüber von ihnen hinzusetzen, und es schmerzte sogar noch mehr, es in Handschellen tun zu müssen. Schon als Kind war ich nie jemand, auf den man hätte stolz sein können. Ich war nie der Beste in etwas, aber auch nie der Schlechteste. Ich war durchschnittlich und das war genug. Aber jetzt, wo ich im Gefängnis war, reichte es nicht mehr aus 'durchschnittlich' zu sein. Aus dem Blick meines Vaters konnte jeder Blinde herauslesen, dass er einen perfekten Sohn erwartete, wenn ich hier raus war - einen Sohn, der als Alpha geliebt wurde, einen guten Job fand und eine Frau hatte, mit der er viele Kinder bekommen würde.

" Du siehst schrecklich aus. Wann hast du das letzte mal geschlafen ?" Mein Vater zog seine Augenbraue hoch. Er war immer noch der Selbe.... Selbst wenn ich auf meinem Sterbebett liegen würde, er würde immer etwas finden um mich zu verachten." Tut mir leid, dass ich nicht aussehe als wäre ich aus dem SPA gekommen. " , begann ich sarkastisch, " Was erwartest du bitte von einem Gefängnis?" Da war sie wieder. Die Wut, die sich seit jenem Tag in mir angestaut hatte, wie eine lästige Mücke, die nur auf den perfekten Moment wartete, um zuzustechen; nur mit dem Unterschied, dass sie zustach und langsam das Blut raussaugte.

" Wir waren beschäftigt mit der ' Familie', James. Wir hatten nicht so viel Zeit. " Die braunen Augen meiner Mutter suchten einen Punkt zum Fixieren - nur deswegen wusste ich, dass sie log. Entweder sie wollten nicht, oder mein Vater hatte seine Finger mit im Spiel, denn selbst Jack hatte es geschafft mich an Weihnachten, Gott, er hatte es sogar geschafft an meinem Geburtstag anzurufen! Im Gegensatz zu meinen Eltern, die über zwei Jahre lang meine Existenz vergessen hatten.

" Lüg mich nicht an! Dad wollte sicher nicht, dass du so eine 'Enttäuschung' wie mich siehst! Guck dir doch seinen Blick an! Mom, wenn du mich wirklich sehen wolltest, dann hättest du es auch getan..." Da war sie. Die Mücke hatte all das getrunken, was sie brauchte und ließ einen Juckreiz zurück... Einen unausstehlichen Juckreiz, der nur schlimmer wurde, wenn man daran kratzte.

" Sprich gefälligst nicht so mit deiner Mutter, James! Es ist ja nicht so als hätten wir viel Auswahl! Aber so wie du aussiehst...", der Schwarzhaarige legte eine Pause ein, um über seine nächsten Worte nachzudenken, " merkt man, dass du dich kaum verändert hast-"

Wütend unterbrach ich ihn: 

"Bitte was? Erwartest du, dass ich ein komplett anderer Mensch werde, nach zwei Jahren Knast?!" Mein Kopf drehte sich zum Fenster, wo dunkle Wolken aufzogen. Meine Hände begannen zu zittern und mit jeder Sekunde wurde ich sprachloser. Hätte ich bloß keine Handschellen an - dieser Mann wäre schon längst tot.

" Wärst du bloß nie geboren! Wir hätten dich doch abtreiben sollen-"

"Edward! Wir wollten es ihm doch nie sagen! Hör auf jetzt! "Ihre Augen wurden glasig und die Kontrolle in ihrer Stimme ließ nach. Trotzdem erklärte das so einiges: Mein Vater hasste mich, weil ich eine ungewollte Schwangerschaft war. Mein Körper verfiel in eine kurze Schockstarre. Mein Blick war starr nach vorne gerichtet, bis ich mich wieder fasste und vorsichtig aufstand, ohne die Worte meines Vaters aus meinem Kopf zu bekommen. Langsam sah ich mich nach der Beamtin um, die mich hergeführt hatte:

" Wir sind fertig hier... Ich will zurück in meine Zelle"

Prisoner 013 (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt