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Zwei Monate später

"James, wo bleibt den deine Mate?"

Mein Vater sah mich Erwartungsvoll an und die Nervosität in meinem Bauch wuchs weiter. Ich hatte dieses Treffen wochenlang geplant, meine Sachen schon längst gepackt und obwohl ich wusste, dass mein Vater nicht sonderlich gut auf uns reagieren würde, hatte Jason darauf bestanden, es zu versuchen. 

Plötzlich klingelte an der Tür. Sofort spannten sich meine Muskeln an und ich ging die Tür öffnen. Jason lächelte mich leicht an und umarmte mich kurz, dann kam er rein. Mein Herz fühlte sich an, als würde es von einem hyperaktiven Hamstern angetrieben werden. Würde es nach mir gehen, hätte ich meinem Vater nie erzählt, dass ich verliebt war...

"Ich weiß nicht, ob ich das kann", flüsterte ich nervös. Eine kalte, aber weiche Hand griff nach meiner.

"Doch, das wird schon", erklärte mein Partner, " Und wenn nicht, dann ziehst du bei mir ein. Deine Sachen sind so oder so gepackt..."

Ich wusste nicht ob diese Worte aufmunternd wirken sollten, oder nicht, dennoch versuchte ich so langsam wie nur möglich ins Esszimmer zu gelangen. Mein Körper war auf Alarmbereitschaft als wir um die Ecke bogen und schließlich vor meinen Eltern standen. Betäubt versuchte ich ihre Mimik zu deuten, dann erhob ich meine Stimme: "Mom, Dad...Das ist mein Mate, Jason..."

Es blieb lange still. Sehr lange.
Meine Mutter lächelte Jason warm an und mein Vater würdigte ihn keines Blickes - selbst als wir schon am Esstisch saßen, fand die einzige Unterhaltung zwischen meiner Mom und meinem Freund statt. Die Ruhe meines Vaters machte mich noch nervöser als ich davor war. Natürlich könnte er schockiert sein oder nicht wissen was er sagen sollte... Aber, die Art, in welcher er mich ansah, bedeutete nichts Gutes.

"Wollt ihr noch Nachtisch?" Meine Hand zitterte während ich mich erhob. Es fühlte sich an wie die Stille vor dem Sturm - mein Vater sagte nichts... Kein Wort. Er sah mich nicht einmal an. Vielleicht war es auch besser so! Möglicherweise war mein Vater nicht so feindlich gegenüber Lgbtq+ wie ich zunächst angenommen hatte.

"James..."

Ich öffnete den Kühlschrank und holte das Eis raus.

"Du weißt schon, du musst deinen Seelenverwandten nicht heiraten oder lieben", mein Erzeuger nahm zwei Schüsseln hoch und sah mich mit leeren und doch zornigen Augen an. Das war der Moment auf den ich den ganzen Abend lang gewartet hatte - 

Und ich war sprachlos.

"Da-... Ich liebe ihn" Ohne ihn direkt anzusehen schloss ich den Kühlschrank wieder und verschränkte meine Arme. Mein Vater wird mir nicht noch eine Art von Liebe zerstören... nicht wie die Liebe zu ihm, nicht wie die Liebe zu meiner Mutter. 

"Wenn dir das nicht passt dann-"

"Dann was?" Er unterbrach mich. Seine Augen blitzten auf und seine Mundwinkel zuckten nach oben. Auf sein Gesicht legte sich ein Schatten und die Falten zwischen seinen Augenbrauen wurden tiefer.

Mir wurde schlecht.

"Dann...", versuchte ich zu erklären, gab aber auf. Meine Stimme zitterte zwar nicht, trotzdem wuchs der Kloß in meinem Hals weiter. Ein Räuspern meines Vaters ließ mich wieder aufsehen.     Er hatte die Schüsseln abgestellt und kam einige Schritte näher. Erst als ich die pulsierende Halsschlagader erkannte und seinen, nach Alkohol stinkenden, Atem an mir spürte blieb er stehen und musterte mich von oben bis unten.

"Ich wusste schon immer, aus dir wird nichts... Selbst im Gefängnis konntest du dich nicht verteildigen. Fast ins Koma, was?" 

Seine raue Hand legte sich an die Stelle, an der mich damals das Messer getroffen hatte. Wahrscheinlich wusste er jetzt wie viel Angst ich eigentlich vor ihm hatte - und so wie ich ihn kannte, würde er es dreist ausnutzen. Einige Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn und mit jeder Sekunde wurde mir unwohler. In diesem Moment war es, als wäre ich wieder ein Kind. Es was als wäre ich ein kleines, hilfloses Kind welches sich verlaufen hatte und an rauchenden Männern vorbeiging. 

"Raus."

Schlussendlich riss ich mich los und verließ die Küche schnell. Während ich meine Hand an die Stelle der Narbe legte sah ich Jason vielsagend an und holte meine Sachen von oben ehe ich meine Schuhe anzog und aus dem Haus trat. Als Kirsche auf der Sahne rief der Ehemann meiner Mutter noch: " Lass dich hier nicht mehr blicken!" Doch ich ließ den Wagen schon laufen und fuhr los sobald sich Jason angeschnallt hatte. 

Meine Hand war noch immer auf meiner Narbe und ich nahm sie nur runter um die Schaltung umzustellen oder den Radiosender zu wechseln. Erst als mich Jason darauf ansprach bemerkte ich wie seltsam das aussah.

"Hast du Schmerzen?", fragte er auf einmal.
"Nein...", antwortete ich und nahm meine Hand langsam runter. Mir entging dabei sein besorgte Blick nicht. Ich schämte mich dafür mich in so einer verletzlichen Position zu zeigen; wir hätten es ihnen einfach nicht sagen sollen.

"Was ist los?"
"Nichts."

Meine Blick war immer noch starr auf die Straße gerichtet. Das Radio lief währenddessen leise im Hintergrund und ich spürte seine grünen Augen auf mir wie als würde ein Feuer sich auf meiner Haut ausbreiten.
Auf einmal schnallte sich mein Partner ab und deutete auf die Seite: "Fahr rechts ran..."

Ohne ihn zu hinterfragen fuhr ich an die Seite und ließ ihn aussteigen. Vielleicht war ihn nur schlecht oder er hatte ein Tier oder so etwas gesehen. Überrascht stellte ich aber fest, dass ich aussteigen sollte.
Schließlich fuhren wir weiter, aber mit dem Unterschied, dass ich mich nun nicht mehr auf die Straße konzentrieren musste.

"James", begann er, "Was ist in der Küche passiert?" Jason legte seine warme Hand auf meinen Oberschenkel und sah mich an. Mir war klar, dass er wusste, dass etwas nicht stimmte.

Vorsichtig antwortete ich ihm: "Mein Vater hat mit mir gesprochen..." Meine Hand zuckte in die Richtung der Narbe, aber ich spielte mit meinen Finger. "Er meinte, ich müsse dich nicht lieben oder heiraten ",ich hielt inne und sah aus dem Fenster. Jasons Wohnblock kam in Sicht und wir fuhren auf den Parkplatz.

"Dann bin ich gegangen... -"
"Da muss doch noch mehr passiert sein", meinte er während wir ausstiegen und schließlich meine Sachen hochschleppten. 

Doch ich verlor keine Worte mehr über diesen Abend.

Prisoner 013 (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt