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Wir musterten uns nur gegenseitig für einige Sekunden. In meinem Körper breitete sich das Gefühl von Scham und Schuld aus. Meine Lügen waren so gut gewesen, ich hatte alles geplant und jetzt war eine aufgedeckt. Es war demnach nur eine Frage Zeit, bis die anderen aufgedeckt werden würden. 

"Wie lange geht das schon so?", stellte mir mein Freund eine weitere Frage. Sollte ich die Wahrheit sagen? Lügen? Der Konversation aus dem Weg gehen?

" Schon seit immer... Es wurde die letzten Monate wieder schlimmer... ", beantwortete ich seine Frage. Obwohl es mir nicht gefiel, konnte ich es nicht mehr ändern. Wie gesagt, ich wurde erwischt, da bringt mich keine Lüge weiter. 

"Willst du darüber reden?"

Der Schmerz in meiner Brust wuchs mit jedem Atemzug. Selbst wenn ich über meine Probleme sprechen wollen würde, könnte ich sie wahrscheinlich nicht in Worte fassen, geschweige denn erklären. Sollte ich vielleicht einfach nur weinen, nicht reden ? Vielleicht mich von ihm in seine Arme schließen lassen um dem ganzen Stress zu entkommen. Welcher Stress?

Mit einem Mal war ich wacher als vorher. Warum konnte ich nochmal nicht schlafen? Hatte dieser ganze Schlafentzug schon Schaden an meinem Gehirn vollzogen? 

"Was ist los?" 

Ich sah wieder auf. Was war nochmal die Frage? Sie fiel mir wieder ein: Ich wurde wütend.

"Es ist nichts"

"Wärst du bloß nie geboren! Wir hätten dich doch abtreiben sollen-"

Das Wasser ging allmählich zurück trotzdem merkte keiner außer mir, wie 034 auf einen der Beamten zuging und ihm das Messer durch die Kehle zog.

Mein Shirt verfärbte sich dunkelrot. Panik stieg in mir an und ich hob meine Hand zitternd an die Wunde nur um sie dann Blutverschmiert zu mustern.

Jason legte seine Hand auf meine und erst in diesem Moment bemerkte ich den Temperaturunterschied unserer Köper. Im Gegensatz zu ihm war ich viel kälter, blasser...dünner? Hatte ich abgenommen?

"James, bitte. Ich mache mir sorgen um dich." Er strich mit seiner Hand über meine und umschloss sie mit der anderen. Mein Körper begann langsam zu zittern, kaum merkbar. Selbst als die Sonne langsam aufging und das Zimmer in ein orangenes Licht tauchte, schwieg ich noch.

"Bring dich doch um!"

"Geht's dir gut?" "Geht's dir gut?" "Geht's dir gut?"

"Geht's dir gut?!"

"GEHT'S DIR GUT?"

"Geht's dir-"

"Schnauze! Natürlich geht's mir gut!", schrie ich zurück. Das Zittern meines Körpers legte sich jedoch begannen meine Augen zu brennen und ehe ich mich versah tropften Tränen meine Wangen hinab. Ich war wie eine Vase, die man so oft umgestoßen hatte, bis sie zerbrochen war und sich das ganze Wasser auf dem Boden verteilte, während die Blumen sowieso am verwelken waren. Warum musste Jason so auf mir herumhacken? War es ihm so wichtig zu wissen was in mir vorging?

Der Raum füllte sich in Mitleid während immer mehr Tränen meine Wangen hinabliefen. Es schmerzte. Wie sollte ich das nur erklären? Plötzlich umschloss mich eine Wärme, wie ich sie schon lange nicht mehr gespürt hatte. Mir ging's gut! Mir konnte es mental gar nicht schlecht gehen - immerhin hatte ich eine Beziehung. Nicht einmal meine Vergangenheit war daran Schuld, dass ich mich so fühlte. Sie konnte nicht daran Schuld sein! Es war alles meine Schuld, oder nicht? Durch mich selbst war ich im Gefängnis gelandet, fast gestorben, von meinem Vater verabscheut worden... War auch meine Mutter wegen mir gestorben? 

Ich drückte mich fester an ihn und unterdrückte das überwältigende Gefühl mich von ihm zu  lösen  und wegzurennen. Jedoch, wenn ich ihn loslassen würde, wäre er vielleicht für immer verschwunden. Außerdem konnte ich nicht mehr so tun, als wäre nie etwas gewesen. Warum konnte er nicht einfach meine Gedanken lesen? Denn ich hatte alles schon gesagt, nur nicht zu ihm. 

"Wir müssen bald aufstehen", meinte ich leise nach einigen Minuten. Meine Stimme war rau und leise, mein Boss würde definitiv denken, ich hätte mir etwas eingefangen.

Vorsichtig löste ich mich von Jason und sah ihm in die Augen. " Tut mir leid..." Wusste ich überhaupt noch wer ich war oder war ich nur die Hülle einer Person, die einst sagen konnte, was ihr in den Sinn kam? Würde ich jetzt in den Spiegel schauen, könnte ich mich wahrscheinlich nicht wiedererkennen... 

"James, ich...", er zögerte, "Ich höre dir zu, wenn du darüber sprechen willst."

"Danke..."

Trotzdem konnte ich nicht darüber sprechen; oder etwas tief in mir wollte nicht, dass ich darüber sprach. Vielleicht hinderte ich mich selbst daran... Möglicherweise hinderte ich mich selbst am Leben.

"Aber ich glaube, ich kann es nicht in Worte fassen", beendete ich meine Antwort und obwohl es nicht das war, was Jason hören wollte, lächelte er sanft und gab mir einen Kuss auf die Wange.

"Sag ruhig bescheid, wenn du bereit bist"

Das würde noch eine Weile dauern, da war ich mir sicher, doch nun war ich bereit für die Konfrontation meines Vaters.

Prisoner 013 (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt