"Ich hab einen verdammten Bruder" Wir saßen im Auto und fuhren wieder nach Hause. Es war die ganze Fahrt still und erst jetzt hatte ich ihm die Nachricht überbringen können. Jason drehte sich verwirrt zu mir um. "Was hat das-", wollte er fragen doch ich unterbrach ihn: " Meine Mutter hat mir einen Brief hinterlassen..."
Die Sonne ging langsam unter und tauchte die Straßen in ein warmes orange. Der Himmel färbte sich immer dunkler und die unangenehme Stille setzte sich immer weiter fort. Das Radio lief weiterhin leise im Hintergrund als wir das Auto vor dem Wohnblock parkten.
"Ich geh schnell duschen", meinte mein Freund ehe er im Bad verschwand und ich mir etwas bequemes anzog. Coco schlief auf der Couch und wachte erst auf, als ich mich neben sie setzte. Lachend begann ich sie zu streicheln und redete mit ihr, als wäre sie ein Kind. Das ging für einige Sekunden weiter bis ich ein Räuspern wahrnahm. Mein Kopf schellte zu der Person und ich erkannte das Handy in deren Hand. "Lösch es."
"Nein", grinste Jason. Er hielt ein Handtuch in den Händen und frische Klamotten unter seinem Arm und zeigte mir das Video ohne Augenkontakt zu brechen.
"Lösch. Es. ", wiederholte ich mich. Jason schüttelte nur seinen Kopf. Schnell erhob ich mich also und versuchte sein Handy aus seiner Hand zu schnappen. Schlussendlich hielt ich es fest und bemerkte aus der Puste, dass es aus war.
"Der Pin?"
"Sag ich nicht."
Wütend sah ich zu ihm rüber. Er hatte so viel Macht über mich durch ein einfaches Video. Eigentlich sollte ich mich für ein solches Video nicht schämen - immerhin ist es ja nur ich wie ich mit seinem Hund spiele. Jedoch, wenn es im Internet landet, dann werde ich sehr sauer sein. Ergeben hielt ich ihm das Handy hin. "Geh lieber duschen, bevor der Werwolf in mir zum Vorschein kommt" Ich war zwar wütend, spürte die Hitze in meiner Brust und das Schlagen meines Herzen, dennoch konnte ich nicht lange Hass auf in hegen... denn meine Mutter war erst gestorben, dann meine Hoffnung.
Vorsichtig setzte ich mich wieder hin. " Sie ist tot...", flüsterte ich zu Coco zu, die wieder angelaufen kam. Eine gewisse Art Schmerz bereitete sich in meinem Körper aus und es war als würde etwas meine Seele in die Tiefen des Ozeanes ziehen und meinen Körper im dunklen Wasser ertränken. Wenn sich so die Reaktion auf den Tod eines Geliebten anfühlt, dann wünsche ich keinem diesen Schmerz, keiner einzigen Person. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich mein Erzeuger fühlen musste. Entweder war er fröhlich oder am Boden zerstört und das schlimmste war, ich wusste nicht was von beidem.
Der Ansatz von Tränen bannte sich in meine Augen, also beschloss ich mich abzulenken. Langsam schaltete ich den Fernseher an und schloss meine Augen. Es war nicht mal neun und meine Augenlieder fühlten sich wie Beton an. Die Badezimmertür wurde geöffnet und ich spürte, dass Schritte in meine Richtung kamen.
"Schläfst du?"
"Mh-mh"
Ich öffnete meine Augen wieder und sah in das Gesicht meines Freundes. "Hast du Hunger?" Fragend sah er mich an und setzte sich zu mir. Ich schwieg einige Sekunden ehe ich nickte. Mir ging der Brief meiner Mutter nicht mehr aus dem Kopf und auch wenn mein Bruder wahrscheinlich nichts mit mir zutun haben wollte, wuchs in mir das Verlangen in das Haus meines Vaters zu stürmen und den Dachboden durchzusuchen. Am liebsten würde ich ihn umbringen, ihm die Kehle ausreißen und langsam zusehen, wie das Leben seine Augen verlässt, aber sowas konnte ich unmöglich tun, vor allem nicht in diesem Moment und erst recht nicht, wenn man mir ein Motiv zusprechen konnte.
"Hast du Lust auf Sushi?", stellte mir Jason eine weitere Frage. Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern: "Klar..."
Als wir dann endlich schlafen gingen, konnten meine Gedanken nicht zur Ruhe kommen. Meine Gedanken waren bei dem Brief und ich unterdrückte das Verlangen aufzustehen und zu meinem Vater zu fahren um den Dachboden zu durchsuchen. Ich drehte mich in Richtung Fenster und starrte in die Schwärze der Nacht. Es war still; um ehrlich zu sein störte es mich nicht, nicht zu schlafen. Was mich störte, war die Welle meiner Gedanken und die überwältigende Müdigkeit am Tag darauf. Die Stunden vergingen wie im Flug und schon bald war es 4 Uhr am Morgen. Mein Körper sehnte sich nach Schlaf, den er aber nicht bekommen konnte. Leise griff ich nach meinem Handy las mir die Nachrichten durch, dann irgendwelche Artikel und schließlich spielte ich Tetris. Für mich war ab diesem Punkt Schluss, wenn ich vor 4 Uhr nicht schlief war es noch schwerer vor 6 einzuschlafen.
"Oh-fuck...!", regte ich mich leise auf und starrte auf das große 'Game Over', dann auf die Uhrzeit. Es war schon fast 5 Uhr und in einer Stunde würde Jason aufstehen um zur Arbeit zu gehen. Doch er hatte andere Pläne. "Was zum Teufel machst du...?" Ich wurde erwischt, keine Frage. Schnell schaltete ich mein Handy aus, doch es war schon zu spät. "Nichts, geh wieder schlafen..."
Er seufzte genervt und setzte sich auf. "James...Wie viel Uhr haben wir?"
"Unwichtig" Er sagte meinen Namen noch einmal bedrohlich, dann gab ich nach: " 4.59 Uhr"
Ich hörte ihn noch einmal seufzten, dann machte er das Licht neben seinem Bett an. Mir war bewusst, wie ich aussehen musste, es war eben nicht das erste mal, dass ich keine Sekunde Schlaf bekommen hatte. Jasons Haare standen etwas ab und seine Augen sahen mich immer noch müde an, doch sie blitzten besorgt und wütend zu gleich auf. " Wie lange bist du schon wach?", fragte er.
"10- 15 Minuten. Mach dir keine Sorgen, war grad dabei wieder schlafen zu gehen"
Sein Schweigen sagte mehr als Worte und sein Blick verriet mir, dass er mir nicht glaubte und das zu Recht. So oft, wie ich schon gelogen hatte, war es überhaupt ein Wunder, dass er noch mit mir zusammen war.
Auf einmal sagte er: " James, ich weiß, du kriegst nicht genug Schlaf."
Mein Kopf schaltete auf Verteidigungsmodus um und ich sah ihn nur ungläubig an bis ich antwortete, woher er das wissen solle. Wahrscheinlich wusste er es aber schon länger und hatte nur auf den Moment gewartet um es mir zu sagen. Ob er auch von den Albträumen wusste? Jason strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, aber ich bekam nichts zurück.
"Ganz ehrlich, " begann er, " Man sieht es dir an...und manchmal bekomme ich es auch mit. Willst du vielleicht mal Schlaftabletten ausprobieren?"
Wut bildete sich in meinem Körper und obwohl ich erleichtert war, dass er es wusste, wollte ich nicht, dass mich seine grünen Augen mit diesem Ausdruck ansahen; mit dieser Sorge und Müdigkeit, für die ich verantwortlich war.
"Jason, mir geht's gut", erklärte ich, "Das war vielleicht ein oder zwei Mal. Mach dir bitte keine Sorgen" Ein oder zwei Mal, klar! Schon vor dem Gefängnis und während hatte ich Probleme mit meinem Schlaf, scheiße, sogar schon als ich in der fünften Klasse war! Mitleid würde mir hier nicht weiter helfen, ebenso wenig Schlaftabletten. Ein Arztbesuch wäre angebracht, aber, der würde mir wahrscheinlich irgendwelche Entspannungsübungen oder Pillen verschreiben. Möglicherweise aber, ist das auch alles in meinem Kopf.
"Bist du dir si-"
"Jason, mir geht's gut!", rief ich, bereute es aber sofort wieder. Keine Person, der es wirklich gut ging, würde wegen einer einfachen Frage ausrasten - Ich hatte mir mein eigenes Grab geschaufelt, meine Lüge selbst aufgedeckt...
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Prisoner 013 (bxb)
Hombres LoboFORTSETZUNG HOCHGELADEN James Scailer kommt mit 19 Jahren ins Gefängnis und verbringt dort die schlimmsten Jahre seines Lebens. Er hat einen großen Anteil seiner Freude verloren, bis er ihn trifft; DISCLAIMER Ich habe diese Story schon mal hochgelad...