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Die Wärme der Wohnung umschloss mich als Jason endlich die Tür aufmachte. Mein ganzer Körper brannte voll Wut und Neugier und doch Schuldgefühlen und Trauer. Ich rieb meine Hände aneinander und streifte schnell meine Schuhe ab. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie mich mein Mate abwartend ansah.

"Okay hör zu! Es tut mir leid...", entschuldigte ich mich, "Jack hat mich angerufen und gemeint, dass die Mortus est in unser Revier eindringen – und es stimmt. Ich hab sogar eine Vermutung wer es sein könnte!" Ich hörte mich an, wie ein verrückter Wissenschaftler mit der logischsten Theorie über die Welt nur mit dem Unterschied, dass ich nicht verrückt war. Und so hörte mir Jason zu. Mit jeder passierenden Sekunde wurde mir klarer wo ich mich hinein riet - wo mich meine Gedanken hinführten. Es war eindeutig, dass unsere Feinde eindrangen, es war klar, dass sie einen Grund haben mussten! Trotzdem, desto mehr ich davon sprach, desto weiter wusste ich, dass Jason und ich nichts miteinander getan hatten. Schlussendlich beendete ich meine Erklärung und sah ihm tief in die Augen. "Tut mir leid..."

Es vergingen in etwa zwei Monate in welchen die Mortus est immer weiter vordringen, in denen ich das Rudel trainierte und einen Kampf vorbereitete. Druck baute sich in mir auf wie am Anfang eines Konfliktes und ich konnte nichts dagegen tun. Weder schlafen noch wach bleiben war eine Option also starrte ich die Decke an in der Hoffnung irgendwann einzuschlafen. Doch, zu meinem Unglück, lag ich in einem dritten Zustand da ohne etwas aus meinem Umfeld wahrzunehmen.

"James...", genervt drehte sich Jason mit verschlafenen Augen zu mir um, "Dein Handy klingelt..." Langsam setzte ich mich auf und sah auf den Annahmeknopf - 4.13 Uhr.

"Ja?"

"Guten Morgen, tut mir leid, dass ich Sie so früh störe. Es geht um ihre Mutter", die Stimme am anderen Ende klang ernst, als würden mich schlechte Nachrichten erwarten. Verdammt!

" Sie wurde am Abend tot aufgefunden. Die Ursache ist noch unbekannt, Sie haben mein Beileid..."

Sie wurde am Abend tot aufgefunden...

Ohne irgendetwas zu sagen legte ich auf und atmete zittrig aus. Sie ist tot. Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte. Wahrscheinlich Trauer oder etwas anderes. Aber nicht 'nichts'. Vorsichtig legte ich mein Handy wieder weg und sah meine Hände an. Das kann doch nicht real sein! Das kann doch alles nicht echt sein!

"Meine Mutter ist gestorben..." Es auszusprechen machte es nur noch schlimmer. Der Tag an dem meine Mutter sterben würde, kam so oder so irgendwann und doch war ich so unvorbereitet darauf gewesen.

"Hey, komm her..." Das Mitleid war kaum zu überhören und als mich Jason in den Arm nahm spürte ich wie allmählich Tränen in meine Augen schossen. Auch als ich eine Woche später an ihrer Beerdigung sprach war nicht viel anders.

"Meine Mutter ist ein guter Mensch gewesen. Sie war nicht die offenste, aber jemand, mit dem man gut reden konnte... " Ich wollte sagen, wie sehr sie mir leid tat, dass sie meinen Vater geheiratet hatte, dass er sie geschlagen und belogen hatte, dass er ein verdammter Alkoholiker war und, dass sie mich als Sohn hatte. Ich wollte mich für alles entschuldigen: dafür, dass ich im Gefängnis war, dass ich ein schreckliches Verhalten hatte als ich 15 war, dass ich nicht derjenige war, auf den man hätte Stolz sein können. Doch ich sagte keines von diesen Dingen, sondern zählte schöne Erinnerungen auf und Momente, die man auf keinen Fall vergessen sollte... Erst an ihrem Grab verlor ich einige Tränen — als ihr Sarg herunter gelassen wurde, wurde mir bewusst, dass dies die Realität war und ich konnte nichts tun, was sie wieder zurückbringen würde.

"Hallo James", ich drehte mich um. Eine ältere Dame mit verlaufener Schminke stand vor mir. Wahrscheinlich eine ehemalige Freundin von ihr...

"Vor ihrem Tod hat mir deine Mutter diesen Brief gegeben, sie war eine gute Frau. Falls du je was brauchst, ruf einfach an, ja?" Ich kannte diese Frau nicht. Verdammt, wo bin ich überhaupt nochmal?

"Danke..." Scheiße... Es war als wäre mein Kopf leer und mein Gedächtnis ausgelöscht. Gleichzeitig war mir bewusst wo ich war, aber es fühlte sich falsch an.

Lieber James,

Wenn du diesen Brief liest bin ich wahrscheinlich schon tot. Dein Vater und ich hatten noch einen Sohn. Er hat mir verboten es dir zu sagen, aber da ich sowieso bald sterbe, ist es unwichtig.

Leider weiß ich seinen Namen nicht, aber du solltest auf dem Dachboden noch alte Bilder finden können. Es tut mir leid, was dein Vater dir angetan hat...

Hab dich lieb,

Mama

Einen Bruder? Das muss ein Scherz sein. Was zum Teufel?

Prisoner 013 (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt