Kapitel 19

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Hajime Iwaizumi

Die riesige Halle, gefüllt mit tausenden von Menschen und mittendrin, Aiko und ich. Oikawa bettelte wochenlang, ob wir nicht zu einem seiner Spiele kommen wollten. Letztendlich sagten wir zu, er meinte, etwas Ablenkung würde uns beiden mal guttun, damit hatte er nicht ganz unrecht. Arbeit zählte nun mal nicht als geeignete Ablenkung, denn ständig dachte einer von uns an meine kleine Schwester und konnte sich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren.

Oikawa holte gerade mit seinem Aufschlag den letzten Punkt. Aiko sprang klatschend und jubelnd auf, rannte mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht zum Geländer.
"Gut gemacht, Tooru!", schrie sie. Kassierte dabei einige angewiderte Blicke von Oikawas Anhang. Bevor sie nur daran denken konnten, Aiko anzusprechen, stand ich schon hinter ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. Mein Blick sagte schon alles, die Mädels sahen sofort eingeschüchtert weg.

Ein kleines Lachen konnte ich mir nicht verkneifen, weshalb sie mich verdutzt ansah.
"Was ist denn, Schatz?"
"Nichts, nichts. Lass uns runtergehen", ich verschränkte unsere Finger miteinander und stiefelte mit ihr die Tribüne hinunter.
Unten warteten wir auf Oikawas Team. Als die Mädchen auf einmal anfingen hysterisch zu kreischen, wussten wir, dass sie auf dem Weg waren. Wie hielten deren Ohren das nur aus? Der Volleyballspieler bemerkte uns schließlich und kam zu uns an getänzelt.
"Wir haben gewonneeeen~", freute er sich.
"Ihr habt super gespielt und dein letzter Aufschlag war 'ne Wucht. Wenn man das noch Aufschlag nennen kann", lobte Aiko ihn.

Plötzlich klingelte mein Handy, ich fummelte es aus meiner Hosentasche. Schluckte schwer, als ich sah, wer mich anrief. Das Krankenhaus. Was sie wohl wollten? Hoffentlich hatten sie gute Neuigkeiten, schlechte würde ich nicht verkraften.
"D-Das ist das Krankenhaus, e-entschuldigt mich", somit ließ ich sie alleine. Schnell eilte ich nach draußen, atmete kurz durch, bevor ich mit zitternden Händen abhob.
»I-Iwaizumi, hallo?«
»Guten Tag, Iwaizumi-san. Wir rufen wegen ihrer Schwester, Yui Iwaizumi an.«
»Sagen Sie mir bitte, dass es sich um gute Neuigkeiten handelt.«
»Wir haben tatsächlich sehr gute Neuigkeiten für Sie. Ihre Schwester ist vor einer guten halben Stunde wachgeworden und wird gerade untersucht«, erklärte mir die Dame am Telefon.
Yui ist wach? Sie ist wirklich wach? Oh mein …

Knappe sechs Monate lag sie jetzt im Koma. Und jetzt war sie endlich wach, mir fiel ein Stein vom Herzen. Tränen sammelten sich in meinen Augen - vor Erleichterung.
»Iwaizumi-san?«
»E-Entschuldigung. I-Ich mache mich sofort auf den Weg. Ich danke Ihnen!«
Damit legte ich auf und sprintete in das große Gebäude zurück, egal ob ich etwas verheult aussah, ich musste es ihnen unbedingt mitteilen. Vorsichtig schlängelte ich mich an den Leuten vorbei zu den anderen, ich fiel Aiko sobald ich sie erreichte in die Arme.
"Äh Schatz? Ist alles in Ordnung?", fragte sie verwirrt. Ich löste mich von ihr und sah sie mit glasigen Augen an: "Y-Yui ist wach!"

Aiko schlug sich die Hände vor den Mund, während Oikawa die Kinnlade runterfiel. Sie dachten vermutlich, sie hätten sich verhört.
"S-Sie ist was? W-Wirklich?", Aiko begann zu schluchzen.
Oikawa sah mich fassungslos an. Er konnte es genauso wenig glauben wie ich.
"S-Sie ist wirklich wach?"
"Ja, doch! Zieh dich verdammt nochmal um, wir müssen zu ihr!", befahl ich ihm.
"Keine Zeit dafür, wir fahren sofort los, ich hole nur schnell meine Sporttasche!"
Tooru rannte los in die Umkleide, kurze Zeit später kam er mit seiner Tasche zurück. Wir drei machten uns los zu meinem Auto, Shittykawa musste ich ein wenig scheuchen. Ja, er hatte ein Spiel und war erschöpft. Aber wenn es um Yui ging, konnte er sonst auch immer flitzen.

***

Nun standen wir hier, vor Yuis Zimmertür. Aiko klammerte sich an meinen Arm. Oikawa starrte auf meine Hand, die auf dem Türgriff lag. Einmal tief durchatmen und los. Ich drückte den Türgriff herunter und öffnete langsam die Tür.
Yui saß in ihrem Bett, sie schaute aus dem Fenster.
Ich konnte es immer noch nicht glauben, meine Schwester war wirklich wach. An ein paar Geräten war sie zwar noch angeschlossen, aber es ging ihr gut. Als sie uns bemerkte, drehte sie sich zu uns. Sie hatte ein breites Lächeln auf den Lippen.
"Hey Leute, habt ihr mich vermisst?"

Yui Iwaizumi

Die drei standen wirklich vor mir, ich war endlich zurück. Hatte meine liebsten wieder, so glücklich war ich schon lange nicht mehr. Aiko und Hajime fielen mir um den Hals, ich hörte, wie Aiko begann zu schluchzen.
"D-Du blöde K-Kuh …Mach.Das.Gefälligst.Nie.Wieder!", schluchzte sie.
"Sechs lange Monate, Yui ... du lagst sechs verdammte Monate im Koma!", kam es nun von Hajime. Ich drückte die zwei so fest wie möglich. Wie sehr ich sie doch vermisst hatte. Langsam richtete ich meinen Blick nach vorne, Oikawa stand etwas weiter weg von meinem Bett. Ihm liefen Tränen die Wange herunter, seine Hände waren zu Fäusten geballt und er zitterte.

Aiko und Hajime drückte ich sachte von mir, verwundert darüber schauten sie mich an. Meine rechte Hand streckte ich Oikawa entgegen. Die zwei sahen mich jetzt verwirrt an, der Volleyballspieler hingegen starrte wie versteinert auf meine Hand. Natürlich wussten die drei noch nicht, was ich durchgemacht hatte, deswegen verstand ich ihre Verwirrung.
"Tooru … komm her", sagte ich sanft.

Jetzt hob er seinen Kopf und unsere Blicke trafen sich. Langsam griff er nach meiner ausgestreckten Hand, als er sie erfasste, zog ich ihn vorsichtig zu mir. Der Braunhaarige setzte sich auf mein Bett, meine andere Hand legte ich auf seine Wange, mit meinem Daumen wischte ich die laufenden Tränen weg. Schmunzelnd musterte ich sein schönes Gesicht. Oh man … du hast dich tatsächlich in diesen Deppen verliebt.
"Yui ... ich ...", schluchzte er.
"Alles ist gut, Tooru …"
Bei seinem Vornamen schnellte sein Kopf nach oben, mit weit aufgerissenen Augen blickte er mich geschockt an.
"H-Hast d-du …"
"Haha, ja. Du hast dich nicht verhört."

Im Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Aiko meinen verwirrten Bruder rausschob. Sie kannte mich eben einfach zu gut. Ich näherte mich langsam seinem Gesicht, schneller konnte ich auch nicht. Schließlich war ich noch nicht wirklich fit.
Kurz vor seinen Lippen stoppte ich, er sah mich verdutzt an, ich hingegen lächelte nur.
"Tooru, ich … liebe dich", flüsterte ich.
Danach verband ich unsere Lippen endlich miteinander. Es war kein langer, noch war es ein richtiger Kuss, denn er erwiderte nicht. Aber für mich war es ein schönes Gefühl, als wäre eine Last von meinen Schultern gefallen. Hatte ich vielleicht doch zu voreilig gehandelt? Vielleicht erwidert er meine Gefühle nicht mal …

Enttäuscht löste ich meine Lippen von seinen, bevor ich ihn ansehen konnte, zog er mich in seine Arme. Beruhigend strich ich Tooru über den Rücken. Es war schön, von ihm in den Armen gehalten zu werden. Plötzlich drückte er mich ein wenig von sich weg. Seine Augen glasig, jedoch lächelte er.
"Ich liebe dich auch, Yui. Mehr als alles andere auf dieser Welt."
Nun war er es, der seine Lippen auf meine legte, sofort erwiderte ich. Ich war gerade die glücklichste Person auf der Welt. Tooru gehörte endlich mir, ich war zurück und mir ging es gut.
"Tooru?", setzte ich an.
"Ja, Prinzessin?"
"Ähm ... ich wollte mich noch entschuldigen. Ich war schrecklich zu dir, das tut mir wirklich leid."
"Entschuldige dich doch nicht dafür. Du hattest bestimmt einen guten Grund, so zu mir zu sein. Ich bin vermutlich wirklich manchmal unerträglich", sagte er kichernd.

Ja, das war er wirklich, aber in diesen unerträglichen, nervigen und wunderbaren Oikawa hatte ich mich jedoch verliebt. Seit wann hatte ich bitte so kitschige Gedanken? Tooru legte sich zu mir ins Bett und wir kuschelten noch eine Weile. Aiko und Hajime kamen irgendwann auch wieder dazu und freuten sich für uns. Obwohl Hajime wirklich sehr verwundert über meine Wendung war, er hatte vermutlich genauso wenig wie ich damit gerechnet.
Ich erzählte ihnen noch ausführlich von ihren andere Ichs, die ich kennenlernen durfte und wie anders die Beziehung von Aiko und Hajime war. Toorus Blick verriet oft, dass er eifersüchtig war, dabei brauchte er das auf keinen Fall, denn er war der Einzige für mich.







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