Kapitel 7

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Yui Iwaizumi

Am späten Nachmittag lief ich alleine zurück nach Hause. Mein Bruder hätte bald Feierabend und ich wollte schonmal anfangen zu kochen, damit er, sobald er zu Hause war, direkt etwas essen konnte. Angekommen, schob ich die Tür nach innen auf. Entledigte mich meiner Schuhe und Jacke, als ich hörte, wie jemand in der Küche hantierte. Langsam schlich ich auf Zehenspitzen, um nachzusehen, wer dort war. Bitte lass es Haji sein … Oikawa war manchmal so dreist und schnappte sich unseren Ersatzschlüssel, den wir im Vorgarten versteckten, falls sich einer- nein, falls ich mich aussperrte. Er kochte dann oder machte sich auf unserem Sofa breit und sah fern. Dreister ging es einfach nicht, seitdem Haji dazu etwas gesagt hatte, machte er es seltener, aber trotzdem kam es noch ab und an vor.

Um die Ecke lugte ich in die Küche und atmete erleichtert aus als ich Hajime entdeckte, er wollte gerade anfangen Gemüse zu schneiden. Ich betrat anschließend den Raum, etwas verwundert ihn schon hier zusehen.
"Was machst du denn schon hier?", fragte ich irritiert, da er erst in einer Stunde frei hätte.
"Oh, hey. Mein letzter Patient kam nicht zu seinem Termin, aus diesem Grund konnte ich ein wenig früher Feierabend machen."
Hajime und Aiko führten seit einem Jahr gemeinsam ihre eigene Praxis - Sportmedizin und Physiotherapie. Unsere Eltern, sowie Aikos Eltern legten etwas dazu und da ihr Budget für nur eine Praxis reichte, entschieden sie sich eben dafür, anstatt jeder seine eigene eröffnen würde. Anfangs hatte ich meine Bedenken, ob das so eine prickelnde Idee war, aber die zwei bekamen es super hin Privates und Berufliches zu trennen.

"Yui, könntest du dich vielleicht schonmal um den Reis kümmern?", bat er mich.
"Ja, klar", somit schnappte ich mir eine Kochschürze und half ihm beim Kochen.
"Sag mal, wo ist eigentlich Oikawa, sonst hängt er doch auch ständig hier?", fragte ich, während ich versuchte den Reiskocher aus einem Schrank zu holen. Mein Bruder half mir schließlich, da ich einfach nicht drankam. Drückte mir diesen schließlich, mit einem frechen Grinsen im Gesicht, in die Hände: "Vermisst du ihn etwa so sehr, Yui?"
Meine Augen weiteten sich sofort.
"NEIN! Um Gottes willen, nein. Nein, nein, nein!", brüllte den Größeren empört an. Ich? Oikawa vermissen? Hahaha, dass ich nicht lache. Wie kam er bitte darauf? Als würde ich diesen Idioten vermissen! Es war eher schön, mal etwas Ruhe von ihm zu haben!
"Hört sich aber nicht so an", da fing er an blöd zu lachen.
Ich schlug ihm gegen die Schulter, maulte ihn an: "Ich mag den Idioten nicht mal!"

***

Ein kurzer Blick auf die Uhr, verriet mir, dass ich noch eine gute Stunde Zeit hatte. Den Reiskocher schaltete ich ab und füllte den Reis in eine Schüssel, wollte mich damit gerade an meinen Bruder wenden, als ich Tollpatsch ausrutschte. Ich sollte mir angewöhnen meine Hausschuhe zu tragen, nur mit Socken rutschte ich nämlich ständig auf diesem blöden Boden aus. Aber … ich lernte es eben nie, bis heute. Denn die Schüssel flog im hohen Bogen weg, Hajime der sich erschrocken umdrehte, fing diese mit viel Glück auf. Anstatt er mich auffängt!!!

Und dann knallte ich auch schon mit dem Kopf gegen die Küchenzeile.
Autsch ...
Für kurze Zeit war alles schwarz, aber dies legte sich nach ein paar Minuten wieder. Hajime hatte die Schüssel an Seite gestellt und kniete nun vor mir.
"Oh Gott Yui! Geht es dir gut?", erkundigte er sich sichtlich besorgt.
"Ja … mein Kopf tut nur ein wenig weh. Geht gleich schon wieder."
Gelogen.
Er tat höllisch weh, aber ich wollte nicht, dass er sich weiter Sorgen um mich machte. Er half mir schließlich auf und setzte mich auf einen Stuhl. Vorsichtig strich er mir über den Kopf, hockte sich vor mich, immer noch bekümmert um mein Wohlergehen.
"Sicher, dass alles gut ist? Du hast die Platte ordentlich erwischt. Lass mich wenigst-"
Augenrollend zickte ich ihn an, denn seine Sorge ging mir gerade ziemlich auf die Nerven: "Mir geht es gut, Hajime!"

"Wenn du meinst … aber wenn-"
"Ja ja, ich geb dir Bescheid, wenn sich etwas ändern sollte. Lass uns lieber essen, ich hab Hunger. Du hast ja nicht umsonst den Reis, anstatt mich gerettet …"
Sein Gesicht verriet mir, dass es ihm leidtat, vielleicht war ich auch ein wenig harsch. Fühlte mich plötzlich etwas mies, jedoch hielt ich einfach die Klappe und wartete darauf, dass er das Essen servierte.

Nach dem Essen räumte er alles ab, ich sollte ihm nicht helfen, also stand ich auf um mich nochmal etwas frisch zu machen. Zog mir ein grünes, bauchfreies Top und eine graue Jogginghose an. Als ich damit fertig war, packte ich noch schnell eine Tasche, mit frischer Kleidung und die Kulturtasche durfte natürlich auch nicht fehlen. Wieder unten angekommen, sah der schwarzhaarige mich eindringlich an.
"Ich werde dich fahren."
"Mein Gott Hajime! Mir geht es gut, hör endlich auf dir Sorgen zu machen. Ich kann selber fahren!", sagte ich mehr als genervt.

Irgendwann reicht es auch mal. Ich stampfte an meinem Bruder vorbei, stieß dabei gegen seine Schulter. Zog mir umgehend Schuhe und Jacke an und verließ ohne noch etwas zu sagen das Haus. Ignorierte dabei komplett, was Hajime mir hinterherrief.

Auf dem Weg zur Praxis nahm ich die längste Strecke, da ich noch Zeit und keine Lust hatte ewig auf meine beste Freundin zu warten.
Plötzlich merkte ich ein ziehen im Nacken, das musste vom Aufprall kommen, denn dieses ziehen zog bis in den Kopf. Froh darüber, dass ich in ein paar Minuten bei Aiko war, denn sie kannte sich damit aus. Hoffentlich nichts Ernstes, das konnte ich in meinem Urlaub so gar nicht gebrauchen. Der Schmerz wurde immer unerträglicher, langsam wurde mir schwummrig. Kopfschüttelnd versuchte ich mich zusammenzureißen, für einen kurzen Augenblick half es, doch von jetzt auf gleich dröhnte mein Kopf höllisch und meine Sicht verschwamm komplett.
Scheiße! Nicht jetzt!

Krampfhaft konzentrierte ich mich irgendwie auf den Verkehr. Ohne Erfolg. Alles passierte daraufhin recht schnell, ich verriss das Lenkrad und mein Auto steuerte damit in den Gegenverkehr, ich bekam nur noch einen Knall mit und dann wurde alles schwarz.

was, wenn es Liebe ist ...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt