Kapitel 3

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"Dann hätte ich dich umgebracht."
Diese Worte hallten in deinem Kopf immer und immer wieder. Auch konntest du eine Sache daraus schließen:

Dabi's Interesse galt nicht deiner Sicherheit, weil er sich wirklich um dich sorgte, sondern mehr, weil du ihm vom Nutzen zu sein scheinst.
Abgesehen davon schien er kein bisschen gesprächig zu sein. Im Gegenteil. Er versuchte jede Möglichkeit zu vermeiden, in der eine Gelegenheit zu einem kleinen Gespräch hätte entstehen können. Ob du darüber froh warst oder nicht, darüber ließe sich streiten. Du hattest viele Fragen, auf die du gerne Antworten hättest, aber auf der anderen Seite wolltest du es auch nicht wissen und nur deine Ruhe haben.
So wie er auch.

Dabi saß auf dem Bett und sah konzentriert auf den Bildschirm seines Handys.
"Du siehst ziemlich besorgt aus. Ist was?", bemerkst du und verschränkst deine Arme.
"Es haben sich wie es scheint ein paar Dinge geändert", antwortete er, ohne dich eines Blickes zu würdigen. Er tippte auf eine Fläche auf dem Bildschirm und stand auf, während er den Hörer an sein Ohr hielt.

"Was meinst du mit es haben sich ein paar Sachen geändert? Wir wollten doch heute Abend noch aufbrechen?", grummelst du. Dabi hob seine Hand in deine Richtung und signalisierte dir damit ruhig zu bleiben. Genervt verziehst du dein Gesicht und beobachtest ihn, wie er von einer Ecke im Zimmer zum anderen marschierte wie eine Raubkatze.

"Was brauchst du so lange, bis du abgehoben hast? ...Ansonsten klebst du auch immer an dem scheiß Ding. ...hör mal zu du kleines- ...okay, okay", er rieb sich über die Stirn und kniff angestrengt seine Augen zusammen. "Was soll dieses Ding? Wir sollen nicht kommen? ...ja, wir. Ich habe jemanden gefunden", Dabi's Blick wanderte zu dir und er musterte dich durchdinglich.

'Mit wem redet er gerade?'

Neugier packte dich und du läufst ebenfalls im Raum umher. Du tust so, als würdest du dich umsehen, aber wirklich versuchst du nahe genug an Dabi heranzukommen, um etwas mithören zu können.
Dabi schien dein Vorhaben schnell erkannt zu haben. Er legte eine Hand auf den Hörer und hielt ihn etwas weg.
"Frag doch, ob du mithören willst, anstatt so unbeholfen rumzulaufen. Das tut ja schon weh beim Zusehen", flüsterte er dir zu und verzog das Gesicht. Verärgert hebst du ihm deinen Mittelfinger entgegen. Seine Augen verformten sich zu Schlitzen und er musterte dich mit einem gefährlichen Blick.

"Ja, ich bin noch dran", er hob den Hörer wieder an sein Ohr, ohne dich aus den Augen zu verlieren. Mit ein paar großen Schritten stehst du vor ihm und beugst dich etwas zu ihm herüber, um mit ihm mitzuhören. Der Geruch von Zigaretten und Rauch stieg dir wieder stechend in die Nase und du hältst den Atem an. Es war dir irgendwie unangenehm so in seiner Nähe zu sein. Ihr hattet vielleicht im selben Bett geschlafen, aber das war außerhalb deines eigenen Bewusstseins. Es war etwas an diesem Typen, das dich komplett aus der Bahn warf und nicht in Ruhe lies. Er kam dir bekannt und doch so fremd vor. Diese Gefühle harmonierten kein bisschen miteinander und es machte dich verrückt.

"Ihr solltet lieber die kommenden Tage in dieser Hütte im Wald kommen. Der Boss meinte, dass es zu riskant wäre genauere Informationen über das Telefon mitzuteilen." Es war eine weibliche Stimme. Nein. Sogar ziemlich jung. Sie schien heiter und dennoch etwas düster und gefährlich. Du rückst etwas näher an Dabi heran und versuchst die Stimmen, die du im Hintergrund wahrgenommen hattest, ebenfalls abzufangen.

"Wenn er Probleme hat, kann er jeder Zeit den Doktor erreichen", hörtest du eine kratzige und raue Stimme, die in ziemlicher Ferne lag.
"Hast du das gehört, Dabi?", fragte das Mädchen am Hörer.
"Ja, das habe ich", bestätigte er und wartete, bis die Person auf der anderen Seite die Verbindung abbrach. Er atmete schwer aus und legte ebenfalls auf, trat einen Schritt von dir und holte tief Luft, um sie wieder mit einem schweren Seufzen auszustoßen.

"Hast du Asthma? Du schnaufst ja richtig heftig", stellst du fest und betrachtest ihn belustigt. Er rollte mit den Augen und hob einen Finger hoch.
"Ich kann es nicht ausstehen, wenn man mir so auf die Pelle rückt, verstanden, Mädchen?"
"Ist nicht meine Schuld, wenn du zu dumm bist, um den Lautsprecher einzuschalten", du zuckst lediglich mit den Schultern. Dabi lachte. Es war ein beängstigendes und warnendes Lachen. Erneut kam er einen Schritt auf dich zu.
"Hör mal zu du Früchtchen", seine Hand packte deinen Hals und er begann die Seiten zuzudrücken. "Du bist nur am Leben und auf freiem Fuß, weil ich es dir ermöglicht habe. Ich bin nicht der geduldigste und freundlichste Mensch", seine Hand um deinen Hals wurde wärmer und immer wärmer, bis es schließlich zu einem brennenden Schmerz wurde. Du ringst nach Luft und packst nach seiner Hand, um sie von deinem Hals zu reißen, aber sein Griff blieb eisern. Du versuchst dich zu beruhigen und zu sammeln, um deine Spezialität zu benutzen und konntest spüren, wie die Temperatur, die von deiner Hand ausging, immer und immer mehr sank. Nur schien es ihn nicht zu interessieren.

'Ich bin an meinem absolut tiefsten Punk...warum spüre ich das nicht? Ansonsten würde mich das fast selber umbringen?'

Dein Blick wanderte von deiner Hand in Dabi's Gesicht, der dich ausdruckslos ansah.

"Es braucht nur eine kleine Geste und ich lasse dich wie alle anderen binnen Sekunden zu Asche zerfallen. Du bist nichts weiter als ein Handlanger in dieser Gruppe. Eine falsche Bewegung oder noch so eine dumme Bemerkung und ich bringe dich um. Darauf kannst du Gift nehmen. Hast du verstanden?"
Keuchend nickst du und er ließ blitzschnell von dir ab. Schwer atmend und nach Luft ringend fällst du zu Boden. Deine kühle Hand lag um deinen Hals, wo seine vor wenigen Sekunden noch lag. Es tat höllisch weh. Hustend versuchst du dich wieder aufzurichten. Dabi sah mit gerunzelter Stirn auf seine Handfläche, mit der er deinen Hals gequetscht hatte, bevor er sie dir hinhielt, um dir aufzuhelfen, aber du schlägst sie aus deinem Gesicht.

"Fass mich bloß nicht an, hörst du?", zischst du und funkelst ihn wütend an. Fragend hob er eine Augenbraue und sah beinahe so aus, als würde er nicht verstehen, weshalb du ihn am liebsten umbringen wolltest. "Fass mich nicht an", wiederholst du dich und hebst deine Hand hoch. Sie zitterte, aber du warst nicht sicher, ob es vor Angst oder vor Wut war. Vielleicht auch beides?

"Soll das eine Drohung sein, Kleines?", fragte er mit sarkastischem Unterton.
"Ja", sagst du bissig. "Wenn du mich noch einmal so anfasst oder sonst irgendeine Scheiße abziehen solltest, dann bin ich es, die dich umbringen wird. Darauf kannst du Gift nehmen, verstanden?"

Twin FlamesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt