Kapitel 6

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"Komm mit", sagte der Mann, der noch immer dicht hinter dir stand. Seine Hände ruhten sanft auf deinen Hüften. Das mulmige Gefühl der Drogen, die in der Luft hingen und sich in deinem System breitgemacht hatten, waren durch den Schock wie davongeflogen. Nun, bei diesem Typen könnte man wortwörtlich vom Fliegen reden.

'Was hat der denn hier zu suchen? Sind hier noch mehr, oder ist er allein?'

Du versuchst die Nerven zu behalten und siehst dem blonden und heiter vor sich hin lächelnden Mann vor dir an.
"Ich denke nicht, dass das so eine gute Idee ist", kicherte du dümmlich. Am liebsten hättest du dir die Zunge abgebissen. Dieses Verhalten passte nicht zu dir. Du hasst es wie die Pest
"Oh? Warum denn?", fragte er sichtlich bestürzt.
"Ich gehe nicht bei der ersten Bekanntschaft mit Fremden", erklärst du und siehst ihn entschuldigend in die goldenen Augen. Sie sahen aus, wie flüssiger Honig.
"Das ist sehr schade", seufzte er und wich ein paar Schritte von dir, um dir wieder Platz zum Atmen und Bewegen zu geben. "Könnte ich dich dann wenigstens zu einem Drink einladen?"

'Hawks will mich zu einem Drink einladen? Es kann doch wohl kein Zufall sein, dass er mich ausgesucht hat bei der Auswahl hier...wo zum Teufel steckt Dabi?!'

Du musterst ihn prüfen von Kopf bis Fuß. Hawks trug eine ausgewaschene lockere Jeans und ein weißes Hemd, das bis auf drei Knöpfe komplett offen war. Darunter konntest du einen perfekt gebauten Körper sehen.
Hawks war neben seinem Job als Held auch ein Model. Du hattest ihn schon oft genug im Schaufenster auf Plakaten oder an irgendwelchen Werbetafeln gesehen.
Sein plötzliches Auftreten machte dich stutzig, denn warum würde er von all den Leuten dich ansprechen? Warum war er an so einem Ort als Held? Wohl nicht privat, denn das würde für seine Karriere fatale Konsequenzen mit sich bringen.

'Vielleicht kann ich etwas in Erfahrung bringen und währenddessen nach diesem Vollidioten Ausschau halten'

"Na gut", lächelst du Hawks an und lässt dich von ihm an seinem Arm an die Bartheke führen. Die Fläche war dunkel und reflektierte wie alles andere in dem Raum die Lichter, die wild umher blitzten.

'Klar wurden hier Drogen rumgeballert. Anders könnte man dieses Chaos vermutlich nicht lange aushalten.'

Deine Augen schweiften immer und immer wieder über die Tanzfläche und suchten nach Dabi's nicht übersehbaren Gestalt, aber alles, was du in dem gedämmten Licht ausmachen konntest, waren halbnackte Körper, die sich im Rhythmus zur Musik aneinanderschmiegten. Von deinem Momentanen Standort aus konntest du auch nicht wirklich den verabredeten Treffpunkt mit Dabi sehen. Du warst also auf dein Vertrauen in Dabi hingewiesen. Das Vertrauen, dass er die eigene Initiative ergreifen würde und nach dir suchen würde.
Du konntest auf jeden Fall nicht weg von hier. So viel stand fest.

"Suchst du jemanden, meine Teuerste?", fragte Hawks und hob dir ein Glas mit einer milchigen Flüssigkeit entgegen, in der sich ein paar Eiswürfel befanden. Sie schwebten im Getränk umher. Das war schon mal ein gutes Zeichen.
"Ich suche niemanden. Ich verstehe nur nicht, wie man sich regelmäßig an Orten wie diesen aufhalten kann. Mir wäre das Gedränge zu viel", schüttelst du mit dem Kopf.
"Aber dennoch bist du hier", sagte er mit einem Lächeln und nippte an seinem Getränk.
"Ja. Ich hatte gehofft, dass ich vielleicht eine neue Freizeitbeschäftigung finden würde, wenn ich mich auch etwas aus meiner Komfortzone bewege, aber naja." Du schwenkst den Inhalt des Glases etwas umher, schnupperst etwas und versuchst mit allen Mitteln nicht zu würgen. Es Roch bitter und süß zugleich. Die Geruchsnoten bisschen sich auf eine unangenehme Art und Weise.
"Dann nehme ich an, dass du es auch nicht sonderlich mit dem Trinken hast, was?", kicherte Hawks und nahm dir das Glas aus der Hand. "Ein Wasser für die Dame, bitte."
Dankend seufzt du und nimmst das Wasser entgegen, das der Barkeeper in deine Richtung stellte.

"Entschuldige. Ich hätte es besser wissen müssen, als ich das Zeug bestellt hatte", nervös kratzte er sich an seinem Hinterkopf.
"Oh, nein. Alles gut. Du wolltest doch nur aufmerksam sein", beruhigst du ihn und winkst ab. Hawks lächelte schwach.
"Warum hast du ausgerechnet diesen Club ausgewählt? Von all den Auswahlmöglichkeiten in Tokyo musste es dieser hier sein?"
"Dasselbe könnte ich dich fragen", konterst du und wirfst ihm einen kurzen Blick zu. "Du, einer der Top-Helden Hawks, befindet sich an einem kalten Winterabend in einem Club wie diesem und redet von all der großen Auswahlmöglichkeiten von schönen Leuten gerade mich an."
"Gut gespielt, Kiddo", lachte er. "Der Grund, warum ich mich hier befinde, ist...ich habe diesen Ort willkürlich gewählt, wenn man das so sagen will. Warum ich dich angesprochen habe", nachdenklich rieb er sich über seinen Kinnbart. "Ich schätze du sahst aus, als würdest du etwas Gesellschaft wollen."
"Verständlich", grinst du. "Ich bin nicht wirklich der Typ, der von außen schreit, dass ich ein kontaktfreudiger Mensch bin, huh?"
"Kein bisschen", lachte er erneut. "Aber unterhalten kannst du dich wenigstens ganz gut."
Lächelnd nickst du.

'Den Ort willkürlich gewählt? Mein Arsch...'

"Bist du auch alleine hier? Oder hast du dich mit jemandem verabredet?", fragst du weiter und trinkst von deinem Wasser, das dir eiskalt den Hals hinunterlief.
Hawks musterte dich für einen Moment. Er schien vorsichtig darüber nachzudenken, was er als nächstes sagen sollte. War ihm nicht zu verübeln. Hawks war unter den Top-Drei Helden. Du warst dir sicher, dass er wusste, wer du warst. Dafür würdest du deine Hand ins Feuer legen. Jedoch machte dich seine Antwort etwas stutzig.

"Ich bin alleine hier. Ich habe etwas Auszeit gebraucht und habe es anscheinend auch gefunden", mit einem charmanten Lächeln deutete er mit seinem Glas in deine Richtung, bevor er einen Schluck nahm.
"Schön dir heute Abend eine Hilfe gewesen zu sein können, Hawks." Du leerst dein Glas und stellst es vor dich auf die Theke und siehst dich noch einmal um. Aber du konntest ihn nirgends sehen.

'Was treibt dieser Trottel schon wieder?'

"Ich muss kurz auf die Toilette", sagst du zu Hawks, der dir mit einem verständlichen Nicken zu bedeuten gab, dass er verstand und auf dich warten würde. Hattest du vor wieder zu ihm zu gehen und weiter zu tratschen? Das wusstest du nicht.

'Ich muss echt mal, aber ich sollte auch Dabi finden...'

Du beschließt dich auf den Weg zu den Toiletten zu machen und währenddessen immer wieder nach Dabi Ausschau zu halten, aber du konntest ihn nicht finden.

'Er wird wohl nicht derjenige gewesen sein, der letztendlich davongerannt ist.'

Vor dich hin fluchend reibst du deine Handflächen und stoppst vor den Türen, die zu den Toiletten führten. Du wusstest nicht genau, was dich da drin erwartet, aber wenn du allein von der Tatsache ausgehen würdest, was hier Draußen alles abging, dann würde auf einem etwas mehr privaterem Ort wie dem Klo etwas mehr die Post abgehen.

Mit großem Widerwillen stießt du die Türe zu den Kabinen auf. Das Licht war ein merkwürdiges Pink und es roch nach Urin und Zigaretten. Angewidert siehst du dich um und warst am Debattieren, ob du doch lieber nicht auf eine der Toiletten gehen solltest. Noch bevor du dich wieder zur Türe umdrehen konntest, stockst du in deiner Bewegung, als du endlich gefunden hattest, nachdem du die ganze Zeit gesucht hattest.
Es war Dabi.

Twin FlamesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt