Kapitel 12

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-Dabi-

Er lief durch die verlassenen Straßen des kleinen Vorortes, in den er Y/N bis letzte Nacht noch verfolgen konnte. Weit konnte er nicht gehen, da dieser Pro-Hero an ihrer Seite war. Dabi musste in den Schatten und auf Distanz bleiben, dass er nicht bemerkt wurde, aber wie er ihn kannte, wusste Hawks bereits seit einer Weile, dass auch er in der Nähe war. Ob es nun im Club gewesen war, oder danach. Vielleicht wusste er sogar, dass Y/N und Dabi vorhatten in diesen Club zu gehen, was Dabi wiederum zu einer weiteren Frage leitete:
Wie lange verfolgte Hawks ihn schon? Oder verfolgte er Y/N? Arbeiteten sie zusammen und wollten ihn hintergehen?

'Das ist doch total aus den Wolken gegriffen...reiß dich zusammen, verdammt...', mahnte Dabi sich selbst. Als er sie letzte Nacht an den Toiletten gesehen hat, war sie selbst zu überrascht gewesen, dass diese eine Frau sich an sie geklammert hatte. Es sah für ihn zu echt aus, als dass sie es alles inszeniert hatte. Dabi erkannte einen Lügner, wenn er einen vor sich hatte und bei Y/N hatte er bisher immer eine Aufrichtigkeit wahrnehmen können. Wenn auch etwas hochnäsig und trotzig, aber dennoch ehrlich.

Er gab einen tiefen Seufzer von sich und versuchte sich auf seine eigentliche Aufgabe zu konzentrieren.
Er wollte Y/N unter allen Umständen wieder finden und mit sich zur Liga der Schurken mitnehmen.

Der Schneesturm, der tobte, war absolut verrückt. Kein Wunder, waren die Straßen wie leergefegt. Dennoch machte er es ihm schwerer sie zu finden.

'Wie zur Hölle soll ich so was erkennen?'

Bis vor ein paar Stunden war der Sturm noch ruhig gewesen. Ein leichter und angenehmer Schneefall, aber dass er sich in so kurzer Zeit so dermaßen verstärkte, hatte Dabi nicht in seinem Plan miteinkalkuliert. Er hatte das Glück, dass ihn die Kälte nichts ausmachte. Um ehrlich zu sein, war ihm kaum kalt. Es war angenehm. Die Kälte und die Hitze, die seine Spezialität von Natur aus ausstrahlte, glichen sich aus. Ein so ähnliches Phänomen war ihm schon ein paar Mal passiert, aber nur mit einer Person.
In seinem kleinen Streit mit Y/N, als sie versuchte ihn mit ihrer Eis-Spezialität zu schaden, bemerkte er, dass es ihn nicht wirklich gekratzt hatte. Er spürte die Kälte vielleicht klar und deutlich, aber im Vergleich zu was sie mit anderen Menschen, die nicht so waren wie er, gemacht hätte, war das ein Witz. Ob Y/N mit ihrer Spezialität gegen Dabi keine Chance hatte, wusste er selbst nicht. Ihm war auch aufgefallen, wie sehr sie ihre Spezialität schlauchte und an ihrem eigenen Leben labte. Wie bei ihm. Jedoch hatte er als einzigen Vorteil das Wetter. Durch die bereits enorme Kälte würde ihre Körpertemperatur schneller sinken als im Normalfall. Wäre es jedoch dieser besagte Normalfall vorhanden, dann wäre es eine Frage der Ausdauer, wer den Schmerz länger aushalten konnte und den stärkeren Lebenswillen hatte.

Die Tatsache, dass Dabi Y/N in der kurzen Zeit bis ins kleinste Detail analysiert hatte, verwunderte selbst ihn. Ansonsten würde es ihn kein bisschen kümmern. Y/N nervte ihn vielleicht ein ziemliches bisschen, aber dennoch schien sein Unterbewusstsein Interesse zu zeigen und ihm seinen Beschützerinstinkt aufzwingen zu wollen.

Dabi dachte weiter über Y/N's Spezialität nach.

'Wenn meine Körpertemperatur von Natur aus über dem Durchschnitt ist, würde das bei ihr auch so sein, nur in die andere Richtung?'

Plötzlich überkam Dabi ein Gedanke, der selbst sein Blut in den Adern gefrieren ließ.

Er musste hoffen, dass Y/N wo auch immer sie gerade war, an einem sicheren und warmen Ort war. Wenn seine Theorie stimmte, und sie zusätzlich so dumm war, wie er sie auch einschätzte, rausgegangen ist, um wieder auf eigenen Beinen zu stehen, dann wird dieses Wetter in weniger als Minuten ihr Tod sein.

Leise vor sich hin fluchend, stapfte er schneller durch den Schnee und bemühte sich wachsamer durch den Sturm zu sehen. Dabi hatte ihr vielleicht angedroht sie bei dem kleinsten Verrat umzubringen, aber er meinte es nicht so, wie er es ihr gesagt hatte. Er wusste nicht, wie er mit Menschen umzugehen hatte. Er wollte sichergehen, dass sie ihm nicht von der Seite weichen wird und damals zu dem Zeitpunkt schoss ihm die Drohung als erstes in seinen Kopf und schien ihm richtig.

'Scheiße, bist du bescheuert', verfluchte er sich selbst. 'Ich würde es ihr nicht mal verübeln, wenn sie versuchen würde abzuhauen. Wer würde denn schon gerne freiwillig mit einem Mörder...'

Er versteckte seine zu Fäusten geballten Hände in den Manteltaschen und knirschte mit den Zähnen. Umso mehr Dabi darüber nachdachte, desto mehr wuchs der Hass ihm selbst gegenüber. Er dachte zu viel und er hasste sich manchmal abgrundtief dafür. Er interpretierte immer das Schlimmste und beschloss seine Aktionen basierend auf diesen. Waren sie dann auch richtig und seine Entscheidungen auch gute Entscheidungen...das ließ er mal außenvor...

Dabi nahm sich fest vor, klarzustellen, dass Y/N bei ihm nichts zu befürchten hatte.

Sein Blick fiel auf eine kleine Seitengasse, auf die er zusteuerte, um einen kurzen Moment zum Nachdenken zu haben, wo er sie zunächst suchen konnte. Nicht, als würde er schon die ganze Zeit darüber nachdenken, aber der Schnee fing langsam an ihm gewaltig auf die Nerven zu gehen.

Seufzend lehnte er sich gegen die Backsteinmauer und sah nach oben. Die Wolken hatten eine merkwürdige Farbe. Die Mauern boten einen guten Schutz von den vielen Schneeflocken und er hatte nun endlich etwas mehr Ruhe für seinen Kopf zu arbeiten.

'Bin ich verweichlicht?', er sah hinab auf seine Hände und seine Augen weiteten sich in Schock, als er sah, was auf dem Boden unter einer feinen Schneeschicht vergraben lag.

"Y/N?!", er sank auf die Knie und zog sie an einem dicken Mantel, den sie trug, aus dem Schneehaufen in seine Arme.

'Sie ist völlig unterkühlt...'

Er betrachtete sie durchgehend und überlegte, was er tun sollte. Er wusste keinen konkreten Ort, zu dem er gehen konnte, wo er sie in Ruhe wieder aufwärmen konnte. Sein Unterkiefer spannte sich an und er stand mit Y/N in seinen Armen auf. Behutsam legte er seine Hand auf ihre Brust oberhalb ihres Herzens und atmete erleichtert aus, als er einen sehr schwachen Herzschlag fühlen konnte. Dabi hatte nicht die Intention sie aufzugeben, bis er keinen Herzschlag mehr fühlen konnte. Y/N war zäh. Das hatte sie ihm soeben ein für alle Mal bewiesen.

Twin FlamesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt