Kapitel 7

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Dein Kopf dröhnte wegen der Lautstärke. Selbst im hinteren Teil des Gebäudes in den Toiletten war der Druck enorm. Die Luft war anders jedoch nicht weniger schlimm.
Deine Augen formten sich zu schmalen Schlitzen, als du versuchst durch die vielen Personen, die hier vor dir standen, klar sehen zu können. Und da sahst du ihn. Den Idioten, den du schon die ganze Zeit gesucht hattest und meinte er würde seiner eigentlichen Aufgabe nachgehen.
Dabi.

Er war mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt und an seiner Brust lehnte eine schmale Frau, die ihr Bein um seine Hüfte geschwungen hatte. Seine Hände ruhten auf ihren Hüften und fuhren mit den Fingerspitzen auf und ab. Plötzlich schubst dich jemand von hinten und du drehst dich empört um.

"Pass doch auf, wo du hinläufst, verdammt", sagst du zu der Person. Eine weitere Frau, die dich aber aus einem völlig benommenen Schleier vor den Augen ansah. Sie schien komplett High zu sein und nicht mehr zu verstehen, was um sie herum passierte. Sie hatte schwarzes lockiges schulterlanges Haar und eine relativ dunkle Haut. Schwer zu erkennen. Die Beleuchtung hier war unglaublich komisch. Alles sah gleich aus, aber dann wieder nicht. Mit einem ausdruckslosen Gesicht umklammerte sie deinen Arm und schmiegte sich an dich.

"Scheiße, na toll", seufzt du und lässt deinen Blick wieder zu Dabi und der Frau streifen. Er sah dich mit demselben Ausdruck an, wie du ihn vor wenigen Sekunden. Die Frau war von seiner Abwesenheit nicht betroffen und übersäte seinen Hals weiterhin mit Küssen. Dann aber packte er sie an ihrem Kinn und drehte sie etwas zur Seite, dass du sie beide besser sehen konntest. Er begann sie mit einer so enormen Leidenschaft zu küssen, dass es selbst ihr die Sprache verschlug. Die Frau wurde scheinbar ganz weich in den Knien, denn sie wäre beinahe gestürzt, wenn Dabi sie nicht fest mit seiner anderen Hand an ihrer Hüfte gepackt hatte.

"Sagenhafte Arbeit, Kollege", grummelst du. "Wenn er so nach Anhängern sucht, muss sein kleiner Club doch relativ groß sein, oder?", fragend siehst du zu der Frau hinab, die immer noch an dir hing. Ihre Augen waren geschlossen.

'Sie ist komplett zugedröhnt...'

Du legst einen ihrer Arme um deinen Nacken und läufst mit ihr wieder aus den Toiletten. Es war pures Gift wieder in die Drogenwolke zu laufen, aber sie musste hier raus, und zwar schnell.

'Ich kann sie hier nicht allein lassen', denkst du und siehst dich um. Männer sahen den tanzenden Frauen hinterher wie ein Raubtier, das gerade seine Beute gefunden hatte. Sie reichten ihnen immer mehr Getränke und wer weiß was für Substanzen in nicht nur den Getränken. Umso mehr du dich umsiehst, desto mehr wird dir wirklich bewusst, was für ein abnormaler Ort das hier wirklich war.

"Ich hoffe er ist noch, wo er war", murmelst du vor dich hin und machst dich mit der Frau im Schlepptau wieder auf den Weg zur Bar. In der Hoffnung die Person zu finden, die für dich vermutlich noch mehr Ärger bedeutet als Dabi.
Hawks.

Zu deinem Glück konntest du sein Paar Flügel hervorstechen sehen. Ein Lächeln umspielte deine Lippen und du drückst die Frau sanft an dich.
"Du bist hier gleich raus, versprochen."

Hawks schien dich zu bemerken, bevor du schon in Reichweite warst seinen Namen für ihn hörbar zu sagen. Er drehte sich um und seine Augen weiteten sich. War es Schock? Verwunderung? War er erstaunt oder überrascht? Seine Gesichtszüge zu lesen war auch nicht das einfachste. Klar, wenn man so hoch oben als Held agiert...

"Wer ist das denn?", fragte er und kam auf dich zu und betrachtete dich und die Frau abwechselnd mit neugierigen Augen.
"Ich wollte aufs Klo, aber sie hat sich an mich gehangen und dann wurde nichts draus", grummelst du vor dich hin. Hawks lachte und machte Anstalten sie von dir zu lösen, aber die Frau schien nicht von deiner Seite weichen zu wollen. "Ich wollte sie rausbringen. Am besten zu ihr Nachhause. In Sicherheit", erklärst du. Hawks' Augen verdunkelten sich und er musterte dich prüfend.
"Warum würdest du das wollen? Du kennst sie doch nicht?"

'Warum? Warum ich, jemand der keine Heldin ist, sondern Leute lieber ausraubt und gelegentlich auch umbringt, einer Fremden helfen will? Alter ich habe keine Ahnung?!'

"Ich schätze ich kann sie hier nicht s allein lassen. Um die Zeit ist es draußen auch zu Gefährlich", brabbelst du, aber Hawks schien nicht wirklich überzeugt. "Hör zu", seufzt du und richtest die Frau wieder hin, da sie anfing immer wieder von deinem Arm zu rutschen. "Hier sind unglaublich viele Drogen in der Luft. Das ist für sie pures Gift, wenn sie das weiter einatmet. Ich bin kein Monster und würde jemanden niemals etwas antun, wenn die Person es nicht verdient."
"Hast du jemandem etwa schon was angetan?", fragte Hawks und steckte seine Hände in seine Hosentasche.

Deine Gedanken schweiften zu dem Vorfall neulich mit der Frau und den zwei Schurken. Du hattest beide getötet, um die Frau zu retten.

"In Notlagen", sagst du bloß und starrst ihm stur ins Gesicht. Hawks seufzte und fuhr sich durchs Haar.
"Na schön. Ich werde euch begleiten, dass ihr auch sicher ankommt, verstanden?"
"Ich habe selbst eine Spezialität, mit der ich mich verteidigen könnte."
"Kid, ich habe dich nicht gebeten. Das war ein Befehl. Ich komme mit."
Du schluckst schwer und nickst bloß.

'Scheiße.'

"Lass uns gehen und sie draußen fragen, wo sie wohnt. Nach etwas frische Luft wird sie wenigstens etwas besser ansprechbar sein", sagte Hawks und stellte sich hinter dich und der Frau, um euch aus dem Club der Hölle zu führen. Deine Augen huschten wieder zu dem teil, wo du die Toiletten gefunden hattest.

'Wenn ich jetzt verschwinde. Zu einer fremden Person. Wird er mich wirklich finden? Wird er mich auch wirklich töten? Würde Hawks mich beschützen?'

Du drehst deinen Kopf etwas zur Seite, um einen Blick über deine Schulter erhaschen zu können. Hawks schien konzentriert und angespannt. Warum?

'Würde er mich beschützen, oder wusste er wer ich wirklich bin? Vielleicht wusste er es, aber wollte mich nicht töten. Was dann? Wegsperren? Niemals! Nicht nochmal!'

Während deine Gedanken Achterbahn fuhren, führte euer Weg an der Menschenmasse vorbei zum Eingang, wo zwei breit gebaute Security waren und die Menschen weniger aufmerksam abcheckten. Du konntest jedoch schon eine leichte, kühle und angenehme brise von frischer Luft wahrnehmen. Auch die Frau neben dir schien es zu bemerken und seufzte leise auf.

"Wir haben's gleich geschafft", versicherst du ihr. Hawks legte seinen Arm um dich und drückte dich weniger sanft durch den Ausgang und zog dich etwas mit sich die Straße entlang. Der kalte Wind peitschte dir ins Gesicht, aber du heißt ihn mehr als willkommen.
Schnell viel dir aber auf, dass die Frau nicht mit Hawks' Geschwindigkeit mithalten konnte und du reißt dich aus seinem Griff, um ihr weiter zu helfen. Hawks wiederum wirbelte herum und baute sich vor dich auf. Ein finsterer Blick auf seinem Gesicht.

"Was?", sagte er mit einem tiefen Unterton in seiner Stimme.
"Mach mal halblang. sie kann nicht so schnell rennen, wie du. Du tust so, als wären wir auf der Flucht, verdammt", zischst du und siehst zu der Frau hinab. Ihre Augen waren halbgeöffnet. ihre Augenlieder flatterten, aber sie schien sich ihrer Umgebung etwas mehr bewusst zu werden. Du hievst sie auf deinen Rücken.
"Halt dich gut fest, okay?", sagst du zu ihr und gibst Hawks ein Signal, dass ihr weitergehen könnt. "Du hast es so eilig, also würde ich mal sagen, dass du weißt, wo wir hinmüssen?"
Er schüttelte den Kopf und du rollst genervt mit den Augen.
"Frag sie", forderte er dich auf.
"Du denkst echt, dass sie nach drei Minuten, in denen sie hier draußen ist, wieder einigermaßen normal ist?", entsetzt schaust du ihn an. "Du hast echt nerven!"
"Es...ist nicht weit...", hörst du eine leise krächzende Stimme. Sie kam tatsächlich von ihr. "Drei Blocks weiter...ein Motel."
"Ich weiß, wo das ist", Hawks runzelte mit der Stirn und lief voraus.
Seufzend machst du einen Schritt nach vorne.

Aus deinem Augenwinkel machte sich ein dunkler Schatten bemerkbar. Aus irgendeinem Grund lief dir ein Schauer den Rücken hinunter. Dir wurde so unwohl und unheimlich, wie schon lange nicht mehr. Du schaust zur Seite, aus der diese unheimliche Aura kam und hättest beinahe dein Gleichgewicht verloren.

Dabi stand auf der anderen Straßenseite. Mit den Händen in seinen Jackentaschen und einem Gesichtsausdruck, der dich hunderte grausame Tode hätte töten können, wenn er die Fähigkeit und die Möglichkeit dazu hätte. Aber das war das Problem. Er hatte die Fähigkeit dazu. Das Einzige, was fehlte, war der richtige Moment.

Aber der würde kommen. Er würde darauf warten und bei der ersten Gelegenheit dich, ohne mit der Wimper zu zucken, einfach umbringen.

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