Eine weitere Woche ist vergangen und ich habe nicht das Gefühl irgendwie voran zu kommen. Wir lernen zusammen, er ist nicht völlig verblödet, aber wenn er etwas par tu nicht versteht, werde ich ungeduldig.
Dabei lasse ich es ihm sogar durchgehen, wenn er sich offensichtlich mal wieder mit Kommandant Ignorant geprügelt hat und mich dann mit „Mir gehts gut, lass es sein." abspeißt. Was zwar bisher nur ein weiteres Mal vorgekommen ist, aber ich habe das Gefühl es wird nicht das letzte mal gewesen sein.
"Wir hatten das vor zwei Minuten besprochen. Metaphern und Personifikationen sind nicht das selbe. Und in dem Gedicht geht es immer noch um eine Liebesbeziehung." mein Ton ist genervt, mein Blick vermutlich abwertend.
"Tschuldige, ich muss die Wörter 'Liebe', 'Beziehung' oder 'verliebt' überlesen haben. Außerdem, wenn du nicht wie ein Alien sprechen würdest, das verzweifelt versucht als Mensch durch zu gehen, würde ich das Gedicht vielleicht verstehen." blafft er zurück.
"Das wäre auch zu einfach, wenn der Autor das einfach so aufschreiben würde. Er versucht seine Liebe und Hingabe durch diese blumige Sprache auszudrücken."
"Ha! Du hast Autor gesagt. Jetzt doch kein lyrisches Ich?" er sieht aus, als hätte er gerade einen Triumph erzielt.
"Natürlich das lyrische Ich, das ist doch offensichtlich. Hör auf nach Fehlern bei mir zu suchen und konzentriere dich auf deine eigenen, davon hast du immerhin mehr als genug."
Versuche ich mich gerade raus zu reden? Wieso habe ich den Fehler nicht einfach zu gegeben?
"Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen."
"Wenigstens kann ich sagen, ob das jetzt eine Metapher oder ein Vergleich war."
"Fick dich. Ich kann einiges besser als du."
Sein Blick ist wütend. Meiner mindestens missbilligend. Ich atme tief durch und schließe kurz angestrengt die Augen.
Dann schau dir doch mal an, wer mit seinen Fähigkeiten weiter im Leben gekommen ist.
Überrascht öffne ich die Augen wieder. Wollte ich das gerade wirklich sagen? Das war unfair. Kann es sein, dass mich gerade irrational verhalte? Auf einmal wesentlich ruhiger schaue ich den Jungen neben mir an. Er ist immer noch wütend.
Fast die gesamte letzte Woche ist genau so abgelaufen. Und ich wundere mich, dass ich mit ihm nicht voran komme.
"Es tut mir Leid." sage ich gerade heraus.
Das überrascht ihn.
"Es ist kindisch so ungeduldig zu werden und ich habe tatsächlich Autor und lyrisches Ich vertauscht. Entschuldige, bitte." führe ich aus.
"Kein Ding." murmelt er.
Ich sehe mir die Arbeitsblätter, Aufzeichnungen und Bücher an. Wir tun bisher nichts anderes, als in dem Selbstlernzentrum zusammen zu lernen.
"Ich will etwas anderes machen." meine ich und schlage das Buch vor mir zu.
"Geht mir genau so. Was schlägst du vor?" fragt er etwas erleichtert und dehnt sich.
"Hast du alle Bücher hier gelesen?"
Etwas, was ich auch tun wollte. Das ist das einzige gemeinsame Gesprächsthema, dass mir eingefallen ist.
"99%, denke ich. Mein Kampf, von irgendeinem Typen, dessen Kunstkarriere gescheitert ist, wollte ich mir irgendwie nicht geben."
Ich bin ehrlich überrascht davon. Irgendwie auch interessiert.

DU LIEST GERADE
Vermutlich
Подростковая литератураJennifer interessiert sich nicht groß für andere Menschen. Adrian hat nichts interessantes an sich. Allerdings kann selbst sie sich nicht dazu bewegen die Narben an seinem Unterarm zu ignorieren. Und in einer kleinen, versifften, rechten Stadt umgeb...