„Hör zu, Projekt Zukunftspläne." ich werfe ihm ein Prospekt vor die Nase.
Einer der letzten traurigen Versuche dieser Stadt die Jungend vor dem Knast zu bewahren. Zwar ist es Mitte Oktober, aber in der nächsten Woche bieten die 6 Unternehmen die sich hier befinden jeden Tag Praktika an. Gelesen habe ich davon in der Zeitung.
„Schreiner, Landschaftsgärtner, Kindergärtner, Lagerarbeiter, Maler und Bäcker? Überlese ich Arzt und Rechtsanwalt einfach oder kommt das auf der nächsten Seite?" spottet er und sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an.
„Der einzige Arzt im Umkreis von 20 Kilometern unterschreibt mit A.H. und man hört andauernd von Leuten mit Migrationshintergrund, die entweder nie einen Termin bekommen haben oder die eine ernste Erkrankung hatten und gesagt bekommen haben, es wäre eine Grippe. Ich bin mir sicher, wenn du „Mein Kampf" aus der Bibliothek mitbringst lässt er dich ein Praktikum machen." führe ich aus und erwidere die Geste.
„Nee, lass mal."
Ich habe doch gesagt mein Kinderarzt war ein Bastard, alle anderen Ärzte sind es anscheinend auch. Diese Stadt hat ein Rechtsproblem.
„Du willst das wirklich durchziehen?" fragt er ernster.
Will ich das? Absolut nicht. Ich strenge mich hier nicht an, um in einem Handwerksberuf zu landen. Am schlimmsten stelle ich mir die Arbeit mit Kindern vor. Jedoch würden wir uns in den Ferien weniger sehen und damit kann ich da gut gegensteuern. Außerdem ist es nicht so, als würde ich in den Urlaub fahren, oder so. Es ist besser als bei meinen Eltern herum zu hängen, auch wenn beide seit 4 Jahren keine Woche mehr frei genommen haben.
„Ja. Im schlimmsten Fall kommen wir zu dem Schluss, dass all diese Berufe nichts für uns sind, aber trotzdem erlangen wir vielleicht etwas praktisches Wissen. Es ist nicht so, dass ich meine Zeit verschwenden würde." rechtfertige ich.
„Unsere Zeit." korrigiert er.
„Natürlich."
Wir gehen dazu über Bewerbungen zu schreiben. Das ganze Ding ist verdammt kurzfristig und ich habe gestern eine Stunde lang telefoniert um uns da noch irgendwie rein zu kriegen. Ich hasse es mich mit Menschen auseinander zu setzen. Zum Glück hinterfragt er nicht, warum wir überhaupt noch angenommen werden können.
Wir haben bei einige Klassenarbeiten vor den Herbstferien geschrieben. Keiner von uns geht davon aus diese Arbeiten in den nächsten 4 Wochen wieder zu sehen. Unsere Lehrer sind eine Katastrophe. Den Stoff aus dem nächsten Jahr zu kennen ist erstaunlich hilfreich gewesen. Daher habe ich ein ziemlich gutes Gefühl was meine Noten angeht. Adrian wirkte auch zufrieden, auch wenn er so tut, als würde es ihn nicht wirklich interessieren.
Heute ist der letzte Schultag, weswegen kaum Unterricht stattfindet. Also noch weniger als sonst.
Ich habe mit der Weile bestimmt 7 Bücher aus der Bibliothek gelesen. Das ist für meine Verhältnisse viel. Aber Adrian hat alle Bücher hier gelesen und ich weiß nicht, ob ich jemals aufholen kann. Allerdings macht es fast schon... Spaß die Bücher mit ihm zu diskutieren. Er wird immer sehr leidenschaftlich und aufgeregt, wenn er über Charaktere und andere Welten spricht.
„Du willst da überall zu Fuß hinlaufen? Das sind teilweise bis zu 25 Minuten." beschwert er sich auf dem Weg zum Rathaus, wo wir die Bewerbungen abgeben werden.
Er hat den ganzen Tag nicht aufgehört sich zu beschweren. 'Es sind Ferien', 'Ich bin müde', 'Das wird mega anstrengend' und so weiter. Worte können nicht beschreiben, wie sehr er mir auf die Nerven geht. Aber er hat wieder Augenringe und wirkt depressiv, also gehe ich davon aus, dass er einen schlechten Tag hat.
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Vermutlich
Teen FictionJennifer interessiert sich nicht groß für andere Menschen. Adrian hat nichts interessantes an sich. Allerdings kann selbst sie sich nicht dazu bewegen die Narben an seinem Unterarm zu ignorieren. Und in einer kleinen, versifften, rechten Stadt umgeb...