Für so einen kleinen Fluss war die Strömung unfassbar stark und nur meine Fußspitzen berühren den Boden. Außerdem ist es bitterkalt. Der Hund und das Kind sind unter Wasser. Dumpf höre ich schreie hinter mir. Mein Körper brennt vor Kälte, meine Kleidung ist schwer, aber trotzdem bewege ich mich gezielt auf das Kind zu.
Adrian ist zuerst da und greift das Kind. Ich nehme ihm den Hund aus dem Arm und halte ihn so weit über meinen Kopf wie möglich. Wir werden immer weiter weg getragen. Ich atme hin und wieder Wasser ein und muss stark husten.
Es ist schwer sich einen Überblick zu verschaffen, aber ich nehme wahr, wie ich ganz kurz etwas näher am Ufer war. Mit aller Kraft, die ich aufbringen kann, werfe ich den Hund und hoffe es ist die richtige Richtung. Mit freien Händen kann ich mich jetzt kurz Überwasser halten und Gott sei Dank, der Hund ist sicher am Ufer.
Ich suche Adrian, der ein Stück vor mir ist und alle Mühe hat sich und das Kind oben zu halten. Panisch, tatsächlich panisch suche ich nach irgendwas woran in mich festhalten kann. Meine Füße finden immer noch keinen Boden.
Ein Stück vor mir sehe ich einen Baum, dessen Äste über den Fluss wachsen. Schön, viele andere Möglichkeiten habe ich nicht. Ich schwimme so nah wie möglich an Adrian ran.
„Baum." rufe ich nur, da kaum noch Zeit bleibt.
Im richtigen Moment schlinge ich meine Beine um seinen Oberkörper und greife nach den Ästen. Etwas besseres ist mir nicht eingefallen. Tatsächlich funktioniert dass, auch wenn ich das so nicht lange halten kann. Muskelkraft ist keine meiner Stärken.
„Spitze!" ruft Adrian und versucht den Junge hoch zu den Ast zu heben.
„Du musst jetzt mutig sein und an dem Ast zum Ufer hangeln." ruft er wieder, aber der Junge bewegt sich nicht.
„Beweg dich!" schreie ich ihn an, nachdem er einige Sekunden gezögert hat.
Sofort greift er nach dem Ast. Ich kneife die Augen vor Anstrengung zusammen. Beeil dich gefälligst. Langsam hangelt er sich über das Wasser. Aber nach zwei Metern rutscht er ab.
„Fuck, Jenny, such was um uns raus zu holen." schreit er jetzt mich an, bevor er meine Beine weg schiebt und wieder dem Jungen hinterher hechtet.
Ohne sein Gewicht ist das alles schon ein Stück einfacher, aber nur ein kleines Stück.
„Dieser dumme Bastard." fluche ich und versuche so schnell wie möglich zum Ufer zu kommen.
Kurz bevor ich es geschafft habe, rutscht auch meine Hand an dem nassen Holz ab, aber eine andere greift nach ihr. Mit aufgerissenen Augen schaue ich Lisa an, die sich mit einer Hand an einem anderen Ast festhält und mit der anderen meine Hand umklammert hat.
Auf festem Boden angekommen streife ich meine Jacke ab und renne los, Lisa ziehe ich hinter mit her. Nach wenigen Metern nähere ich mich einer Pferdekoppel, wo eine junge Frau gerade ein Pferd an irgendeine lange Leine fest machen will. Muss reichen.
„Hol du die Leine." weise ich an und bleibe weiter am Fluss, während Lisa einen anderen Kurs einschlägt. Die Koppel ist mit einem elektrischen Zaum eingezäunt. Scheinbar mühelos springt sie über den Zaum wie beim Hürdenlauf. Sie rennt auf die junge Frau zu und reißt ihr die Leine aus der Hand, bevor sie diese ans Pferd machen kann, sie ist so überrascht, dass sie nicht viel gegen den Diebstahl machen kann.
„Sorry." ruft sie noch, bevor sie weiter springe und zurück Richtung Fluss sprintet.
Rennen ist nebenbei auch nicht mein Ding. Es dauert ein bisschen, bis ich die beiden überholt habe und Lisa zu mir aufgeschlossen hat. Sie ist verdammt schnell. Das Ufer ist zum Glück flach. Lisa wirft das Seil quer über den Fluss.

DU LIEST GERADE
Vermutlich
Teen FictionJennifer interessiert sich nicht groß für andere Menschen. Adrian hat nichts interessantes an sich. Allerdings kann selbst sie sich nicht dazu bewegen die Narben an seinem Unterarm zu ignorieren. Und in einer kleinen, versifften, rechten Stadt umgeb...