3

29 2 0
                                    

Ohne irgendetwas fühlen zu können wacht sie, scheinbar in einem Krankenhaus, wieder auf.

Alles ist Schwarzweiß und wirkt im Allgemeinen ziemlich Kahl und Gefühlslos.

Komischer Weise liegt Ellen nicht in einem Bett, sondern sie steht mitten in einem Gang, wo gerade eine Krankenschwester durch sie hindurch läuft.

Ihre Aufmerksamkeit wird auf einen (schon etwas in die Jahre gekommenen) Mann, mit einem kleinen Mädchen gelenkt.

Das Mädchen ist schätzungsweise drei bis vier Jahre alt.

Die beiden kommen ihr furchtbar bekannt vor.

Sie steuert auf die Beiden zu und fuchtelt wild mit ihren Armen.

Keine Reaktion.

»Daddy? Warum haben die Leute Mama ins Krankenhaus gebracht?«, fragt das kleine Mädchen und sieht ihn mit Kulleraugen an.

Der angebliche Vater setzt sie auf seinen Schoß und sieht sie mit einem warmen Lächeln an: »El, Schatz. Deine Mama bekommt gerade deine Schwester.«

Seine Tochter schnappt aufgeregt nach Luft und schwenkt ihren Kopf wieder zur Zimmertür.
»Aber wieso können wir nicht bei ihr sein? Was ist, wenn sie unsere Hilfe braucht oder es ihr schlecht geht?«, fragt sie und ihre Augen füllen sich langsam und zitternd mit Tränen.

»Hey, hey. Alles ist gut. Deiner Mutter geht's gut und die Ärzte passen auf sie auf«, sagt er und umarmt sie, um sie zu beruhigen.

Ellen beobachtet die Szene aus ein paar Metern Entfernung.

Ihre Arme, die schlaff an ihren Seiten herunter hängen, fühlen sich an, als wenn Gewichte diese langziehen würden.

Sie schaut hoch zur Uhr und sieht, wie sich die Zeiger schnell bewegen und die Menschen um sie herum in Höchstgeschwindigkeit an ihr vorbeilaufen.


Jetzt zeigt die Uhr eine Stunde und 21 Minuten in der Zukunft an und das Mädchen ist auf dem Schoß ihres Vaters eingeschlafen.

Er streicht die Haare aus ihrem Gesicht, da sie ihre Strähnen sonst mit jedem Atemzug wegpustet.

Ein Pfleger kommt aus dem Nebenzimmer und bittet die Beiden herein.

Das Mädchen erwacht und springt sofort los, um das Zimmer zu betreten.

Ohne zu zögern, folgt Ellen den Dreien.

Die Tür knallt in ihr zu, aber sie gleitet trotzdem unbeschwert hindurch.

In dem Zimmer sieht sie eine blonde Frau, mit einem Baby im Arm. Eine weitere Frau, die ein wenig jünger als die andere aussieht, steht neben dem Bett und hat einen Arm um die zweifache Mutter gelegt.

Das kleine Mädchen stürmt zu den beiden Frauen und umarmt ihre Mutter. Rasch löst sie sich wieder und springt die daneben stehende Frau an, die das Mädchen ebenso mit einer Umarmung begrüßt.

»Wie soll denn die Kleine heißen?«, fragt die Hebamme und hält Zettel und Stift bereit.

Die Mutter sieht jeden abwechselnd an, bis sie schließlich mit: »Noemi. Ja, sie soll Noemi heißen« antwortet. Ihr blick brannte auf Ellens Haut. Sie kann sie nicht gesehen haben, das weiß sie, doch diese eine Millisekunde hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt, als die Mutter mit ihrem Blick über sie hinweg gehuscht ist.

Ohne es großartig erwartet zu haben, wird der Raum in ein blendendes Weiß getaucht, sodass Ellen schon nach wenigen Sekunden gar nichts mehr erkennen kann.


They Lost The ControlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt