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»Woher weiß sie denn, von ... Du weißt schon ...«, fragt Ellen nach einer Weile, wo sie nur geschwiegen und den rauschenden Blättern, so wie dem plätschernden Wasser zugehört haben.

»Dem angeblichen Tod deiner Eltern?«

»Ja ...«

Riley senkt den Kopf und spielt an dem Gerüst, ehe sie zu einer Antwort ansetzt.
»Ich glaube ... Das erklärt sie dir am besten selbst ... Denn das wird nicht die einzige Neuigkeit sein, die dich Baff machen wird.«
Riley läuft ein paar Schritte nach hinten und lässt ihre Hand vom Geländer gleiten und setzt an die Treppe hinunter gehen zu wollen.
»Kommst du?«, fragt sie und steht schon auf der ersten Stufe.

»Ja,ja, ich komme.«

Sie laufen gemeinsam hinunter zurück zu der Gruppe und Riley führt sie zu dem großen Gebäude, welches Ellen schon aufgefallen war und sich tatsächlich sogar am Ende des Weges befindet, als sie es näher kommen.

Riley macht irgendein Handzeichen, welches Ellen fremd ist, zu den Wachen, die an beiden Seiten von der großen und breiten Tür stehen.

Sie entsperren ihnen den Weg und öffnen die Tür, welches man eigentlich auch schon als Tor bezeichnen kann ...
Fühlt Ellen sich durch dem Ganzen hier eingeschüchtert und einfach nur mickrig?
... Vielleicht ein wenig ...

Jemand stupst sie von der Seite an und Ellen stellt fest, als sie zu der Person hinauf sieht, dass es Sam ist, der mit einem angestrengten Gesichtsausdruck zu ihr hinuntersieht.
»Wo warst du? Weißt du eigentlich wie groß das Risiko ist, dass-«

»Jetzt mach mal halblang«, flüstert Ellen.
»Es ist die GDT, darauf sind die freundlichsten und loyalsten Schüler, die man kennt. Da brauchst du dir echt keine Sorgen zu machen.«

»Ach, dachten wir das nicht auch über Edward?«
Sam hebt die Braue und sieht nach Vorn und legt einen Zahn zu, um den Eingangsbereich zu durchqueren, der daraufhin in eine Art Halle führt.

Die Halle ist aufwendig verziert, poliert und geschmückt, mit Wandverzierungen und allerlei Details.
An einer Wand, gegenüberliegend zu dem Eingangsbereich, führen vier Treppenstufen hinauf zu einem braunen Marmor-Podest, der wunderbar mit dem Boden harmoniert, der verschiedene Figuren in warmen Tönen (hauptsächlich in Braun) zeigt, der einen an verschiedene Gemälde aus der Neuzeit erinnert.
Auf dem Podest sind weiße Würfel rechts und links eines breiten und gewaltigen Trohnes, welches eine gigantische Lehne besitzt, dessen Stäbe in Weiß, Silber, Braun, Gold und Bronze Farben, wie eine Sonne in allen Himmelsrichtungen zeigen.

Auf dem Trohn sitzt eine etwas in die Jahre gekommene Frau, mit einem aufwendig frisierten Dutt, welcher gekreuzte Stäbe in sich stecken hat und ihr Mittelscheitel-Pony hängt lose über ihrem Gesicht, deren Spitzen ihr Schlüsselbein Streift. Sie hat dasselbe Symbol wie Riley es auf ihrer Stirn hat, unter ihrem Kehlkopf.
Sie besitzt sehr markante Wangenknochen und zwei gegenüberliegende aufgemalte Halbkreise ziehen sich über ihre Augen.
Sie hat einen sehr besonderen Blick drauf, weshalb man direkt weiche Knie bekommt und man sich mit der bloßen Anwesenheit schon nutzlos und falsch fühlt.
Ihre Aura strahlt Disziplin und Macht aus, ihr Blick ist Streng.
Und das spürt man direkt.
Ich hab jetzt schon sehr großen Respekt vor ihr.
Die Hände der Frau liegen jeweils auf eines der Würfel und ihre Finger sind gespreizt.
Ihr Blick sieht starr nach geradeaus, bis sie zu der Gruppe hinuntersieht, die sich vor ihr aufstellt und ihre Köpfe senken.

Ellen sieht mit gekrauster Stirn ihre Freunde an und blickt ein wenig orientierungslos durch die Gegend, bis sie dann schließlich auch das tut, was die anderen tun, als sie von Riley angestupst wird und den Hinweis bekommt genau das zu tun, was Riley auch tut.

In dem Gesichtsausdruck der Frau kann man keinerlei Emotionen ablesen, als Ellen noch, bevor sie ihren Kopf gesenkt hatte, kurz mit ihrem Blick über sie gehuscht ist.
Stattdessen sieht ihr Gesicht wie gemeißelt aus und wirkt vielleicht deshalb so dermaßen streng und Ernst.

Ellen möchte nichts falsch machen oder sich irgendwie respektlos verhalten, jedoch ist diese Art von Begrüßung ziemlich ... fremd.
Normalerweise sieht man solch eine Art von Begrüßungen eher in Filmen oder man liest es in Büchern, wo jemand der Königin begegnet oder so in der Art.

Die Frau lässt ihren Blick über die sechsköpfige Truppe schweifen, bis sie an Ellen hängen bleibt.
Ihre Gesichtszüge fallen, bis sich ihre Augen mit Tränen füllen und sie ein freudiges Gesicht aufsetzt.
»Ellen ...«, wispert sie.

Ellen sieht zu ihr hinauf und stammelt.
Sie starrt die Frau ebenso an, wie sie es bei Ellen tut.

Die Frau erhebt sich und läuft auf Ellen zu.

Ihr langes schweres Kleid lässt sie wie eine anmutige Kaiserin aussehen.

Sie legt ihre Hände sanft an Ellens Arme und drückt sie an sich ran.
»Mein Kind ... Es tut mir so leid was passiert ist ...«

Ellen wird gegen ihre Brust gedrückt und ist sich nicht sicher ob sie die Umarmung erwidern sollte, weshalb sie einfach gar nichts tut.

»Doch jetzt bist du da, die Zeit ist gekommen ... Der Weltuntergang ist eingekehrt ...«, murmelt die Frau, die nicht jünger als Fünfzig ist.
Die Frau löst sich wieder von ihr und sie legt ihre Hände an ihr Gesicht, um sie zu betrachten.
»Lass dich mal ansehen ... Du hast die Augen deines Vaters« Sie mustert Ellen von Kopf bis Fuß.
»Das Temperament und das Erscheinungsbild deiner Mutter ... Gott, wir vermissen sie alle so sehr!«

Diese Worte zaubern Ellen ein schwaches Lächeln auf den Lippen und sie muss sich zusammenreißen nicht in Tränen auszubrechen.
Der Frau geht es wohl ebenso.

»Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten ... Hast die selben Haare wie sie, die genau so trist, goldig schimmern in der Sonne. Das habe uch gleich gemerkt, als du eingetreten bist ...«
Die Frau sieht zur Seite, dort wo Riley steht, und hebt die Hand.
»Riley ... holst du bitte den Brief und die Zeichnung.«

Riley hebt schlagartig den Kopf und sieht die Frau ungläubig an.
»Aber sie sind doch speziell gesichert, sollten Sie nicht -«

»Das ist eine Ausnahme, Liebes. Ich gebe dir dafür die Erlaubnis.«

Riley nickt und verschwindet in irgendeinen Raum, wo Ellen nicht richtig deuten kann, wohin dieser führt.

Die alte Frau lässt von ihr ab und kehrt ihr den Rücken zu.
Sie legt ihre Hände ineinander und sieht hoch zu einem Abbild einer schönen jungen Frau, die in den Marmor gemeißelt, über ihren Trohn hängt.
»Was führt euch hierher? Ich gehe davon aus, dass du darüber bescheid weißt, was deine Aufgabe ist, oder?«, fragt die Frau.

»Ja, wir ... haben ein grobes Bild von dem, was wir suchen, doch ... wir wissen nicht wo wir anfangen sollen ... In den Zetteln stehen so gut wie gar keine Informationen darüber und wir dachten, dass es besser so ist dort anzufangen, was meine Eltern am meisten verbindet, und das ist diese Schule ... Dort ... haben sie sich doch des öfteren getroffen, soweit ich weiß ...«

»Oh ja, dass stimmt. Die Familie McLarry geht schon seit Jahrhunderten auf diese Schule und so auch deine Mutter. Die Familie von deinem Vater, die Shell's, gehen auf die Fiére Academy ... Dein Vater hatte deine Mutter schon immer geliebt und hatte sich jede Nacht aus der Academy geschlichen, nur um sie zu sehen, wie sie auf dem Podest der Omikron - Klasse Sterne abzeichnet«, erzählt sie und lacht.
»Die Shell's und die McLarry's sind ebenfalls seit einer halben Ewigkeit miteinander befreundet und haben jede Woche zusammen zu Abend gegessen ... Das hatte Judith jedes Mal auf's Neue aufgeregt, da sie es nicht ertragen konnte mit James am gleichen Tisch zu essen. Er hingegen hatte sich immer gefreut wie eine kleines Kind.«
Sie lacht wieder und behält ihr Lächeln im Gesicht, als sie wieder zu der Frau an der Wand hinaufblickt.

Man sieht unbeschwert, wie sie sich in Erinnerungen verliert und über vergangene Ereignisse nachdenkt und lächelt.

They Lost The ControlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt