Would You Do It Again?

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"Look at us now, we only got ourselves to blame
It's such a shame"
"Only Teardrops", Emmelie de Forest

Der Entschluss war gefasst, jetzt musste Asena es nur noch schaffen, auch wirklich zu Niklaus zu gehen. Dieser Teil des Plans war mit Abstand der Schwerste. Das Reden würde ihr sicherlich leicht fallen, sobald sie den Vampir sah, aber bis dahin musste sie all ihren Mut aufbringen.

Normalerweise hatte sie überhaupt kein Problem damit, Leuten zu sagen, was Sache war, aber bei Niklaus war das irgendwie anders und sie hasste es. Er schien ihre kalte Art, die sie sonst bei Fremden hatte, insbesondere bei denen, die sie nicht leiden konnte, abzublocken.

"Verdammt", murmelte sie und trat mit dem Fuß gegen das Bett, "Verdammt, verdammt, verdammt!" Sie wollte jetzt losgehen und den Vampir zur Rede stellen, ja, sie wollte es mehr als alles andere, aber sie konnte einfach nicht. Sie befürchtete, ihn nicht ansehen zu können, und deshalb wie ein unsicheres Kind zu wirken, oder schlimmer noch, anhänglich und nicht fähig, allein sein zu können.

Aber warum interessierte sie überhaupt, was Niklaus von ihr halten würde? Er war nur ein Kerl. Na gut, er wollte und würde sie umbringen, aber im Grunde machte das keinen Unterschied. Menschen waren alle gleich, wieso also machte sie sich jetzt noch mehr Gedanken, als sonst? Es war zum verrückt werden.

"Ach scheiß drauf", stieß sie nach einer Weile des ziellosen Umherlaufens im Zimmer aus. Sie würde jetzt zu dem Vampir gehen und nichts und niemand würde sie davon abhalten. Ganz besonders nicht ihr eigener Verstand.

Entschlossen riss sie die Tür auf und verließ den Raum, doch jeder Schritt, den sie in Richtung des Ateliers, wo sie Niklaus vermutete, machte, zerstörte ihren Mut ein Stück. Und als sie vor dem Zimmer angekommen war, war beinahe nichts mehr davon da.

Blöderweise war es jetzt schon zu spät. Sie hörte Schritte hinter der Tür und Niklaus hatte garantiert ebenfalls mitbekommen, dass sie hier war. Es gab kein Zurück. Was hatte sie sich dabei nur wieder gedacht? Na ja, Augen zu und durch. Irgendwie würde sie es schon schaffen. Hoffte sie.

Asena atmete tief durch und trat ein. Ihr Herz pochte wie wild. "Wir müssen reden."

"Da hast du vollkommen recht." Der Vampir drehte sich nicht einmal zu ihr um, sondern starrte weiter auf ein Gemälde an der Wand. Es war düster, ein Wald in der Nacht. Nirgendwo war ein Lichtfleck zu sehen. Was ihn wohl dazu bewegt haben könnte, es zu malen?

Langsam ging sie ein paar Schritte auf ihn zu, in der Hoffnung, auf diese Art eine Reaktion zu erkennen, als sie zu sprechen anfing. "Warum hast du mich geküsst?" Manchmal war es einfach besser, nicht lange um den heißen Brei herumzureden. So konnte er sich nicht vor einer Antwort drücken.

"Ich weiß es nicht", sagte er ehrlich. Diese Frage hatte ihn die ganze Zeit über bereits gequält.

"Würdest du es wieder tun?" Sie wusste selbst nicht, wie sie darauf gekommen war, aber nun wollte sie die Antwort wirklich wissen. Hatte es ihm etwas bedeutet? Und wenn ja, was? Und was hatte es ihr selbst bedeutet? Nicht einmal das wusste sie.

"Ich weiß es nicht", wiederholte Niklaus, weiterhin nur das Bild anstarrend.

"Was weißt du denn?", hakte Asena weiter nach. Sie brauchte Antworten, egal welche. Irgendwas von dem, was passiert war, musste er doch benennen können.

"Dass wir nicht funktionieren."

"Das stimmt." Aber als was funktionieren? Leute, die sich halbwegs tolerierten? Freunde? Mehr? Wollte sie das überhaupt? Warum musste alles bloß so kompliziert sein?

"Weißt du, in den letzten tausend Jahren habe ich viel erlebt", begann er zu erzählen und Asena horchte auf. Würde er jetzt etwas sagen, dass hilfreich war, und etwas Klarheit brachte? "Aber was nie dabei war, ist Zuneigung. Ich bin das Monster, von dem Eltern ihren Kindern erzählen, damit sie brav sind. Ich werde gefürchtet oder gehasst, aber niemals respektiert. Die einzigen, die das verstehen können, sind meine Geschwister. Niemand sonst kann all diese Jahre Leid und Zerstörung nachvollziehen, es ist einfach nicht möglich. Aber jetzt kommst du. Ein Mensch, der keine Ahnung vom Übernatürlichen hatte, und von Anfang an erfahren hat, dass er sterben wird. Und obwohl du weißt, dass ich dich in zwei Wochen töten werde, hast du den Kuss erwidert. Also sag mir, Liebes, warum hast du das getan?"

Überrascht schaute Asena ihn einfach nur an. Mit so einer langen Erklärung hatte sie nicht gerechnet. Aber er hatte recht. Sie würde in zwei Wochen sterben, und sie wusste, dass er ihr Mörder sein würde. Vermutlich müsste sie tatsächlich Angst haben oder wütend sein, aber so war es nicht. Sie konnte das Gefühl aber nicht einordnen. "Ich habe keine Ahnung", gestand sie, "Ich schätze, ich habe einfach nicht nachgedacht."

"Und hättest du nachgedacht, hättest du es dann trotzdem getan?" Zum ersten Mal schaute er sie an. In seinem Blick lag Trauer, so als ahnte er eine Antwort, die ihm nicht gefallen würde.

"Hätte ich logisch nachgedacht und die Risiken abgewogen, vermutlich nicht", fing sie nachdenklich an, "Aber das habe ich noch nie, also doch, wahrscheinlich hätte ich es trotzdem getan." Sie schaute ihm in die Augen und sah, dass sie sich eine Spur aufhellten. Fast unmerklich, sie war sich nicht einmal sicher, ob sie es sich nicht doch eingebildet hatte, aber er wirkte erleichtert.

"Und jetzt du", forderte sie, "Hättest du es getan?"

"Nein. Aber ich habe nun mal nicht nachgedacht und es lässt sich nicht zurücknehmen."

"Würdest du es denn zurücknehmen, wenn du könntest?" Seine Aussage hatte sie ein wenig verunsichert, doch sie tat ihr Bestes, um es sich nicht anmerken zu lassen.

Kurz zog der Vampir die Augenbrauen ein wenig zusammen und dachte nach, doch dann sagte er: "Nein, wohl eher nicht."

"Also bereust du es nicht." Es war keine Frage, Asena wollte es nur einmal ausgesprochen haben, um es glauben zu können.

"Doch, ich bereue es", sagte er mit ein wenig Kälte in seiner Stimme, "Es macht die ganze Sache mit dem Ritual deutlich schwieriger. Aber wenn sich jetzt die Zeit zurückdrehen würde, würde ich es wieder tun."

Das Herz der Doppelgängerin machte einen Sprung. Es war ihm nicht egal. Sie war ihm nicht egal. Und es war ein tolles Gefühl, das zu wissen, denn langsam machte sich bei ihr der Gedanke breit, dass Niklaus ihr etwas bedeutete. Es war schön, dass sie nicht die einzige war, die so empfand, dass sie nicht der einzige Freak war.

"Warum drehen wir dann nicht die Zeit zurück?", fragte sie und überraschte damit vor allem sich selbst.

"Gerne doch."

Asena machte noch einen Schritt auf Niklaus zu, bis sie ganz nah beieinander standen und diesmal war sie diejenige, die den Abstand zwischen ihnen schloss. Erst war der Kuss noch zögerlich, da beide befürchteten, alles kaputt zu machen, doch ziemlich schnell bemerkten sie, dass sie gar nichts falsch machen konnten. Alle Verzweiflung, alle Unsicherheit und alle Angst fiel von ihnen ab und für den Augenblick gab es nur noch die beiden. Asena und Niklaus. Ein Paar, das so nicht existieren konnte, ja, das alle Logik der Welt durcheinander brachte, und doch war für diesen Moment alles perfekt.

 Ein Paar, das so nicht existieren konnte, ja, das alle Logik der Welt durcheinander brachte, und doch war für diesen Moment alles perfekt

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Stockholm Syndrome || Niklaus MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt