Kapitel 8

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Zufrieden ließ sich James auf seinen Platz fallen und beobachtete, wie Schüler und Lehrer ausgelassen tanzten. Die meisten der Lehrer machten dabei zwar etwas verbissene Gesichter, aber er sah auch, wie Neville Longbottom, ein Freund seiner Eltern und ihr Professor für Kräuterkunde, in sich hineinlachte, während er sich unkontrolliert im Kreis drehte.

„War das die geheime Erledigung von vorhin?", fragte Chloe, die plötzlich neben ihm auftauchte und sich ebenfalls auf einen Stuhl fallen ließ. „Warum habt ihr mir nichts davon gesagt?" Gespielt beleidigt verschränkte sie ihre Arme vor der Brust und schob die Unterlippe vor. „Überraschung?", erwiderte James entschuldigend und grinste sie mit seinem besten Grinsen an.

„Zugegeben, der Tanz mit Gonni war genial!", knickte sie nach einem Moment ein. „Oder?" James nickte begeistert. „Ich glaube sie liebt mich." Chloe lachte laut auf. „Den wütenden Blick am Ende hast du wohl vergessen." „Ach was!" Mit einer lässigen Handbewegung tat er ihre Aussage ab. „Sie hat mit mir getanzt und es hat ihr Spaß gemacht. Sie liebt mich!" „Jaja... Sagst du mir wie ihr es gemacht habt?" Sie deutete mit der Hand auf die tanzenden Lehrer. „Aber Honey, ich bitte dich!", rief er empört aus und zwinkerte ihr zu. „Na dann muss ich wohl warten, bis du nachher betrunken bist." Sie wuschelte ihrem besten Freund durch die schwarzen Haare und stand wieder auf. „Phillip wartet schon. Bis später!"

Sobald das Lied vorbei war, kamen die Lehrer zum Stoppen. Etwas erschöpft und verwirrt, teilweise auch verärgert oder belustigt, gingen sie zurück zu ihren Plätzen. Professor Grayson sorgte dafür, dass wieder normale Musik spielte, aber andere Konsequenzen gab es zum Glück für den Moment nicht, worüber alle Schüler sehr erleichtert waren. Es hätte schließlich keiner gewollt, dass wegen diesem kleinen Scherz der ganze Ball abgebrochen wurde.

Vor allem Fred war froh, dass es keine Strafe gab. Schließlich waren er und James es gewesen, die die Schuhe der Lehrer verzaubert und auf das Lied programmiert hatten. Die Zeitschaltung und James Alibi waren allerdings gut durchdachte Maßnahmen und er hoffte, dass niemand so schnell herausfand, wer hinter dem Scherz steckte, auch wenn es schon einige vermuteten.

Sorgen machen konnte er sich allerdings immer noch, wenn er erwischt werden sollte. Jetzt genoss er es erstmal mit Melia zu tanzen. Schon länger stand er auf dieses wundervolle Mädchen mit den wilden, braunen Locken und dem temperamentvollen Gemüt. Allerdings wagte er es kaum, sich Hoffnungen bei ihr zu machen. Am Ende erwiderte sie seine Gefühle überhaupt nicht und er würde sich einfach nur blamieren und, schlimmer noch, ihre Freundschaft zerstören. Der Fakt, dass sie diesen Ball mit ihm verbringen wollte, hatte sein Herz bereits höherschlagen lassen, auch wenn es nur als Freunde war.

Genauso sehr wie er es genoss, mit ihr zu tanzen, quälte es ihn auch. Er machte sich nämlich doch Hoffnungen, obwohl er wusste, dass er das nicht tun sollte.

„Fred? Hörst du mich?", riss sie ihn plötzlich aus seinen Gedanken. Schnell schüttelte er den Kopf und grinste sie an. „Sorry, Mel! Was hast du gesagt?" „Ich hab gefragt, ob wir kurz rausgehen wollen. Mir ist warm!" „Klar, komm mit!"
Hintereinander schlängelten sie sich durch ihre tanzenden Mitschüler und verließen schließlich die Halle. Draußen blieb Fred stehen und sah sie fragend an. „Hier oder ganz raus?" Melia hob eine Augenbraue. „Es ist schon längst Nachtruhe. Wir dürfen das Schloss nicht verlassen." „Nachtruhe", erwiderte Fred kopfschüttelnd. Dann deutete er hinter sich auf die Tür zur großen Halle. „Nennst du das da etwa Nachtruhe? Heute ist eine Ausnahme, da stört es bestimmt keinen, wenn wir kurz ein bisschen frische Luft schnappen." Nicht, dass er nicht auch so bei Nachtruhe öfter mal das Schloss verlassen würde, aber das musste er ihr ja nicht zwingend unter die Nase reiben.

Melia trat in die kühle Winternacht hinaus und nahm einen tiefen Atemzug. Es war ziemlich kalt, doch im ersten Moment war es angenehm auf ihrer erhitzten Haut. Sie mussten ja nicht lange draußen bleiben. „Mhhhh das tut gut!", murmelte sie und drehte sich einmal im Kreis, wobei ihr Rock sich schön aufbauschte.

Sie sah aus wie ein Engel, dachte Fred. Um sich zusammenzureißen, verschränkte er die Arme und lehnte sich an die harte Mauer des Schlosses.

Eine Weile standen sie so da, dann ging Melia zu Fred und lehnte sich neben ihm an. Als ihre nackten Schultern die kühlen Steine berührten, zuckte sie jedoch sofort wieder nach vorn. „Bei Merlins zerlöcherten Socken, die Mauer ist ja noch kälter als die Luft!" Fred lachte über ihren kreativen Fluch und streckte automatisch seinen Arm aus, damit sie sich daran lehnen konnte, was sie auch mit einem dankbaren Lächeln tat.

Wieder standen sie eine Weile so da. Freds Körperwärme bildete einen starken Kontrast zu der kalten Winterluft und es fühlte sich für Melia an wie ein angenehmes Kribbeln. „Ich finde den Abend bis jetzt sehr schön", sagte sie schließlich. Dann drehte sie ihren Kopf zu ihm und ergänzte lächelnd: „mit dir."

Fred sah zu ihr runter. Das Licht, dass durch die Fenster nach draußen drang, ließ ihre dunkle Haut bronzefarben schimmern und ihr niedliches Lächeln ließ ihn ganz schwach werden. Aus dem Affekt heraus hob er seine freie Hand und legte sie an ihre Wange.

Sofort stieg ihr Puls an. Was war das denn jetzt? Würde er sie etwa Küssen? Das leichte Streicheln seines Daumens über ihre Wange jagte ihr Stromstöße durch den Körper. Erwiderte er etwa doch ihre Gefühle? Konnte das sein?

Doch dann zog er plötzlich seine Hand weg und entfernte sich ein paar Schritte von ihr. Dabei murmelte er etwas, dass so klang wie: „Das geht nicht. Tut mir leid."

Melia, die plötzlich wieder ungeschützt in der kalten Nacht stand, fühlte sich mittenmal ganz allein und leer. Enttäuschung machte sich in ihr breit. Kurz hatte sie sich wirklich Hoffnung gemacht, doch anscheinend hatte sie sich geirrt.

„Was geht nicht?", fragte sie trotzdem. „Ach nichts", erwiderte Fred, ohne sie anzusehen. Was hatte er sich nur dabei gedacht?

Melias Enttäuschung wandelte sich auf einmal in Wut um. Sie hatte keine Lust mehr auf dieses Gefühlschaos. Sie hielt es einfach nicht mehr aus, im Unklaren zu sein. Sie wollte jetzt ein für alle Mal klären, woran sie war. „Was geht nicht, Fred? Was war das gerade?", fragte sie erneut, diesmal energischer. Fred raufte sich die Haare. „Vergiss es einfach, tut mir leid!", erwiderte er immer noch, ohne sie anzusehen.

Melia ging zu ihm und stellte sich direkt vor ihn, die Hände in die Hüfte gestemmt. „Schau mich an, Fred! Ich will jetzt wissen, was los ist." Er starrte sie kurz an und schmiss dann seine Arme in die Luft. „Ich hab mich halt von meinen Gefühlen übermannen lassen, okay? Vergiss es einfach, wirklich Mel!" Damit stapfte er davon in Richtung Eingang des Schlosses. Schnell rannte sie ihm hinterher und hielt ihn am Arm fest. „Was für Gefühle, Fred?" Abrupt blieb er stehen und drehte sich zu ihr. „Die Gefühle für dich, die ich nicht haben solle, verdammt noch mal!" Wie erstarrt hielt Melia inne. Gefühle für sie? Hatte er das wirklich gesagt?

Er deutete ihre Reaktion falsch. Schnell drehte er sich wieder um und lief weiter zum Schlosseingang. Doch da schaltete Melia. Er hatte das gerade wirklich gesagt!

Sie hielt ihn erneut zurück und stellte sich vor ihn. „Fred! Darf ich denn gar nichts dazu sagen?" „Was willst du mir denn sagen? Dass wir unter diesen Umständen nicht länger befreundet sein können? Darauf kann ich verzichten." In diesem Moment konnte sie nicht anders, als ihm eine leichte Ohrfeige zu geben. „Nein, ich will nicht mit dir Trottel befreundet sein." Sie nahm all ihren Mut zusammen, ergriff sein Gesicht mit beiden Händen und küsste ihn. Fred war so überrascht davon, dass er sich nicht regen konnte.

Sie ließ wieder von ihm ab und sah ihm eindringlich in die Augen. „Ich will nicht mit dir befreundet sein, ich will mit dir zusammen sein. Ich hab nämlich auch solche bescheuerten Gefühle." Seine Augen weiteten sich. Sie erwiderte tatsächlich seine Gefühle? Endlich kam die Botschaft in seinem Hirn an. Stürmisch schlang er seine Arme um Melia und presste seine Lippen auf ihre.

„Oh Merlin, Mel", murmelte er und lehnte seine Stirn an ihre. Sie beide grinsten wie zwei Honigkuchenpferde. „Wir sind schon Idioten..." „Hmh", murmelte sie zustimmend.

Sie hatten doch tatsächlich beide seit Längerem Gefühle für den jeweils anderen, aber keiner von ihnen hatte es bemerkt und keiner von ihnen hatte sich getraut, den anderen darauf anzusprechen, aus Angst ihre Freundschaft zu zerstören. Dabei hätten sie schon längst etwas viel Besseres haben können als diese unbefriedigende Freundschaft.


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Uhhh endlich! Schon cute die beiden oder? Lasst ein bisschen Liebe da! 

Der WinterballWo Geschichten leben. Entdecke jetzt