fünf

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War es unnormal, dass ich mich auf die Schule freute? Nicht auf den Unterricht, sondern auf meine Freunde, zugegebenermaßen vor allem Yuko, aber trotzdem? 

Früher als sonst stand ich montags auf, mir blieb sogar noch Zeit für ein ausführliches Frühstück, anstatt nur schnell ein Glas Milch hinunterzuschütten. 

Alles schien mir an diesem Tag fröhlicher, bunter zu sein. Zwar hatte ich, seit Yuko Sonntagmittag mein Haus verlassen hatte, viel darüber nachgedacht, was ich jetzt für sie empfand, aber vor allem waren es gute Gefühle gewesen. Ich sah mich noch einmal auf dem Bett liegen, mein Gesicht in dem Polster vergraben, auf dem sie in der Nacht geschlafen hatte. Eine ganze halbe Stunde war ich so dagelegen, hatte den Geruch nach ihr eingesogen, und mir vorgestellt, sie zu küssen. 

Es würde ein guter Tag werden, das spürte ich mit jeder Faser meines Körpers. Sogar der Bus kam pünktlich. Tamara saß in der zweiten Reihe von hinten, wo ich am liebsten saß und als ich bei meiner Playlist auf "Shuffle" drückte, war das erste Lied, das erklang, mein Lieblingslied. 

"Heyyy", sagte ich, während ich mich neben Tamara fallen ließ. "Wie geht's?" Ich war ungewöhnlich aufgeweckt für einen Montagmorgen, was vielleicht auch daran liegen konnte, dass Yuko mir am Vorabend noch ein "Gute Nacht" und einen Küsschensmiley geschickt hatte, etwas, was sie bei mir noch nie getan hatte.

Tamara war so ziemlich das genaue Gegenteil. Aus müden Augen blickte sie mich an. "Warum nochmal bist du heute so motiviert?", fragte sie, während sie sich ihre Kopfhörer aus den Ohren zog und mich anblinzelte, während ihr Mund sich zu einem Gähnen verzog.

"Keine Ahnung", sagte ich. "Lust, dich ein bisschen zu unterhalten? Ich bin in komischer Stimmung" "Komisch?", fragte Tamara und ich konnte ihr ansehen, dass es sie null interessierte. "Gut-komisch", sagte ich. "Ah, okay", sagte sie. 

Und dann: "Sorry, das zu sagen, aber ich bin scheiße müde. Könntest du dir deine Motivation vielleicht irgendwohin stecken, wo ich sie nicht die ganze Zeit sehe und mich die zwanzig Minuten, bis wir in der Schule sind, schlafen lassen?" 

Ich grinste. Ich kannte sie viel zu gut, um nicht zu wissen, dass sie das nicht so meinte. "Penn ruhig weiter, du Schlafmütze", sagte ich und setzte mir wieder meine neuen Kopfhörer auf.

Wann kommst du heute in die Schule? Also mit Bus oder Zug?, tippte ich in mein Handy und fügt noch einen Kuss-Smiley hinzu, während ich die Nachricht an Yuko abschickte. Die Antwort kam sofort: Bin heute schon um sieben da, nehme den Bus

Mit einem Herz. Einem roten Herz. In meinem Bauch grummelte es und ich war mir sicher, dass das nicht von den drei Nutellabroten kam, die ich zum Frühstück verzehrt hatte. 

Cool, schrieb ich zurück. Ich bin um zwanzig nach sieben da <3

Super, freu mich :*, antwortete sie und ich konnte sehen, dass sie jetzt offline war. 

Ich klickte auf Yukos Profilbild. Gestern Abend war es noch ein anderes gewesen, heute war es ein Spiegelselfie. Sie trug den weinroten Pulli, den sie sich bei mir angezogen hatte, schwarz lackierte Fingernägel und war leicht geschminkt. 

Ich betrachtete den Teil des Gesichts, den man neben dem Handy erkennen konnte, vor allem ihre Lippen, und musterte ihre schönen, langen Finger. Bei der Vorstellung, was sie mit diesen Fingern alles machen könnte, wurde mir heiß und kalt gleichzeitig und ich musste mich zusammenreißen, um mir vor Tamara nichts anmerken zu lassen.

Oh mein Gott.

Ich wechselte auf Insta. Sie hatte eine neue Story, hinterlegt mit dem Lied "I think I'm in love (again)" Ich wusste nicht, ob es paranoid war, aber ich erlaubt mir zu hoffen, dass es ernst gemeint war. Sich vielleicht sogar auf mich bezog. 

Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. 

a million feelings - and you inbetween (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt