vierzehn

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Ich öffnete Tamara die Tür, sie trat ein. "Hi", sagte sie. Keine Umarmung. Ich war sauer. Auf sie, auf mich, auf Yuko. Dabei konnten wir doch alle nichts dafür. Es war bloß eine Aneinanderreihung unglücklicher Umstände, die keiner hatte vorhersehen können. 

Es war seltsam, Tamara so auf Abstand zu sehen. Sie trug eine graue Jogginghose und eine schwarze, übergroße Weste und schlüpfte aus ihren Schuhen. 

"Kommst du hoch?", fragte ich leise. "Jop"

Als wir an der Küche vorbeigingen, rief Lisa ihr ein "Hallo, Tamara" zu und sie gab ein "Hey, Lisa" zurück. Sogar diese Begrüßung war wärmer als die, die sie an mich gerichtet hatte und das tat weh, auch, wenn ich es mir selbst zuzuschreiben hatte. 

In meinem Zimmer angekommen, setzten wir uns aufs Bett, sie ans Kopfende und ich ans Fußende, sogar das wirkte unterkühlt. Ich konnte Tamara verstehen. Ich konnte sie wirklich verstehen. Woher sollte sie auch wissen, dass Yuko nicht ihren Platz als beste Freundin eingenommen sondern als potentielle feste Freundin dazugestoßen war?

Tamara verschränkte die Arme vor ihrer Brust. "Also?", sagte sie mit verletzt klingender Stimme. "Es... es tut mir wirklich leid, dass ich so scheiße reagiert habe, aber... du hast mich von einem Tag auf den nächsten völlig... aus deinem Leben ausgeschlossen. Ich dachte, du hast einfach viel um die Ohren und es hat einfach wehgetan... zu sehen, dass du mich ersetzt hast. Sorry, wenn ich überreagiere."

"Ich... es muss dir nicht leidtun, Tamara. Echt nicht... Es ist nur... kompliziert."

Jetzt hatte sie einen feindlichen Ausdruck in den Augen. "Ach ja? Kompliziert?" 

Ich räusperte mich. Meine Stimme drohte zu versagen. "Ja, ist es." Was hätte ich jetzt dafür gegeben, die Tamara zu umarmen, auf die ich jahrelang immer hatte vertrauen können... 

"Tamara... Yuko ist nicht meine beste Freundin..." "Das hat aber schon so gewirkt." Sie sah mir nicht in die Augen, sondern richtete den Blick in die Ferne, aus meinem Fenster. 

"Ich... ich schreib's dir, okay?", sagte ich. "Wenn du es mir nicht sagen kannst" 

"Schwer...", murmelte ich. "Du bist die erste, der ich das zeige, eigentlich war ich noch gar nicht bereit, es irgendjemandem zu sagen."

Jetzt wirkte sie erschrocken. "Es... es ist doch nichts Schlimmes passiert, oder...? Ist... ist etwas mit deiner Familie oder so? Scheiße, Sandy, bitte sag, dass niemand tot ist!"

"Niemand ist tot", sagt ich. "Moment." 

Ich öffnete WhatsApp und suchte in der Galerie nach einem bestimmten Bild. Wir hatten es vor einer knappen Woche aufgenommen und ich wirkte so glücklich auf dem Foto, dass ich es bestimmt als Profilbild genommen hätte, wäre es mir egal gewesen, was andere von mir dachten. Doch das war es nicht und dafür hasste ich mich manchmal selbst.

Ich atmete einmal tief ab, bevor ich das Foto an Tamara abschickte und beobachtete mit Adleraugen ihre Reaktion. 

Ich konnte sehen, wie sich ihre Gesichtszüge veränderten und plötzlich fing sie an zu kreischen. "Oh mein Gott! Oh mein Gott, Sandy, wieso hast du mir das nicht schon früher gesagt? Du musst mir alles erzählen, ja? ALLES!" 

Ich musste lächeln. Das war wieder die Tamara, die ich kannte. 

Sie konnte gar nicht aufhören, auf das Bild zu schauen, sie sah richtig verzückt aus.

Auf besagtem Foto küssten wir uns.

a million feelings - and you inbetween (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt