dreizehn

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Drei Wochen waren vergangen, seit ich Yuko das erste Mal geküsst hatte und drei Stunden seit dem letzten Mal. 

Ich wachte auf - und war ganz offiziell sechzehn. Sechzehn. Wie das klang.

Neben mir reckte sich Yuko.  "Happy Birthdayyy!", rief sie, während sie ihre Arme um mich schlang. "Oh mein Gott, wie alt du bist" Wir mussten beide lachen und sie drückte mir einen Kuss auf den Mund. 

Sogar jetzt, nach nur wenigen Stunden Schlaf, seit zwei Tagen nicht mehr geduscht, roch sie noch gut. Süß und zart, beinahe wie Rosen. Ihr Yuko-Duft, nach dem ich süchtig war. 

"Geburtstag an einem Samstag, besser geht's wohl gar nicht, was?", flüsterte sie mir zu und stupste mich an. "Das wird unser Tag - und nächste Woche machst du dann deine Party." "Ich freue mich", gab ich zurück und mein Inneres drohte vor Schmetterlingen zu explodieren.

Offiziell waren Yuko und ich noch immer nicht zusammen. Ihre Eltern wussten, dass sie bisexuell waren, das hatte sie mir erzählt, doch ich hatte es weder Familie noch Freunden erzählt. Das war der Grund, warum ich mich von mir aus noch nicht getraut hatte zu fragen und warum ich auch ihre schüchternen Versuche immer wieder abgeblockt hatte, auch, wenn ich mir dadurch wie das letzte Arschloch vorkam. 

"Ich mich auch", antwortete sie und kuschelte sich unter meine Decke. "Glaubst du, deine Familie hat etwas vorbereitet?" "Geschenke krieg ich sicher", sinnierte ich. "Vielleicht hat Lisa sogar einen Kuchen gebacken. Das wollte sie eigentlich letztes Jahr schon machen, aber er ist ihr angebrannt." Ich musste grinsen bei dem Gedanken daran und auch Yuko lachte mit. Die Vorstellung, dass ich sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gekannt hatte, kam mir absurd vor. 

"Stört es dich, wenn Tamara heute so gegen Mittag vorbeikommt?", fragte ich. "Oder hättest du lieber noch mehr Zeit für uns alleine?"

Sie grinste verschmitzt. "Natürlich hätte ich gerne Zeit für uns alleine, aber erstens ist es dein Geburtstag und Tamara deine beste Freundin und zweitens mag ich sie auch gern. Also, klar kann sie kommen."

"Du bist auch meine beste Freundin", murmelte ich in Yukos nackte Schulter.

Sie streichelte mir einmal über die Seite. "Ich hoffe, ich bin ein bisschen mehr als das." Ich musste lächeln. "Das bist du.", wisperte ich. "Du bist so viel mehr als das."

 "Für mich auch", antwortete Yuko, um mich noch einmal zu küssen. "Ich kann nicht glauben, dass das gerade wirklich passiert." "Was?", fragte ich. "Das alles."

Ich schluckte und sie drehte sich zu mir. "Wann kommt Tamara denn?", wollte sie wissen. "Ich glaube, so gegen elf, hat sie gesagt", antwortete ich. 

"Dann würd ich mich an unserer Stelle mal fertigmachen", lachte sie. "Das ist in einer halben Stunde und wir tragen beide nichts anderes als unsere Unterwäsche, liegen noch im Bett und haben Frisuren wie Wildkatzen."

"Gleeeich", jammerte ich. "In fünf Minuten, ja?"

Aus den fünf Minuten wurden fünfundzwanzig und irgendwann klopfte es an der Tür.

Schnell schlüpfte ich noch in ein altes T-Shirt, das ich in der Nacht achtlos weggeworfen hatte, Yuko tat es mir gleich, bevor ich "Herein", rief.

In der Tür stand Tamara. Mit einem Geburtstagskuchen und darauf 16 brennenden Kerzen in der Hand. "Äh... hallo", sagte sie leise.

"Verdammt", flüsterte Yuko leise neben mir. "Verdammt, verdammt, sorry"

"Komm rein", sagte ich gespielt fröhlich, auch, wenn ich mich alles andere als fröhlich fühlte. "Setz dich her." 

"Ich... ich wollte dir nur den Kuchen bringen", sagte Tamara steif. "Dann muss ich wieder." Vorsichtig stellte sie ihn auf meinem Schreibtisch ab. "Dann- ciao."

Ich zuckte zusammen. "Tamara, bitte! Ich... es ist nicht so, wie..." Doch da war sie bereits zur Tür hinaus gegangen. 

Ich wusste, Yuko konnte absolut nichts dafür, dennoch war ich jetzt wütend auf sie. Und traurig. Tamara und ich hatten unsere Geburtstage immer beisammen verbracht. Und auch, wenn ich wusste, dass das keine logische Schlussfolgerung war, war Yuko daran Schuld, dass es heuer nicht so wahr.

Ich dachte es, und noch während diese Gedanken mein Hirn durchflogen, hasste ich mich selbst dafür, aber ich konnte nichts tun. Scheiße. Scheiße.

Eine Viertelstunde später checkte ich mein Handy und hatte eine Menge Nachrichten von ihr. Ich traute mich beinahe nicht, sie zu öffnen, dennoch tat ich es irgendwann, dieses Ungewisse war noch schwerer zu ertragen als die blanke Wahrheit.

[00:00] HAPPY HAPPY BIRTHDAY SANDY ICH HAB DICH SOO LIEB! <3
[00:01] feier ordentlich und genieß deinen Tag - freu mich schon, wenn ich zu dir komme.
[8:47] WARUM KOMMST DU NICHT ONNN? :c
[8:51] also, mein Geschenk ist der absolute Hammer, freu dich drauf :)
[10:39] gehe jetzt zum Bus, die Leute werden mich ganz schön doof angucken wegen meinem Geschenk xD :*
[11:08] so viel zum Thema, du hast keine Zeit, dass ich bei dir schlafen kann, ja?
[11:09] Man muss sich eben Prioritäten setzen. Und ich muss jetzt damit klarkommen, dass ich eben offensichtlich doch nicht deine beste Freundin bin.
[11:11] Sorry, Sandy, es tut mir wirklich leid, ich will dir deinen Geburtstag nicht versauen. Hab Spaß dabei, reden können wir morgen immer noch.
[11:16] Ich steige wieder in den Bus. Ciao.

Scheiße. Scheiße, Scheiße, Scheiße.

Es ist nicht so, wie du denkst, schrieb ich zurück. Wirklich nicht. Ich kann dir alles erklären, okay? Wenn du morgen zu mir kommen kannst, besprechen wir das und du wirst alles verstehen.

Gelesen: 11:21

Die Antwort kam um 17:14: Ok. FaceTime?

               Ich hätte eher gedacht, in real life.

bin um halb drei bei dir.

Das schlechte Gewissen plagte mich meinen ganzen Geburtstag lang.

a million feelings - and you inbetween (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt