acht

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"Meine Eltern sind nicht daheim", sagte sie Yuko, während sie die Haustür aufschloss. "Wir haben also bis ungefähr sieben Yannik an der Backe." Ich lächelte. "Ich mag Yannik", sagte ich und war kurz davor ein "Er ist fast so süß wie du" hinzuzufügen. 

"Yukiii!", rief er, als hätte er uns gehört und fiel Yuko um den Hals, während ich mich dabei ertappte, dasselbe tun zu wollen. "Yanniiiik!", rief Yuko und wirbelte ihn durch die Luft. "Wie war die Schule?" Seine kleinen Mundwinkel verzogen sich nach unten. "Nicht gut. Wir haben das kleine g gelernt und meine Lehrerin sagt, die sehen nicht gut aus." "Das schauen wir uns morgen an, okay?", sagte Yuko. "Gemeinsam kriegen wir das schon hin. Brauchst du etwas? Wenn nein, dann gehen Sandy und ich hoch, ja? Klopfen, wenn du mir was sagen willst nicht vergessen" "Ja, mach ich", sagte Yannik und hopste davon. 

Wir gingen in ihr Zimmer. Ich hatte es zwar bereits einmal gesehen, aber mir war gar nicht aufgefallen, dass es genauso perfekt wie sie selbst war. Ein unglaublich weiches Bett, die Wände waren mit Fotos von sich, ihrer Familie und ihren Freunden beklebt, alles war in blau und braun gehalten. 

"Manchmal", sagte sie, während sie sich aufs Bett legte und mich hinterherzog. "beneide ich Yannik." Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit. "Yannik?", fragte ich, "Wieso?"

"Ich meine... ach, das kommt jetzt wahrscheinlich total rüber, als wäre ich ein Arschloch, weil ich alles habe, was ich brauche, aber... Ich kann mit keinem wirklich reden, verstehst du? Meine Eltern... die kennen eine andere Welt als ich sie kenne. Und es ist mir immer schwer gefallen, mich zu öffnen. Yanniks größtes Problem ist, wenn seine Lehrerin ihn schimpft und dann kann er damit zu Mum und Dad kommen und sie trösten ihn und alles ist wieder in Ordnung. Verstehst du, was ich meine? Manchmal wäre ich gern noch so... unschuldig wie er." 

"Verstehe ich", murmelte ich. "Aber es macht dich nicht zu einem Arschloch. Niemand kann ohne jemanden auskommen, mit dem er reden kann. Aber du kannst dich mir anvertrauen, Yuko, ja?"

"Ja", sagte sie und lächelte mich an. "Ich weiß und ich weiß das wirklich zu schätzen. Aber... keine Ahnung, ich wünschte mir, meine Probleme hätten dieselbe Größe wie er."

"Das ist menschlich, Yuko", flüsterte ich. "Okay? Rede dir nur nicht ein, dass du dich keinem anvertrauen kannst. Jetzt ist der Zeitpunkt, jetzt kannst du mir noch etwas sagen, wenn du möchtest." 

Ich hatte es eigentlich aus Spaß gesagt, doch anscheinend hatte sie tatsächlich das Bedürfnis, mir etwas zu erzählen, denn sie räusperte sich und strich sich die Haare aus dem Gesicht.

Sie stockt. "Weißt du... Meine Mom hat sich immer eine Tochter gewünscht. Ich habe drei ältere Brüder,  die schon ausgezogen sind, und Yannik und ich liebe sie alle, aber... deshalb lastet immer der Druck auf mir, das Mädchen sein zu müssen, weißt du? Ich wollte früher gerne Fußball spielen, aber ich habe mich nicht getraut zu fragen, aus diesem Grund. Und jetzt steh ich auch noch auf jemand meines Geschlechts. Ich... ich habe einfach das Gefühl, dass sie enttäuscht von mir ist, weil ich kein richtiges Mädchen geworden bin."

Ich hatte gehört, dass sie gesagt hatte, sie stehe auf ein Mädchen. Und ich hoffte so inständig, dass sie von mir sprach, dass mein Herz zu zerspringen drohte. Dennoch ging ich nicht auf diese Formulierung ein, weil ich wusste, dass sie etwas anderes im Moment dringender brauchte.

"Lasse diese Gedanken nicht zu, Yuko", flüsterte ich und drückte ihre Hand. "Denke nicht mal, dass du kein gutes Mädchen bist, nur, weil du, was deine Sexualität angeht, nicht "normal" bist. Denn du bist perfekt so, wie du bist, ja?"

"Ich... danke", murmelte sie. "Ich habe das noch nie jemandem gesagt. Und ich weiß nicht, warum ich es dir gerade sage. Ich... ich habe einfach ein gutes Gefühl, wenn ich mit dir zusammen bin."

Meine Knie wurden weich bei diesen Worten und mein Herzschlag verdreifachte sich. "Danke... dass du mir das gesagt hast, Yuko." 

Und ich wusste nicht, woher ich den Mut dazu nahm oder woher die Idee gekommen war, aber ich beugte mich vor und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen.

Ich erwartete beinahe, dass sie zurückzucken würde, mich wegdrücken, mir sagen, dass das so nicht ging, dass sie nicht von mir gesprochen hatte. Doch nichts von alldem geschah. 

Sie wirkte zwar einen Augenblick verblüfft und gerade, als ich meine Lippen wieder von ihren lösen wollte und mich selbst dafür hassen, dass ich zu schnell vorgegangen war, erwiderte sie den Kuss mit aller Kraft. 

Ich fühlte mich, als würde ich fliegen, als meine Zunge auf ihre traf. Blind vor Glück legte ich meine Hände auf ihre Wangen, sie glühten richtiggehend und ihr Blick hatte etwas Feuriges. Ich wünschte, dieser Moment würde nie enden, da klopfte es an der Tür. 

"Die Klospülung funktioniert nicht!", brüllte Yannik von draußen.

a million feelings - and you inbetween (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt