Tor 14

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Nele

Nachdem ich Papa nicht telefonisch erreicht habe, musste ich aufs Trainingsgelände fahren. Ulla hatte einen Verkehrsunfall. Der Sicherheitstyp vorne am Tor, hat mich nicht reingelassen, also habe ich die Stelle im Zaun gesucht, die wir vor ein paar Wochen benutzt hatten, um aufs Gelände zu kommen. Tatsächlich war der Zaun nur provisorisch geflickt, was sehr fahrlässig ist, aber mir zu gute kam. Ich steige durch den Zaun und bekomme sofort das laufen, damit mich keiner der Securityleute aufhalten kann. Kurz bevor ich auf dem Platz ankomme, erreichen mich aber doch zwei Männer und ich schreie nach meinem Vater. Marcos enttäuschten Blick vergesse ich nicht mehr, aber um ihn muss ich mich später kümmern. Ich bin ihm eine Entschuldigung und Erklärung schuldig. Papa fährt mit mir zusammen ins Krankenhaus. In der Notaufnahme teilt man uns mit, dass sie schon untersucht wurde und auf Station liegt. Wir gehen hoch und finden sie in einem Zimmer. Ulla lächelt uns schwach an. Ihr Arm ist in einem Gips eingepackt und um ihren Kopf trägt sie einen Verband.

"Hallo.", lächelt die starke Frau. Ich setze mich auf ihr Bett und nehme ihre Hand. "Keine Panik. Mir geht es gut. Ich habe Schmerzmittel bekommen. Mein Arm ist gebrochen und ich habe eine Gehirnerschütterung und Platzwunde.", sie seufzt und schließt die Augen. "Alles andere ist soweit in Ordnung.", sagt sie beruhigend. Papa und ich atmen tief aus und ich umarme sie fest. "Gott, wir hatten so Angst, was uns jetzt erwartet. Gott sei Dank ist nichts schlimmeres passiert.", sage ich erleichtert. Ulla erzählt uns wie es passiert ist. Sie ist wohl abgebogen und wurde von einem Rentner übersehen und er ist ihr ins Auto gefahren. Dem Rentner geht es soweit gut. Papa ist auch sichtlich erleichtert und unsere Anspannung fällt langsam.

Ich fahre eine Stunde später mit der Bahn nachhause und koche für die Jungs und mich Mittag. Beide kommen um 15 Uhr nachhause und lassen mich sofort von Mama erzählen. Auch Marc und Moritz sind sofort erleichtert und essen dann entspannt mit mir Mittag. Als ich am Nachmittag, wie auf Hummeln, in meiner Wohnung sitze, entscheide ich mich zu Marco zufahren. Sicher finde ich den Weg wieder und klingele an seinem Tor. "Ja?", höre ich seine Stimme. "Nele, hier.", sage ich eingeschüchtert. Er drückt den Öffner und ich gehe aufs Grundstück. An der Haustür wartet Marco auf mich und schaut mich ausdruckslos an. Ich atme tief ein und fühle mich überhaupt nicht wohl in meiner Rolle. Er lässt mich rein und wir gehen ohne etwas zu sagen, ins Wohnzimmer. Ich setze mich auf die eine Ecke, Marco auf die andere. Wir sind uns viel fremder als vorher. Eigentlich war es genau daß, was ich nie wollte.

"Es tut mir leid.", sage ich zuerst. "Wie geht es Ulla?", fragt er und ich schaue ihn verdutzt an. Mein Herz schlägt wieder schneller. Das ist eine unglaublich tolle Geste. "Mama geht es soweit gut. Sie hatte einen Verkehrsunfall. Abgesehen von einem gebrochenen Arm und einer Gehirnerschütterung, geht es ihr gut!", nicke ich zuversichtlich. Marco nickt und knetet dann seine Hände. "Warum hast du es mir nicht gesagt? Ich fühle mich wirklich verarscht.", murmelt er dann. Ich atme wieder tief ein. "Es tut mir wirklich leid. Ich will es dir wirklich erklären, aber ich weiß nicht wie. Ich fühle mich so lächerlich dabei. Ich kann es einfach nicht erklären.", Marcos Blick verlangt aber eine Erklärung. Ich werde nicht drum herum kommen. "Weißt du, zuerst dachte ich, du darfst es nicht wissen, weil du mich anders behandeln würdest. Ich glaube, ich habe es genossen, dass du ein normales Mädchen datest, die Currywurst verkauft. Ulla hat mir dann klar gemacht, dass das Blödsinn ist. Schließlich weiß ich auch, dass du der Marco Reus bist. Ist ja nichts dabei, es zu wissen. Aber es fühlte sich irgendwie komisch an, die Vorstellung, dass ich einen Spieler von meinem Papa date. Papa wusste auch nichts, bis zu diesem Zeitungsartikel. Papa hat mir auch klar gemacht, warum ich so handele. Danach habe ich mich einfach nicht getraut mit dir zu reden, weil es, wie schon gesagt, ziemlich lächerlich ist.", ich knete ebenfalls meine Hände, weil ich nicht die Wahrheit sagen will. Marco schaut weiterhin abwartend und fordernd. "Mir geht es lediglich um meine Privatsphäre. Papa hat 20 Jahre geschafft meine Identität aus der Öffentlichkeit herauszuhalten. Natürlich steigt die Gefahr, dass die Presse in unser Leben eindringt erheblich, wenn ich jetzt mit dir in der Öffentlichkeit auftauche. Die werden nachforschen, dass weiß ich zu genüge. Und das möchte ich nicht. Natürlich können wir es nicht verhindern. Das ist mir bewusst, aber wir können aufpassen. Und vor einer Woche war ich mir einfach noch nicht sicher genug, ob ich das in Kauf nehmen will. Ob du vertrauenswürdig bist und es ernst mit mir meinst und es sich lohnt meine Privatsphäre aufzugeben. Es war dumm von mir, nicht vorher mit dir darüber zu reden. Aber ich war zu feige und hoffe, dass du mir verzeihen kannst. Jetzt weiß ich, dass es sich für dich lohnt, weil du es ernst meinst. Das musste ich wohl zuerst erkennen.", sage ich dann traurig und höre, wie Marco aufsteht. Mein Blick ist auf meine Hände gerichtet. Er setzt sich neben mich und ich schaue zu ihm auf. Marco lächelt breit und nimmt mich fest in seine Arme. "Nele, ich meine es ernst mit dir! Du bist nicht wie die anderen! Ich meine, ich kann natürlich nicht versprechen, dass es mit uns klappt und ob es sich für dich lohnt, dass musst du ganz alleine entscheiden. Aber ich mag dich wirklich gern und mein Magen ist momentan echt im Ausnahmezustand, wenn du in meiner Nähe bist. Für mich lohnt es sich definitiv, weil du eine tolle Frau bist.", nuschelt er in meine Haare. Langsam fange ich anzustrahlen und mein Herz schlägt wieder schneller. "Ich fühle auch so. Ich bin total aufgeregt in deiner Nähe und verliere die Kontrolle über meinen Körper.", ich grinse ihn an. "Ich beschließe jetzt, dass es sich lohnt, zu riskieren, wieder und wieder in der Zeitung zu landen. Aber ich möchte, dass wir alles erdenklich mögliche dafür tun, damit es nicht passiert, auch wenn das heißt, dass wir immer gestresst und genervt in die Öffentlichkeit gehen. Ok?", ich schaue ihn flehend an. Marco nickt. "Ich verspreche es dir! Wir passen absofort dreihundertmal besser auf, als beim Currywurst essen." "Tausendmal besser!", grinse ich. Marcos Lippen zucken aufregt und unsere Gesichter kommen sich ganz automatisch näher. Mein Gesicht wird von einem Moment auf den anderen immer heißer und ich halte die Luft an.

Glaubst du an die echte Liebe? - Jürgen Klopp, Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt