18. Dezemeber

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"Oh", antwortet Robin. Dann kehrt erst einmal Stille ein. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll"

"Also, warum sollte ich denn deshalb nicht mehr mit dir reden?"

"Er hat die Strafe auf sich genommen. Ich war Schuld. Er war zu dem Zeitpunkt sechzehn, ich schon zweiundzwanzig. Er hat das Jugendstrafmaß bekommen, ich hätte das Erwachsenenstrafmaßbekommen. Er hat für mich gelogen"

"Was hast du denn gemacht?" , fragt Robin.

"Gefährliche Körperverletzung" , antwortet er.

"Was hast du gemacht?"

"Wir waren mehrere Personen. Ich hatte die falschen Freunde, bin total abgedriftet. Habe Drogen genommen, und das Gesamtpaket.." , beginnt er schluckend zu erzählen. Es ist ihm peinlich und unangenehm. Er erzählt nicht gerne von seiner Vergangenheit. Seine Tattoos überdecken die Einstiche.

"Ich weiß noch nicht einmal, weshalb wir auf den Mann eingeprügelt haben. Einer von uns hatte eine Waffe. Ich weiß noch nicht einmal, woher.. Er hat sie ganz am Anfang gezogen. Und dann.." , sagt er und ihm läuft eine Träne die Wange hinunter, die er nicht wegwischt. "Wir haben immer weiter auf ihn eingetreten, auch als er schon am Boden lag. Und dann sind wir einfach weggelaufen" , beendet er den Satz.

"Unterlassene Hilfeleistung" , murmelt Robin vor sich hin.

"Robin, es tut mir so wahnsinnig Leid. Ich wünschte, das alles wäre nie passiert. Ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen. Nur leider kann ich das nicht. Ich werde immer mit den Schuldgefühlen leben müssen, die ich habe."

"Hat der Mann Schäden davon getragen?", fragt sie.

"Ja, aber keine lebenslänglichen. Er war ein paar Monate im Krankenhaus.."

"Wieso lässt du diesen Kampf deinen Bruder austragen?"

"Meine Eltern wollten es so"

"Was sind das für Eltern?"

"Scheiß Eltern"

"Wieso hast du dich nicht gestellt?"

"Was wäre, wenn wir beide am Ende im Gefängnis gelandet wären? In verschiedenen? So kann ich ihn wenigstens besuchen kommen"

"Du bist ein schlechter Mensch"

"Ich weiß"

"Es tut mir Leid" , sagt Robin und steht vom Tisch auf. "Ich muss eine Weile raus und nachdenken"

"Es ist mitten in der Nacht"

"Du meintest doch, es ist hier niemand im Nirgendwo. Ist also nicht gefährlich. Und wenn, ich kann mich wehren. Das gefährlichste bist wohl momentan du" , sagt sie. Nevio hatte mit solch einer Reaktion gerechnet und trotzdem tut es ihm weh.

Robin geht hinaus, es ist eiskalt und trotzdem wärmer, als in dem Raum. Sie muss darüber nachdenken. Sie hatte sich in einen Verbrecher verliebt. Nevio hatte vorsätzlich einem Menschen geschadet, wobei sie jeden Tag Menschen rettet. Das passt doch überhaupt nicht zusammen. Draußen ist es stockdunkel, weshalb sie ihre Handytaschenlampe herausholt und vor sich den Weg leuchtet. Sie geht entlang des Waldes, bis sie auf einmal mitten drin steht und nicht wieder herausfindet. Sie wollte nur eine kleine Runde gehen, am Waldrand entlang, doch inzwischen sieht alles gleich aus. Sie scheint doch irgendwie in den Wald hineingegangen zu sein. In diesem Moment geht die Taschenlampe an ihrem Handy aus.

"Nein, Nein, Nein. Scheiße" , sagt sie und versucht sie wieder anzubekommen, doch das Handy geht nicht mehr an. Sie steht mitten in einem Wald, mitten im Nirgendwo, im Dunkeln.

Feurige WeihnachtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt